Jack
Ich war wirklich traurig, als ich mich von meinen Freunden und der Familie meines Onkels verabschieden musste und hätte ich gewusst, was nur einige Tage später auf mich zukommen würde, wäre ich wohl noch viel lieber dort geblieben. Auf dem Rückweg hatten wir uns noch eine riesige Tüte Bonbons gekauft, die es nur dort gab. Natürlich war diese schon lange leer, als wir Zuhause ankamen. Und dann ging also mein größter Alptraum namens Schulleben weiter.
Völlig fertig mit den Nerven kam ich Zuhause an.
Der Tag war schon total bescheuert angefangen. Erst funktionierte mein Wecker nicht und ich durfte mir eine zwanzigminütige Predigt meiner Mutter anhören, dass das ja nicht hätte passieren müssen, wenn ich gestern Abend nachgesehen hätte, ob er noch ganz richtig tickt. Dann rief Ryan an und meldete sich krank. Also musste ich zu Fuß zur Schule gehen. In der Schule ging es weiter wie immer, bis mich irgendein neuer Schüler verprügelte. Wären mein Zwillingsbruder und Mr Jones nicht dazwischen gegangen, würde ich wohl im Krankenhaus liegen. Mein Klassenlehrer hatte mich danach verarztet. Er war total besorgt um mich...
Ich warf meine Tasche in die nächste Ecke, meine Schuhe hinterher und noch bevor ich in mein Zimmer verschwinden konnte, trat meine Mutter in den Flur. Daniel kam hinter ihr her. "M-mutter! Lass, er kann doch nichts dafür."
"Genau, Schatz. Daniel hat sicher recht", hörte ich auch die Stimme meines Vaters.
"Ich weiß doch aber, was ich gesehen hab!" Ich stemmte ihre Hände in die Hüften. "Jack!", kam es wütend von ihr. Meine aufgeplatzte Lippe und das blaue Auge waren ihr wohl völlig egal. "Wie kannst du mir das erklären?", fragte sie mich mit wutverzogenem Gesicht und hielt mir etwas vor die Nase. Durch das geschwollene Auge sah ich etwas verschwommen und ich musste mehrmals hinsehen, um zu erkennen, was es war. Fotos. Es waren Fotos. Von mir. Und Männern, mit denen ich mich getroffen hatte. Wie kamen solche Bilder hierher? Ich sah wieder zu meiner Mutter.
"D-das ist nicht so wie es aussieht", sagte ich und räusperte mich, da meine Stimme schon wieder verschwand.
"Ach ja?! Dann erklär mir mal, was das ist, Jack! Das bist ganz eindeutig du. Mit Männern, die wahrscheinlich mindestens zehn Jahre älter sind als du. Und hier", sie deutete auf ein Foto, auf dem ich einen der Männer küsste. "Du küsst diesen Mann ja wohl, oder?! Oder wurdest du dazu gezwungen. Ich zeige diese Männer an! Du bist minderjährig und ich denke nicht, dass du das wolltest, oder? Oder wolltest du das?"
Ich sah hilfesuchend zu meinem Zwillingsbruder, der hinter meiner Mutter stand. Er zuckte nur leicht mit den Schultern und sah mich entschuldigend an. "Mutter, bitte glaub mir... Ich wollte diese Männer wirklich nicht küssen. Ich wurde von ihnen erpresst. A-aber es ist wirklich nicht nötig, sie anzuzeigen. Sie lassen mich in Ruhe und mehr als nur ein Kuss ist das auch nie gewesen. Ich habe mich doch nur mit ihnen unterhalten. Da ist nichts dabei..."
Meine Mutter massierte sich die Schläfen. "Jack, bist du dir da ganz sicher?"
"Ja, bin ich. Mach dir da keine Sorgen."
Mum lachte auf. "Bin ich froh! Und ich dachte schon, du bist schwul. Das wäre eine Schande für die ganze Familie! Mutter würde dich enterben. Dabei bist du doch ihr Lieblingsenkel."
Daniel sah mich etwas besorgt an.
Ich lachte einmal künstlich auf. "Ich bin ganz bestimmt nicht schwul." Ihre Worte taten wirklich weh. Aber ich hielt es aus. Sie war ja nicht einzige, die so etwas sagte.
Mutter räusperte sich. "Aber trotzdem... Jack, du hast Hausarrest und zu deinem Onkel darfst du auch erstmal nicht mehr."
Ich sah sie entsetzt an und Wut kam in mir hoch. "A-aber wieso das denn?!", schrie ich schon richtig.
"Du hast dich damit selbst in Gefahr gebracht, mein Sohn! Wer weiß, was diese Kerle noch mit dir angestellt hätten." Sie sah mich ernst an, ignorierte ganz gekonnt die Tränen in meinen Augen.
Ich presst meine Lippen aufeinander.
"Liebling, überleg dir das doch nochmal", sagte mein Vater, der seine Hand auf ihre Schulter gelegt hatte.
"Nein. Strafe muss sein. Ganz einfach."
Sie hatte doch keine Ahnung, was sie mir mit dem Verbot antat! Ich ballte meine Hände zu Fäusten. "Ich hasse dich!!", schrie ich sie an.
Ich sah noch ihr erschrockenes Gesicht, ehe ich mich umdrehte und die Treppe hochlief.
Schluchzend knallte ich die Zimmertür hinter mir zu. Ich schlug einige Male wütend auf die Holztür ein, lehnte mich dann aber weinend dagegen und ließ mich zu Boden rutschen. Wieso? Wieso tat sie mir das an? Wieso durfte ich meine einzigen Freunde nicht sehen? Wieso hasste sie Schwule so sehr? Wieso nur?
Meine Lippe fing wieder heftig an zu pochen und auch mein dickes Auge machte sich wieder bemerkbar.
Wieso war mein Leben nur so schrecklich? War ich jemals ein schlechter Mensch gewesen? Wieso tat er dort oben mir so etwas schreckliches an? Ich wollte einfach nicht mehr. Ich hatte keine Lust mehr. Meine Mutter verstand mich nicht, würde mich nicht lieb haben, so wie ich bin. Mein Vater trennte sich nicht von ihr, weil er von alle dem sonst nichts mitbekam. Mein Bruder war beliebt an der Schule, nur weil er nicht wie ich auf Männer stand. Meine Mitschüler hassten mich wie die Pest, mobbten und verprügelten mich. Meine Lehrer konnten mich nicht leiden. Meine einzigen Freunde wohnten mehrere Stunden Autofahrt weit weg von meinem sogenannten Zuhause. Wieso konnte ich nicht einfach zu meinem Onkel ziehen. Würde ich doch nur noch ein Jahr aushalten. Dann könnte meine Mutter nichts mehr sagen und mich hier festhalten. Dann würde ich wahrscheinlich die Schule abbrechen und dorthin fliehen. Sie dachte überhaupt nicht an meine Gefühle und trotzdem bereute ich diese drei Worte zu ihr gesagt zu haben. Ich hasse dich. Nein, ich hasste sie nicht. Ganz im Gegenteil. Ich hatte sie lieb, sehr lieb. Und trotz allem war sie die beste Mum, die man sich wünschen konnte. Sie machte sich immer Sorgen um uns, liebte uns alle, sie war immer für uns da. Und ich Idiot wusste das alles nicht zu schätzen. Ich war so ein Egoist, immer dachte ich nur an mich. Ich konnte froh sein, eine solche Familie zu haben.
Schniefend wischte ich mir die salzigen Tränen aus dem Gesicht. Ich blieb noch einige Momente sitzen, ehe ich aufstand und einmal tief durchatmete. Mir war schon richtig schlecht. Schlecht vom Weinen und von den Tritten, die ich in meine Magengrube bekommen hatte. Ohne mich vorher umzuziehen, verließ ich wieder mein Zimmer. Ich wusste nicht, wie lang ich in meinem Zimmer gesessen hatte. Noch immer zitterte ich vom vielen Weinen.
Vor der Stubentür blieb ich stehen und atmete tief durch. Meine Mutter saß allein auf der Couch. Sie hielt ein Taschentuch in den Händen. Hatte sie geweint?
Ich ging zu ihr und setzte mich dicht neben sie, ehe ich mich schließlich etwas an sie kuschelte. Sie legte ihren Arm um mich.
"Tut mir leid", flüsterte ich schon fast. "Ich hasse dich doch gar nicht."
Sie vergrub ihr Gesicht in meinem schwarzen Haar. "Das weiß ich doch, mein Schatz", sagte sie leise.
Ich nickte. Mutter strich mir über die Wange. "Und würdest du auf Männer stehen, wärst du trotzdem mein Sohn, hörst du? Du könntest ja schließlich nichts dafür."
Wieder nickte ich und sah zu ihr auf. "Ich hab dich lieb, Mama."
Sie lächelte. "Ich dich auch, Jacky", sagte sie und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
"Alles wieder gut?", fragte ich.
Sie nickte nur und wischte mir die Tränen weg. "Wieso hast du eigentlich schon wieder ein blaues Auge, hm?"
"Ich bin hingefallen. Bin etwas tollpatschig, weißt du doch."
Sie lachte leise. "Ach ja... Mein kleiner Tollpatsch."
Ich kuschelte mich wieder etwas an sie.
"Soll ich die Nachhilfestunde heute Abend absagen?", fragte sie mich, doch schüttelte ich meinen Kopf.
"Nein, ist nicht nötig." Ich sah sie an. "Mr Jones ist auch ganz in Ordnung."
DU LIEST GERADE
My Teacher [boyxman]
RomanceJacks Familie ist reich und schickt ihn auf eine Privatschule. Kaum jemand beachtet ihn. Liegt es daran, dass er so unauffällig ist? Oder daran, dass er schwul ist? Jeder weiß es. Niemand sagt etwas. Und dann taucht plötzlich dieser gut aussehende n...