Kapitel 5 - Vermissen

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Es war das erste Mal, dass sie den Tag an dem eines ihrer Kinder Geburtstag hatte, ohne dieses Kind feiern würden.

Dabei beginn dieser Tag, der 02. Oktober 2015, begann wie jeder 02. Oktober seit dem Jahr 2003 wie immer. Harry hatte wie jedes Jahr zu dem Geburtstag eines seiner Kinder, Ginny einen Blumenstrauß besorgt. Auch nach all den Jahren kam er nicht darüber hinweg, dass tatsächlich eine Person bereit dazu gewesen war, ihn zu lieben und mit das wertvollste zu schenken, was er im Leben besaß: seine Kinder.

Doch dort hörten auch schon die Gemeinsamkeiten zu den anderen Geburtstagen von James auf. Normalerweise wären sie aufgestanden und hätten ihn geweckt. Auch wenn Ginny eine miserable Köchin war, konnte sie ganz gut backen und hatte es sich nie nehmen lassen, egal wie beschäftigt sie war, einen Geburtstagskuchen zu backen. Diesen hatte sie dieses Jahr trotzdem gebacken und mit der Familieneule nach Hogwarts geschickt zusammen mit seinen Geschenken.

Vielleicht würden Harry und sie ihm noch vor Weihnachten einen Besuch abstatten, immerhin waren sie nicht umsonst Harry und Ginny Potter, wenn sie nicht sich einfach so erlauben konnten, in Hogwarts aufzutauchen. Da Harry dort eh ab und zu ehrenamtlich Vorträge in gegen die Dunklen Künste hielt, würde er vielleicht auch bald sowieso wieder dort sein.

„Mach nicht so ein Gesicht, Gin", sagte Harry sanft und umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. Es war früh morgens und sie saßen noch zusammen im Bett.

Ginny lächelte schief. „Ich vermisse ihn einfach. Aber danke für die Blumen, sie sind wunderschön." Sie lehnte sich nach vorne und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. „Es ist komisch, dass Jamie an seinem Geburtstag nicht hier ist. Am Wochenende hätten wir normalerweise seinen Geburtstag mit der Familie gefeiert."

„Das klingt so als ob er tot wäre", lachte Harry leise. „Wie wissen aber aus erster Hand, dass es ihm gut geht und, dass es ihm in Hogwarts gefällt. Er hat sogar schon einen Streich gespielt."

Sie stand vom Bett auf. „Du hast ja recht", stimmte sie ihm zu und ging auf die Tür zu. Bevor sie austrat, drehte sie sich nochmal zu ihm um. „Kannst du bitte dafür sorgen, dass ich heute meine anderen beiden Kinder nicht erdrücke, wenn ich sie in den Arm nehme? Ich werden die beiden so sehr bemuttern heute, dass Lily und Al mir jetzt schon leidtun, dass sie zu zweit Liebe für drei abbekommen."

Lachend stand auch er vom Bett auf und ging zu seiner Frau zur Tür. „Und was ist mit mir? Hast du auch irgendwo Liebe für mich übrig?"

Sie grinste kurz zu ihm hoch. „Vielleicht."

Mit einem letzten kurzen Kuss verschwand sie aus der Tür und ging direkt auf Lilys Zimmer zu. Sie klopfte einmal kurz leise an und trat dann ein. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich Harry auf den Weg nach unten machte, um das Frühstück vorzubereiten.

In Lilys Zimmer war es stockduster und nachdem Ginny mit einer Bewegung ihres Zauberstabs die Vorhänge beiseiteschob, sah sie ihre Tochter auf dem Bauch liegend, schlafend im Bett. Ihr Mund war leicht geöffnet und ihre roten Haaren standen von allen Seiten von ihrem Kopf ab. Harry meinte immer, dass Lily genauso aussah wie sie wenn sie schlief und wenn sie ihre Tochter so sah, wusste sie, dass es kein Kompliment war.

Langsam ging sie auf das Bett zu und ließ sich vorsichtig auf die Matratze in der Nähe ihres Kopfes sinken. Mit einer Hand schob sie behutsam Lilys Haare aus dem Gesicht und drückte ihre sanft einen Kuss auf die Stirn. „Guten Morgen, Lils", flüsterte sie leise, während ihre Tochter begann sich zu regen.

„Es ist Zeit zum Aufstehen", fuhr sie leise fort.

Lily brummte und zog sich die Bettdecke über den Kopf. „Noch fünf Minuten", bettelte sie, doch Ginny griff nach ihrer Decke und zog sie weg.

„Vergiss es, Miss Potter. Du weißt, dass wir dich schon immer so lange schlafen lassen wie möglich. Du musst jetzt aufstehen und dich für die Schule fertig machen", sagte Ginny und schlug die Bettdecke am Fußende des Bettes zusammen.

„Ich habe aber keine Lust auf die Schule", jammerte sie.

Von der Tür kam ein amüsiertes Lachen. Harry stand dort im Türrahmen und lächelte seine Mädels liebevoll an. „Gerade mal ein paar Wochen in der zweiten Klasse und jetzt schon keine Lust mehr; das ist mein Mädchen." Er ging auf die beiden zu. „Aber komm Lily-Lu, heute ist schon Freitag, dass heißt, wenn du den Tag heute überstanden hast, ist Wochenende."

Als Antwort kam nur ein weiteres Brummen. Harry dachte nicht lange nach, sondern hob Lily aus ihrem Bett, was diese mit einem erfreuten Quietschen quittierte und trug sie lachend aus dem Zimmer, rüber ins Badezimmer.

Ginny schaute den beiden lächelnd hinterher, stand dann vom Bett auf, öffnete das Fenster zum Lüften und ging dann aus dem Zimmer, um zu ihrem jüngsten Sohn zu gehen. Auch dort klopfte sie leise an die Tür und trat dann ein. Anders als Lily, war Al ein absoluter Morgenmensch. Er war meistens früh wach und nie schlecht gelaunt, weil er aufstehen musste; das hatte er definitiv von Harry und nicht von ihr. Und auch jetzt war es nicht anders. Als sie eintrat fand sie ihn zwar immer noch im Bett vor, jedoch hielt er ein Buch in der Hand und war am Lesen.

Das war eine Sache, die er definitiv von seiner Tante Hermine hatte. Er war erst neun Jahre alt und ein Teil einer Wand seines Zimmers bestand nur aus Bücherregalen. Neben Quidditch (bei seinen Eltern natürlich nicht verwunderlich), war Lesen seine liebste Freizeitbeschäftigung und wann immer man in sein Zimmer kam, fand man ihn lesend vor. Es war ein Hobby, das Harry und Ginny gerne unterstützten. Beide hatten über die Jahre auch eine Interesse für Bücher entwickelt und lasen ab und zu alles von Klassikern, über Romane bis hin zu Fantasy-Büchern. Zwar nicht so exzessiv wie Hermine und Al, aber dennoch regelmäßig. Oftmals gaben sie das Buch, welches sie gerade gelesen und für gut empfunden hatten, dem jeweils anderen, sodass er es dann lesen konnte. Über die Jahre hatten sie sich in ihrem Arbeitszimmer auch eine gute Auswahl an Büchern angesammelt.

„Guten Morgen, Al", begrüßte sie ihren Sohn, ging auf sein Bett zu und setzte sich, wie bereits vorhin bei Lily, auf die Bettkante. „Seit wann bist du schon wach?"

Al schaute sie mit seinen grünen Augen an und lächelte. „Seit ungefähr einer halben Stunde. Ich konnte nicht mehr schlafen."

Ginny erwiderte sein Lächeln. „Es ist Zeit, dich für die Schule fertig zu machen. Lily ist gerade noch im Badezimmer, aber danach kannst du gehen. Dein Dad macht in der Zeit, während du dich fertig machst dann Frühstück für uns."

„Mum?", fragte er leise.

„Ja, Schatz?"

„Ich vermisse Jamie."

Ginny lächelte traurig. „Ich vermisse ihn auch. Aber in den Weihnachtsferien sehen wir ihn wieder." Sie umarmte ihren jüngsten Sohn und stand dann vom Bett auf. „Lies noch ein bisschen, bis Lily sich fertig gemacht hat und du ins Bad kannst."

Sie verließ sein Zimmer. Auf dem Weg nach unten kam sie am Badezimmer vorbei, dessen Tür offenstand und aus dem Gelächter zu hören war. Lächelnd beobachtete sie, wie Harry (vergeblich) versuchte Lily zwei Zöpfe zu flechten.

„Gib auf Harry, auch nah sieben Jahren sind geflochtene Zöpfe immer noch deine Endgegner", sagte sie amüsiert und betrat das Badezimmer. Mit ihrer Hüfte stieß sie ihn beiseite und fing an selbst Lilys Haare zu flechten. „Geh lieber runter und kümmere dich ums Frühstück."

Lily lachte während Harry langsam rückwärts mit erhobenen Finger aus dem Badezimmer schritt. „Irgendwann werde ich es hinbekommen!"

TRUSTING (until the end) - Hinny FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt