18. Kapitel

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Lichttraum spähte zwischen den Schatten hervor. Es war schwer, sich auf dieser riesigen Lichtung zu verstecken, aber sie versuchte es so gut wie möglich. Während sich Sturm- und FlammenClan-Katzen neben ihr lautstark sich über Beute unterhielten, versuchte sie zu hören, was Weissdistel, Zweigpfote und Heideschatten zusammen zu besprechen hatten. Immerhin war Weissdistel ihr Vater.

»Katzen der ewigen Macht«, wehte es zu ihr hinüber, und Lichttraum setzte sich gerade auf. Warum besprachen sie die Prophezeiung miteinander? So sehr sie auch Lauschen verachtete, wollte sie wissen, was sie da miauten. Und warum ausgerechnet die drei? Sie beugte sich leicht vor, doch genau dann liefen die anderen Katzen, die ihre Deckung gebildet hatten, gemütlich weg. Fluchend duckte sich Lichttraum im hohen Gras, in der Hoffnung, dass die drei Katzen zu sehr auf ihr Gespräch fokussiert waren und sie nicht bemerkten.

Falsch gedacht. Zweigpfote drehte sich um, bevor Lichttraum sich verstecken konnte, und rief ihren Namen. Doch anstatt sie für ihr Lauschen zu verurteilen, winkte er sie aufgeregt mit dem Schweif zu sich. Zögerlich erhob die Kriegerin sich aus dem Gras und trabte auf die kleine Gruppe zu. Dabei musterte sie Heideschatten prüfend, weil sie aus einem fremden Clan kam und sie ebenfalls befremdlich und prüfend musterte.

Zweigpfote neben ihr trat unruhig hin und her und schaute dabei Weissdistel erwartungsvoll an. Da niemand etwas sagte, ergriff Lichttraum das Wort: »Warum habt ihr über die Prophezeiung gesprochen? Über die "Katzen der ewigen Macht"?« Lichttraum versuchte belustigt zu klingen, als sie die nächste Frage stellte, doch es klang eher hysterisch: »Ihr wisst ja nicht zufällig, wer sie sind, oder?«

Obwohl die Katzen auf der Lichtung sich immer noch unterhielten und Tiere aus dem Wald Geräusche machten, wirkte es, als würde die Welt für einen Moment stillstehen. Es war totenstill, jedenfalls kam es den Katzen so vor. Die Blicke, die sie untereinander tauschen, reichte Lichttraum aus. Sie wussten, wer die Katzen dieser Prophezeiung waren! Das Blut rauschte in ihren Ohren. Sollten sie nicht schleunigst eine:n Anführer:in holen? Oder zumindest eine Heilerkatze?

Doch niemand machte Anstalten, zu gehen. Es war eher so, als wären alle an den Boden angewurzelt. Oder versteinert, denn für eine Weile sprach auch niemand. Oder vielleicht auch nicht ganz aus Stein, denn Heideschatten durchbohrte sie schon die ganze Zeit mit Blicken. Lichttraum wünschte sich, sie wären doch alle aus Stein. Dann würde sie diese unheimlichen Blicke nicht spüren.

»Lichttraum«, sagte Weissdistel nun plötzlich und holte tief Luft. »Wir müssen dir was erklären. Am besten holst du deine Schwester. Auch wenn die Versammlung bald vorbei ist, können wir vielleicht noch kurz bleiben, ja? Wir haben genug Zeit, um es dir langsam zu erklären...«

Heideschatten verdrehte die Augen und bevor Weissdistel anfangen konnte, platze sie heraus: »Wir sind verwandt. Wir - also ohne Zweigpfote. Und ausserdem... sind wir die Katzen der ewigen Macht.«

Danach putze sie sich die Pfoten und strich sie sich hinters Ohr, als hätte sie Lichttraum gerade gefragt, ob sie zusammen Beute jagen wollen. Die Angesprochene war allerdings alles andere als gelassen. Sie taumelte leicht rückwärts und musste sofort an den Vorfall mit dem Fuchs denken, als sie übernatürliche Kräfte gehabt hatte. Sie war eine von diesen Katzen? Aber wie... wie sollte sie die Clans retten, wie es in der Prophezeiung stand? Auch wenn sie Hilfe hatte... von Weissdistel, Halbmondlicht und ... und Heideschatten!

Lichttraums Vater seufzte. »Am besten fangen wir gleich von Anfang an, in Ordnung? Damit du auch alles verstehst.« Die Kriegerin brachte nicht mehr als ein Nicken zustande, denn sprechen konnte sie gerade nicht. Sie war immer noch überwältigt.

»Also gut. Mal ganz von Anfang - vor langer, langer Zeit...«

Der Mond war schon fast untergegangen, als Weissdistel mit der Erzählung fertig war

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Der Mond war schon fast untergegangen, als Weissdistel mit der Erzählung fertig war. Die restlichen Katzen waren alle schon zurück gegangen. Eigentlich hätten sie - Weissdistel, Zweigpfote, Lichttraum, Heideschatten und Halbmondlicht, die dazugekommen war - ebenfalls gehen sollen. Doch Halbmondlicht hatte mit den Anführer:innen gesprochen sie überzeugt, weil sie noch »eine Besprechung hatten«. Lichttraum fragte sich, ob sie die einzige war, die gesehen hatte, dass ihre Schwester dabei solche unheimlich rot glänzende Augen gehabt hatte. So, als hätte sie Aschenstern und Schneestern hypnotisiert.

Natürlich, laut Weissdistels Geschichte besassen sie irgendwelche Kräfte, doch mussten sie nicht zuerst etwas lernen? Genau wie Heideschatten erzählt hatte, kamen diese sogenannten Kräfte immer plötzlich und genau kontrollierbar waren sie nicht. Wie zum Beispiel beim Fuchs - aus reiner Angst heraus hatte Lichttraum plötzlich über das Tier entscheiden können. Halbmondlicht dagegen tat so, als könnte sie alles schon.

»Um was geht es eigentlich bei dieser Prophezeiung? Ich meine, ist es nicht einfacher, wenn wir diese Aufgabe erfüllen, wenn wir wissen, was das Problem ist?«, fragte Lichttraum, als sich alle berereits zum gehen wandten. Weissdistel gähnte und antwortete mit müder Stimme. »Du hast Recht, wir sollten darüber nachdenken.«

Zweigpfote, der hinter der Gruppe neben Halbmondlicht lief, gähnte ebenfalls. »Ich glaube, wir brauchen erstmals Schlaf, oder?« Die Katzen stimmten alle grummelnd zu.

Heideschatten lief in eine andere Richtung. Sie verabschiedete sich nicht einmal richtig, obwohl es bis zur nächsten grossen Versammlung noch lange war. Weissdistel lief am schnellsten, wahrscheinlich brauchte er dringend sein Nest und Schlaf. Der junge Schüler und Lichttraums Schwester liefen hinter ihr, und wirkten so vertraut, wie sie sich unterhalten und schnurrten. Ein Stich fuhr in Lichttraums Herz. Wenn sie die beiden so sah, musste sie sofort an Tränenfeder denken. Sie vermisste sie so sehr. Besonders wenn sie an die Jungenzeit dachte, bevor sie Schülerinnen wurden.

Plötzlich war die Kriegerin entschlossen, Tränenfeder am nächsten Tag einen Besuch abzustatten. Sie brauchte eine Pause von diesem ganzen Prophezeiungszeug und wollte abschalten und glücklich sein - und das konnte sie am besten bei der Heilerkatze.

Warrior Cats [Der Fluch der Sterne] Vergessene SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt