Friedliche Ruhe

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„Geht es ihr gut?"

„Ihr ging es noch nie wirklich gut."

„Ich meine- Du weißt, was ich meine."

„Natürlich." Ein Seufzer. „Sie tut mir so schrecklich leid."

„Könnt ihr ein bisschen leiser reden? Ihr weckt sie noch auf.", hörte ich Tony sagen. „Sie hat stundenlang geschlafen, bei jeglichem Lärm. Sie wird wohl nicht genau jetzt aufwachen.", entgegnete Clint überzeugt. „Aber wir sollten sie schlafen lassen. Sie hat seit ich denken kann nicht so lange geschlafen, wie heute. Das tut ihr gut."

„Das kannst du nicht wissen.", entgegnete Laura. „Sie hat noch nie gerne geschlafen."

„Jeder Mensch schläft gerne. Menschen müssen schlafen."

„Nicht mit Albträumen."

Ich, die sich schlafend stellte, lauschte ihren Gesprächen. Mir ging es nicht gut. Seit einer Stunde lag ich wach und starrte an die Decke. Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Und das war prinzipiell nie von Vorteil.

„Wir sollen sie vielleicht einfach weiterschlafen lassen. Wenn sie aufwacht, kommt sie schon von selbst."

„Außer sie ist gestorben. Hat mal jemand nach ihrem Puls gefühlt?"

„Tony.", zischte Clint.

„Die Kinder wollen bestimmt gleich Frühstücken.", sagte Laura ablenkend. Daraufhin ertönten Schritte. „Ich hab auch Hunger, Mrs. Barton. Bekommen wir auch Frühstück?" Ich verdrehte meine Augen. Etwas entfernt hörte ich sie lachen. „Das lässt sich wohl irgendwie einrichten." Wieder ertönten Schritte. Und als die Tür endlich ins Schloss fiel, drehte ich mich auf den Rücken. Tief atmete ich durch. Ich entschloss mich, noch ein paar Minuten abzuwarten, bis ich aufstand. Als ich den Moment für richtig erachtet hatte, schlug ich die Bettdecke beiseite und stand auf. Ich streckte mich ein bisschen. „Na, dann mal los.", seufzte ich in die Stille des leeren Gästezimmers.

Ich trat durch die Tür und lief die Treppe runter. „Dad, kannst du mir mal die Butter geben?", hörte ich Lila fragen. Vorsichtig ging ich auf den Esstisch zu, an dem sich die Anderen alle versammelt hatten. Laura war die Erste, die mich bemerkte. „Cassy, hey. Komm, setz dich zu uns.", lächelte sie. Köpfe drehten sich zu mir um. Cooper klopfte auf den freien Stuhl neben sich. Ich ging zu ihnen und setzte mich. Der Junge lächelte mir zu. Ich schenkte auch ihm ein kleines Lächeln. „Hast du gut geschlafen?", wollte Tony beiläufig wissen. „Oh,", antwortete ich, „Super sogar."

„Freut mich zu hören."

„Kaffee?" Ich nickte. Nat hob die Kanne hoch, um sie mir zu geben. Sie schüttelte sie kurz. „Die Kanne ist leer.", merkte sie an. Laura sah zu Clint. „Würdest du bitte nochmal Neuen kochen?" Er hatte schon seinen Hintern vom Stuhl gehoben, als ich ihn aufhielt: „Bleib sitzen, ich mach schon." Ich ging in die Küche und setzte eine neue Kanne Kaffee auf. Ich kannte mich bei ihnen schließlich aus.

Während ich darauf wartete, dass er endlich fertig wurde, setzte ich mich auf den Küchentresen. Aus der Schüssel neben mir griff ich ein paar Pflaumen. Mit den Früchten und dem Kaffee kehrte ich zum Tisch zurück. Kritisch musterte Tony mich, doch sagte nichts weiter. Unsere Blicke sagten beide, dass wir wussten, was der Andere dachte. So schüttelte er nur stillschweigend seinen Kopf.

Ansonsten herrschte am Tisch eine bedrückte und doch höchst familiäre Atmosphäre. Jeder aß schweigend sein Frühstück. Zwischendurch wollte einer mal was rübergereicht bekommen, aber ansonsten herrschte Stille. Sehr angenehm. Doch da wir alle noch ziemlich angeschlagen waren durch Wandas Gehirnwäsche, war die Stimmung weniger friedlich. Was auch Sinn ergab, wenn man betrachtete, dass ein Mörderroboter umher lief und sein Unwesen trieb. Keiner wollte mit seinen Gefühlen rausplatzen, weil wir alle wussten, dass das erst der Anfang gewesen war. Es würde noch viel schlimmer werden.

I. Alte Traumata, Neue Narben (Marvel FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt