Kapitel 22

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Es war nun jeden Tag eine Reitstunde und da ich immer so brav mitlief, wurden alle möglichen Kinder auf mich gesetzt. Am schlimmsten waren die Anfänger, die mir im Maul herumrissen oder ihre Füße in meine Seiten stießen. Mir machte das Training keinen Spaß mehr, doch ich musste jeden Tag zwei Mal ran. Dagegen waren die Reitstunden mit den erfahreneren Reitern ein Traum, die während der Reitstunde schnell merkten, was für leichte Hilfen sie nur geben mussten. Das ich von solchen Leuten geritten wurde kam allerdings nicht so oft vor, da ich sehr brav war, egal wie schlecht das Kind auf meinem Rücken ritt und die besseren Reiter schwerere Pferde wie Odysseus zugeteilt bekamen.

Die Zeiten nach den Reitstunden waren viel schöner. Wir standen rund um die Uhr auf der Weide und ich konnte mit Apache grasen und reden. Ich erzählte ihm wie ich die Reitstunden fand, doch er sagte mir nur, dass ich da wohl durchmüsste und Reitstunden nicht umgehen könnte, da der Hof für Reitstunden da war.

Leider gab es keinen Tag in der Woche, an dem ich nicht in einer Reitstunde mitgehen musste. Ich wurde oft einem kleinen Mädchen zugeteilt, dass sich sehr darüber zu freuen schien und das mich sehr mochte. Ich verzieh ihm und den anderen die Fehler, da sie noch lernten und ich in meiner Ausbildung auch viele Fehler gemacht hatte.

Es gab allerdings einen Tag, an dem keine Kinder auf den Hof kamen, auch nicht die Reitlehrerin. Ich glaube sie war krank, sonst hätte ich mir das nicht erklären können. Es war schön mal mit Apache auf der Wiese zu stehen und zur Wassertränke hinüber zu trotten oder ein bisschen mit Filou, einem sehr lustigem und gut aufgelegtem Shetlandpony über die Koppel zu laufen.

Doch der nächste Tag war leider nicht so entspannt. Die Reitlehrerin kam zwar nicht, aber dafür eine andere Frau, die wohl für diese eingesprungen war. Die Kinder holten mich, Apache und Funke von der Wiese und putzen uns. Das tat sehr gut und ich wäre fast eingeschlafen, wenn mich nicht der Sattel aus meinen Träumen gerissen hätte. Eine Fliege setzte sich auch noch auf mein Bein und diese musste ich verscheuchen, indem ich mit dem Huf auf dem Boden scharrte. Das fand das Mädchen gar nicht toll und ich bekam sofort einen Klaps.

Dafür, dass ich sie nicht ausstehen konnte, konnte sie wirklich nicht schlecht reiten. Es war eine entspannte Stunde, ohne viel herum Gezerre im Maul. Auch der Trab war nicht so unangenehm wie bei vielen Kindern, denn sie prallte nicht so hart im Sattel nach dem Aufstehen auf.

Nach der Stunde war ich fröhlicher als sonst und da es meine letzte für heute gewesen war, kam ich wieder auf die Koppel und schaffte es sogar ein Leckerli von meiner Reiterin abzustauben. Zurück bei den anderen Pferden legte ich mich erstmal ins Gras und wälzte mich. Etwas Sand verfing sich in meinem Fell, so stand ich auf und schüttelte mich.

Apache erzählte mir, dass er heute ein Kind tragen musste, das ihm die Ganze Zeit im Maul herumzog, auch wenn er schneller gehen sollte. Er war dann nicht wie die anderen los getrabt, sondern stehen geblieben und hatte dann eins mit der Gerte auf den Rücken bekommen. Von da an hatte er einfach das gemacht, was die anderen machten.

Funke war heute mit den Führkindern ins Gelände geführt worden. Er fand es eine schöne Abwechslung, aber fressen durfte er leider nicht. Und die Fliegen wären auch immer schlimmer geworden, sodass er dauernd stehen bleiben und nach ihnen ausschlagen musste. Das Kind hatte dann Angst bekommen, da er danach immer zum Fressen gezogen hatte und so hatte ein anderes Kind mit seiner Reiterin das Pferd getauscht.

Da die Tage sehr heiß waren, wurden wir einmal wöchentlich mit Wasser gewaschen. Ich mochte das nicht so, auch wenn es kühlte, aber es war mir viel zu nass. Apache hingegen liebte das Wasser. Er hatte erzählt, dass er sogar schon einmal im Meer war, als kleines Fohlen, bevor er hierhergekommen war. Er erzählte mir, dass er früher auf einer Ranch, ganz nah am mehr gewohnt hatte. Eigentlich sollte er als Westernpferd ausgebildet werden, es wurde dann allerdings kein passender Trainer gefunden, also wurde er doch im englischen Reitstiel ausgebildet. Er wurde dann verkauft, auch wenn er nicht wusste warum. Er fand es schade, aber er konnte nichts machen, also machte er das Beste daraus hier zu sein. Er kam mit sieben Jahren hierher und war nun schon fünfzehn Jahre.

„Solange musst du schon Reitkinder herumtragen?", fragte ich ihn entsetzt, „Ich hoffe das muss ich nicht."

„Daran kannst du nichts ändern", erklärte ermir, „mach das Beste daraus."

Nakitor II DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt