13. Kapitel

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»Ich hab sie!« Mit einem zufriedenen Schnurren hob Zweigpfote eine dicke Maus aus dem Laub und schaute zu seiner Mentorin. Diese nickte ihm begeistert zu. »Es läuft schon immer besser.«, stellte sie zufrieden fest. »Vergrab sie und wir gehen weiter.«

Nachdem Zweigpfote ein Loch in die Erde grub und die Maus hineingelegt hatte, schüttete er wieder Erde darüber. Rotkehlchenflügel wartete mit zuckenden Ohren auf ihn und horchte schliesslich auf, und murmelte mit leuchtenden Augen »Eichhörnchen«. Zweigpfote öffnete den Mund leicht und roch es auch; wenige Meter von ihnen entfernt befand sich Beute.

Allerdings nahm er auch etwas anderes wahr; nur ein ganz leichter Geruch. So leicht, dass er kurz glaubte, er würde es sich nur einbilden. Doch er war da; nicht weit von ihnen entfernt, wenn er sich nicht täuschte. Der Wind blies von hinten, was bedeuten musste, dass sein Geruch genau dorthin geweht wurde, wo dieses Ding sich befand.

Als er sich genauer anstrengte, riss er die Augen auf. Auch Rotkehlchenflügel neben ihm erstatte und fuhr die Krallen aus. Es roch verdächtig nach Fuchs.

Nicht weit entfernt von ihnen sah der Schüler orangenes Fell aufblitzen. Wie hatten sie das nicht früher bemerken können? Vor einigen Blattwechseln hatten die Katzen schon mal hier von einem Fuchs berichtet - wahrscheinlich war er zurückgekommen.

»Er hat uns wahrscheinlich aufgrund des Windes bemerkt«, flüsterte Rotkehlchenflügel mit angsterfüllter Stimme. »Aber kämpfen wäre riskant... vielleicht lässt er uns ja in Ruhe.« Die Stimme der Kriegerin klang leise und hatte einen zweifelnden Unterton. Zweigpfote glaubte selbst nicht daran, dass er Fuchs sie in Ruhe lassen wollte.

Für wenige Herzschläge hörten sie nur das Rauschen des Windes, das Pochen ihres Herzens und Rascheln des Laubs, dann erklang ein Knurren. Zu tief, um einer Katze zu gehören. Rotkehlchenflügel reagierte schneller als er; Zweigpfote war wie erstarrt, als wie aus dem Nichts ein Fuchs vor ihnen auftauchte. Die Kriegerin fuhr die Krallen aus und sträubte das Nackenfell.

Der Fuchs sah aus, als würde er sie am Liebsten blutig fetzen. Seine Zähne, die er beim Knurren entblösste, waren lang und spitz. Seine Augen waren zu feindseligen Schlitzen gekniffen. Er sah zu dem Schüler, der immer noch nicht aus seiner Starre erwacht war und sprang auf ihn zu - mit einem Satz war er bei ihm und hätte in wahrscheinlich schwer verwundet, wann nicht ein ohrenbetäubendes Jaulen ihn unterbrochen hätte.

Zweigpfotes Blick schellte zu Rotkehlchenflügel, doch diese war auf dem halben Weg zu ihm stehengeblieben und schien genauso überrascht über das Jaulen zu sein. Der Fuchs senkte seine Pfote und spitze die Ohren. Er sah beinahe schon harmlos aus.

Eine Jagdpatrouille stand wenige Meter von ihnen entfernt. Die Mentorin und der Schüler waren so verängstigt gewesen, dass sie sie gar nicht kommen hörten. Russauge und Rosenfluch standen mit zu Schlitzen verengten Augen da. Doch der Fokus des Fuchses lang nicht bei ihnen.

Lichttraum und Halbmondlicht, die Schwestern, standen an der Spitze der Patrouille. Allerdings so, dass nur der Fuchs und Zweigpfote ihre Gesichter erkennen konnten. Denn sie sahen nicht so wie immer aus. Sie hatten eine neutrale Miene aufgesetzt, doch ihre Augen. Ihre Augen waren anders.

Sie glänzten angsteinflössend und blutrot.

Der Fuchs hielt Inne und legte die Ohren an, dann machte er kehrt und rannte in den Wald hinein, als wäre der Wald der Finsternis hinter ihm her. Dabei hatte ihn niemand angegriffen - er war einfach so weggerannt. Zweigpfote sah zu den Geschwistern, doch ihre Augen hatten wieder eine normale Farbe angenommen.

Halbmondlicht sah seinen verwirrten Blick und schnurrte übertrieben, als sie zu ihm tappte. »Zweigpfote! Wie hast du das dann geschafft, diesen Fuchs zu verjagen?«, miaute sie bewundernd. Dabei glänzten ihre Augen und sandten ihm eine klare Botschaft; spiel mit.

Die anderen Katzen, die glücklicherweise entweder genug weit entfernt gewesen waren, um zu erkennen, was passiert war, oder wie Rotkehlchenflügel die Sicht wegen Dornbüschen versperrt gehabt hatten, schienen genauso stolz und überrascht. Dabei hatte Zweigpfote nichts gemacht.

»Du hast mein Leben gerettet«, flüsterte Zweigpfote zu Halbmondlicht, die dicht hinter ihm stand. »Aber wie? Ich verstehe nicht, wie -« Er wollte weitersprechen, doch Halbmondlicht hob den Schweif und warf ihm einen mahnenden Blick zu. Der Schüler seufzte leise und Nahm an, dass sie ihm nie erzählen wird, was gerade passiert war.

Lichttraum trabte zu ihm und gratulierte ihm ebenfalls. Doch sie wusste, dass er es nicht gewesen war. Sie hatte dabei geholfen, den Fuchs mit unheimlichen Blicken zu verjagen. Während sie sprach und meinte, sie hätte keine Ahnung, wie Zweigpfote so begabt sein konnte und den Fuchs so schnell zu verjagen, klang sie so, als würde sie eigentlich zu sich sprechen; als verstünde sie nicht, was gerade passiert war.

Anders als bei ihrer Schwester. Halbmondlicht sah aus, als wäre das, was sie getan hatte, eine alltägliche Sache. Etwas, dass sie regelmässig tat.

Was aber nicht sein konnte. Das gerade musste einfach der SternenClan gewesen sein, der ihnen geholfen hatte. Oder vielleicht hatte er sich nur eingebildet, dass ihre Augen eine rote Farbe annahmen? Vielleicht war es auch etwas anderes gewesen? Vielleicht...

Vielleicht war ihm aber nicht genug. Er sollte es herausfinden. Er musste es herausfinden.

Warrior Cats [Der Fluch der Sterne] Vergessene SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt