Drachentraining

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Rowin:
Am Morgen des nächsten Tages wälzte ich mich noch ein wenig auf der Seitplatte umher, eigentlich wollte ich noch nicht aufstehen. Verschlafen tastete mein rechtes Vorderbein nach Heidrun, bevor mir wieder einfiel, dass sie wieder in ihrem eigenen Bett schlief. Wirklich schade, ich hatte die letzte Nacht, wo sie sich an mich gekuschelt hatte, ziemlich genossen. Warte, warum dachte ich schon wieder an so etwas? „Jetzt komm schon Rowin", hörte ich kurz darauf die Stimme von Feuerblitz in mir, „nun gib doch endlich zu, dass du dich in sie verliebt hast. Seit dem Kampf gegen Leyla und ihre Freunde sollte dir das eigentlich klar sein. Bisher hast du es nicht einmal geschafft die Wut der Nachtschatten freizusetzen, aber kaum ist Heidrun in Gefahr, gelingt es dir ohne Probleme. Außerdem ist dein Geist voll von Gedanken an sie, das spricht ehrlich Bände." „Ja, schön. Du hast gewonnen Feuerblitz", murrte ich, „Ich gebe es ja zu, ich habe mich in sie verliebt! Zufrieden?" „Sehr sogar", meinte der Drache amüsiert, „Immerhin siehst du es endlich ein, das ist schonmal viel wert."

„Toll, dass du dich so amüsierst, aber was soll ich denn jetzt machen?", fragte ich. „Wie wäre es damit Heidrun deine Gefühle zu gestehen?", schlug mein Freund vor, „Ich meine theoretisch hast du es ihr ja schon im Kampf gegen Leyla gesagt, aber es wäre richtig nochmal richtig mit ihr darüber zu reden, findest du nicht?" „Da hast du recht, aber wie soll ich das nur angehen? Ich kann doch nicht einfach so zu ihr gehen und ihr sagen, dass ich in sie verliebt bin, oder doch?", fragte ich meinen Seelenpartner. Bevor dieser antworten konnte, wurden wir von einem lauten Gähnen unterbrochen, Heidrun war wohl gerade aufgewacht. „Guten Morgen, Schlafmütze", grüßte ich. „Morgen, Frühaufsteher", erwiderte sie, „Seit wann bist du denn schon wach?" „Noch nicht sehr lange, gerademal eine halbe Stunde, wenn es hochkommt", antwortete ich und verwandelte mich zurück, „Also ich schlage vor wir machen es genau wie gestern. Das heißt ich gehe fischen und du bereitest schon mal das Küchenfeuer vor." „Gerne", willigte sie ein. Schnell waren die Fische gefangen, gebraten und angerichtete, sodass wir frühstücken konnten.

„Ich habe dich heute Morgen irgendetwas murmeln hören", sagte Heidrun ganz plötzlich, „Zwar konnte ich nicht genau verstehen was, aber es hörte sich an, als würdest du mit jemandem reden, oder führst du jetzt Selbstgespräche?" Diese Frage traf mich etwas unvorbereitet. Klar hätte ich ihr irgendwann erklären müssen, dass ein Seelenkrieger in der Lage ist, sich richtig mit seinem Seelenpartner zu unterhalten, doch eigentlich wollte ich damit noch warten. Dass sie jetzt mein Gespräch mit Feuerblitz so halb mitbekommen hatte, brachte mich völlig aus dem Konzept. „Es ist so", begann ich nach einer Weile meine Erklärung, „wenn sich ein Seelenkrieger stark genug konzentriert und seinen Geist leert, kann er mit seinem Seelenpartner reden. Das habe ich heute Morgen unbewusst gemacht, als ich eigentlich noch ein klein wenig vor mich hindösen wollte." Bei diesen Worten fiel Heidrun die Kinnlade runter und brauchte etwas Zeit, um sich wieder zu fangen. „Heißt das, ich kann mit Windfang reden?", fragte sie, „Wirklich reden, sodass wir beide verstehen, was die Andere sagt?" „Ja, allerdings", bestätigte ich. „Wieso hast du mir das nicht schon früher gesagt?", fragte sie dann etwas wütend, was ich erwartet hatte. „Ganz einfach, weil du noch dabei bist alles über deine neuen Fähigkeiten zu lernen und die Verbindung zwischen deiner und Windfangs Seele noch stärker werden muss, damit sie so etwas ermöglichen kann. Darüber hinaus ist Windfangs Geist durch die Strapazen unter denen euer Seelenbund geschaffen wurde ziemlich erschöpft, das habe ich genau gespürt. Auch deswegen wird es etwas dauern, bis du mit ihr reden kannst. Ich wollte einfach nicht, dass du vor lauter Vorfreude an nichts anderes mehr denken kannst", erklärte ich.

Es dauerte eine ganze Weile bis Heidrun das weitgehend verarbeitet hatte. „Verstehe, wollen wir dann weiter trainieren?", fragte sie. Das brachte mich sofort zum Lächeln, wenn Heidrun sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, verfolgte sie es ganz offensichtlich bis zum bitteren Ende. „Meinetwegen", stimmte ich zu. Als wir das Frühstück beendet hatten, gingen wir wieder zu der Klippe, wo wir gestern schon geübt hatten. Geduldig wartete ich darauf, dass Heidrun ihren Platz eingenommen hatte und schleuderte dann sofort den Balken in ihre Richtung. Wie auch schon gestern gelang es ihr nicht mal annähernd den Balken aufzuhalten, stattdessen knickte ihr Finger ein und sie taumelte zurück. Trotzdem gab sie nicht auf und bevor ich fragen konnte, ob es ihr gut ginge, rief sie schon: „Noch einmal!" So übten wir weiter und weiter und weiter, solange bis die Sonne ihren höchsten Punkt am Himmel erreicht hatte. „Wollen wir vielleicht mal eine Pause machen?", fragte ich etwas besorgt. „Nein, wir machen weiter!", verkündete Heidrun selbstsicher. „Na gut, wenn du unbedingt willst", respektierte ich ihre Entscheidung. Grimmig stellte sich Heidrun an ihren Platz und erwartete den herannahenden Holzbalken, ich ließ mir einige Sekunden Zeit, bevor ich das Holzstück losließ. Eigentlich hatte ich erwartet, dass wieder dasselbe passieren würde, wie die letzten 500 Male, doch ich wurde angenehm überrascht.

Dragons: Der SeelenbundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt