Kapitel 30

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Irina

Ich nahm mir die Übersetzung des Korans und fing an die ersten Seiten zu lesen. Manche Stellen musste ich mehrmals lesen,  da ich es nicht genau verstanden hatte. Manche Sachen habe ich gar nicht verstanden. Diese notierte ich mir, damit ich Maryam oder Yousef fragen kann, was damit gemeint ist. Ich kann nicht sagen,  welcher Religion ich gehöre, denn diese Menschen, die sich als meine Eltern ausgaben, hatten selber nichts damit zu tun. Aber diese arabische Schrift ist echt schön. Ich hoffe ich kann es irgendwann auch so gut lesen wie Yousef. Erstmal werde ich es auf Deutsch lesen. So las ich bis Bilal zu mir ins Zimmer platzte.

Bilal: "Hey. Und ich hatte mich gefragt, wo du die ganze Zeit bist. Du liest also."

Irina: "Ja mir ist nicht aufgefallen, wie lange ich gelesen habe. Ich konnte mich nicht aufhalten."

Er setzte sich zu mir und gab mir einen Kuss auf den Kopf.

Bilal: "Ich möchte nicht, dass du dich gezwungen fühlst unsere Religion anzunehmen. Das muss vom Herzen kommen. Das weißt du, ne Kleines?"

Irina: "So sehe ich das nicht. Ich finde, dass es der Wahrheit entspricht, was hier in dem Buch steht. Alles macht Sinn. Wir werden mit der Zeit sehen, was geschehen wird."

"Irina.", sagte er und schaute mich mit seinen schönen braunen Augen an und fuhr fort, "Ich möchte, dass du weißt, dass du mir wichtig bist. Ich weiß gar nicht, wie du es hingekriegt hast mich so zu verändern. Mir war früher alles egal. Hauptsache ich hatte Spaß. Doch jetzt will ich diese ganzen Sachen nicht mehr. Weil ich dich hab."

Irina: "Du weißt nicht, wie glücklich ich bei dir bin. Du bist meine Familie geworden. Mein Ein und Alles in diesem Leben. Ich hoffe, unsere Wege trennen sich nie, denn dann bin ich verloren."

Bilal: "Ich verspreche dir, ich werde dich niemals im Stich lassen. Nie deine Hände loslassen. Ich werd immer bei dir sein. Immer zu dir stehen. Vergiss das nie."

Bilal: "Und ich werd für dich da sein. Anders kann ich dir nicht danken."

Bilal: "Das möchte ich doch gar nicht."

Er nahm meine Hand und legte es auf seine linke Brust und sagte: "Bleib immer hier, denn es gehört dir."

Ich finds immer so süß von ihm. Dabei lächelte ich und gab keine antwort darauf.

Bilal: "Komm endlich. Essen ist gleich fertig."

Irina: "Ja lass uns gehen."

Ich half Maryam beim Besteck legen. Heute gabs leckere gefüllte Weintraubenblätter. Ich liebte es. Wir quatschten und lachten endlich wieder. Dank Bilal geht es Bergauf. Wir planten, welche Gebäcke und Teigwaren wir verkaufen könnten und was gut ankommen würde. Wir waren so glücklich darüber. Plötzlich kam Yousef. Er war am weinen. In seiner Hand hatte er viele Briefumschläge. Er zitterte am ganzen Körper.

Yousef: "Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid. Ich wollte das alles nicht. Ich kann mit diesem Gewissen nicht weiter leben."

Er fing dann an zu schreien: "ES IST MEINE SCHULD. ALLES MEINE SCHULD. ICH HASSE MICH. ICH ERTRAG DAS ALLES NICHT MEHR!!!!!!"

Wir schauten ihn alle verwirrt an. Wir verstanden nicht, was er meinte.

Maryam: "Yousef was ist los mit dir? Was ist wegen dir?"

Er zeigte auf die Umschläge und sagte mit einer leisen Stimme: "H-hier steht a-alles. A-alles."

Maryam ging zu ihm und nahm sie. Sie schaute drauf.

Maryam: "Das sind Briefe von Said, die er im Knast geschrieben hat. Wieso weiß ich nichts davon?"

Bilal: "Was? Du hast sie alle versteckt?"

Maryam: "Wieso Yousef? WIESO?!"

Yousef nahm seine Jacke  und ging langsam aus dem Haus. Bilal öffnete eins der Briefe und las uns laut vor.

Bilal: "Hallo zusammen, wie geht es euch? Mir gehts bestens. Hier zu sein ist das beste, was mir passieren konnte. Ich glaub, ich lebe im Luxus. Ich denke viel an euch. Ich weiß echt nicht, was ich noch schreiben soll. Mama mach dir keine Sorgen. Bald bin ich wieder bei dir. Also bis bald. Said."

Er nahm einen anderen.

Bilal: "Heute hab ich gemerkt, dass ich euch echt nichts bedeute. Ihr schreibt mir ja nicht mal zurück. Besuchen kommt ihr auch nicht. Aber egal ich liebe euch alle trotzdem. Allah ist groß. Eines Tages werdet ihr mich verstehen. Said."

Der nächste wurde geöffnet.

Bilal: "Ich bin echt alleine hier. Ich brauche euch verdammt.  Wieso antwortet ihr nicht? Oder kommen diese Briefe gar nicht bei euch an? Ich vermisse euch so. Ich vermisse meine zwei Engel. Ich vermisse meinen kleinen Bruder. Ich wünschte, ich hätte das nie getan für diesen gottlosen. Er müsste jetzt hier sein. Nicht ich. Es war nicht meine Schuld. Hätte ich ihn damals nicht im Casino gesehen, wäre das alles nicht passiert. Mama ich bin kein Mörder. Ich bin nicht böse. Es ist alles wegen diesem Mann, der sich als dein Mann und unser Vater ausgibt. Said."

Er öffnete geschockt den nächsten.

Bilal: "Ihr glaubt mir nicht? Nicht wahr? Klar glaubt ihr mir nicht, denn ich kann euch das nicht beweisen und er, er hat bestimmt eine Ausrede dafür gefunden. Ich hasse ihn. Ich werde ihn bis in die Ewigkeit hassen. Er zockt wahrscheinlich das ganze Geld wieder. Er hatte damals Schulden bei jemanden. Ich hab ihn dabei erwischt, als er das Geld übergeben wollte, doch er hatte nicht genug. Der Mann hat ihn bedroht und dann kam ich. Ich gab diesem Mann eine Faust und er sagte, er nimmt sich diesmal Noura. Dann geschah es. Mama du weißt doch, dass dein Sohn nicht so ist. Bitte glaubt mir doch. Ich hatte keine andere Wahl. Said. "

Er las ein anderes.

Bilal: "Hallo kleiner Bruder, bist bestimmt groß geworden. Ich wünschte, ich könnte bei dir sein und diese Entwicklung sehen. Ich bin mir sicher, dass du Mama und Noura beschützt, denn ich kanns nicht tun. Ich hätte es anders gewollt. Ich würde alles dafür geben dies zu tun. Du bist bestimmt enttäuscht von mir. Es tut mir leid, dass ich nicht dein großer Bruder sein durfte. Nicht dein Vorbild. Du warst damals noch klein und hast nichts mitbekommen. Ich weiß, dass ich stolz auf dich sein kann auch wenn ich nicht weiß, was du gerade tust. Aber schon damals wusste ich, dass aus dir ein echter Mann wird. Ich liebe dich kleiner Bruder. Wir werden uns wieder sehen. Dann werde ich alles für dich tun, damit du mir verzeihst. Ich werd das alles wieder in Ordnung bringen. Das verspreche ich dir. Und ich weiß , dass du mich dann verstehen wirst, weil du ein großes Herz hast. Said."

Bilal floßen die Tränen runter. Maryam und Noura weinten mit. Ich wusste echt nicht, was ich tun sollte. Jetzt verstehen wir, warum Yousef sich so benommen hatte.

Bilal: "Ich hasse ihn. ICH HASSE IHN!!!!"

Maryam: "Sag sowas nicht. Keiner konnte sowas Ahnen. Dein Vater bereut das doch auch. Siehst du das nicht?"

Bilal: "Sei still. Ich werde ihm das nie verzeihen."

Mit diesen Wörtern und mit dem Brief ging er raus. Ich blieb bei den beiden. Mir brach das Herz. Ich war überfordert mit dieser Situation. Für wen sollte ich da sein. Für Maryam? Für Noura? Oder für Bilal? Einerseits tat mir Yousef leid aber andererseits konnte man ihm das nicht verzeihen. Ich wüsste nicht, was ich bei solch einer Situation tun würde. Maryam war völlig am Ende. Sie schlief irgendwann ein. Sie hatte keine Kraft mehr. Noura und ich blieben wach.

Irina: "Komm Süße. Ich bring dich ins Bett. Alles wird wieder gut. Du siehst nicht gut aus."

Noura: "Bleibst du bei Mama?"

Irina: "Ja werde ich."

Ich brachte sie ins Bett und sie schlief sofort ein. Ist natürlich nicht leicht für sie. Für niemanden von uns. Ich ging wieder runter und holte eine Decke für Maryam. Sie schlief noch. Dann setzte ich mich aufs Sofa und wartete auf Bilal. Es war echt spät geworden. Hoffentlich ist ihm und Yousef nichts passiert. Gegen 3 Uhr kam Bilal nach Hause. Ich ging zur Tür und bemerkte, dass er war betrunken. Ich half ihm beim gehen. Ich setzte ihn aufs Sofa ab. Er sagte dauernd was aber ich verstand ihn nicht. Er schlief auch ein. Ich blieb die ganze Nacht bei den beiden.

Eine frage der EhreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt