Heute Morgen begrüssten Sonnenstrahlen die junge Kätzin Lichttraum. Sie blinzelte ihnen müde entgegen und sofort überkam sie grosse Lustlosigkeit. Ein weiterer Tag brach an, an dem sie bloss jagen und faul herumliegen musste. Warum konnte ihr Leben nicht etwas spannender sein? Natürlich war es naiv, zu glauben, sie könnte zu den grossen Auserwählten Prophezeiungs-Katzen gehören - doch wenigstens an einer Mission teilzunehmen wäre spannend.
Lichttraum war immer diejenige gewesen, die nicht auffiel. Sie war eine gute Jägerin und eine gute Kriegerin, aber sie war nicht irgendwie sehr besonders talentiert darin. Sie war so eine durchschnitts-Katze. Sie war diejenige, die oft gelangweilt rumsass, weil sie sich gut mit ihren Clangefährten verstand, aber niemand von ihnen wirklich eine gute Freundin zu ihr war. Ihre Schwester Halbmondlicht, eine hübsche, beliebte Kätzin, die bei allen gut ankam - sie war nicht perfekt, aber sie schien so - sie hatte zwar manchmal Zeit für sie. Sie gingen auf Patrouille. Teilten zwischendurch Beutestücke. Doch trotzdem gab es da etwas, dass sie voneinander fernhielt. Etwas, dass keine von den beiden ansprechen wollte.
Als Lichttraum aufstand, spürte sie, wie Schmerz durch ihre Schulter jagte. Sie drehte sich zur Seite und entdeckte einen langen, spitzen Dorn, der in der Schulter steckte. Genervt wanderte ihr Blick in Richtung Schülerbau. Wahrscheinlich hatte jemand von den beiden Schülern aus Versehen - hoffentlich nur aus Versehen - einen Dorn in ihr Nest gelegt.
Die Kätzin stand auf, lief zum Heilerbau und spähte hinein. Draussen gingen die Patrouillen erst gerade los, also konnte es sein, dass Tränenfeder noch schlief. Doch die Heilerkatze schien jedoch hellwach zu sein und sortierte leise murmelnd die Heilkräuter. Lichttraum wollte gerade eintreten, als sie Tränenfeder nun etwas lauter sagen hörte: »Was sollte das bedeuten? Wir sollten ein Problem lösen, dass ihr selbst gemacht habt, SternenClan?«
Verwundert hielt Lichttraum Inne. Sie war noch nie dabei gewesen, als eine Heilerin eine Botschaft des SternenClans empfing oder darüber sprach. Wahrscheinlich lag es daran, dass seit sie geboren war in den Clans nichts los gewesen war, es herrschte nämlich seit dann bis heute Frieden.
»Komm schon rein, ich beisse nicht«, miaute Tränenfeder, den Blick immer noch auf die Kräuter gerichtet. Ihr Ton war freundlich und leicht neckend. So wie früher, dachte Lichttraum. In der Kinderstube waren sie, Tränenfeder und Halbmondlicht sowas wie beste Freunde gewesen. Doch als Tränenfeder eines Tages verkündete, dass sie Heilerin werden wollte, waren die Geschwister überrascht gewesen - Tränenfeder war doch immer die beste Kämpferin gewesen. Solange man jedenfalls dass, was die Jungen getrieben hatten, kämpfen nennen konnte. Lichttraum war zwar auch etwas traurig gewesen, doch trotzdem hatte sie Tränenfeder beglückwünscht. Eigentlich war es doch nicht so ein grosses Problem - dann trainierten sie eben nicht zusammen, sondern unterhielten sich einfach abends. Halbmondlicht nahm das Ganze anders auf. Sie mied Tränenfeder. Lichttraum und die zukünftige Heilerin damals verbrachten deshalb eine Zeit nur miteinander. Sie nervten Älteste, sie quälten die Königinnen mit Fragen - es war lustig. Aber nicht so wie früher.
»Lichttraum? Fehlt dir etwas?« Tränenfeders besorgtes Miauen riss die Kätzin schlagartig aus den Gedanken. Sie lief noch einige Schritte auf die junge Heilerin zu, bevor sie kurz Inne hielt und nachdachte - weshalb war sie nochmals hier? - und schliesslich von einem stechenden Schmerz erinnert wurde, was sie hier zu suchen hatte. »Ein Dorn«, miaute Lichttraum, »ein Dorn ist in meiner Schulter«
Tränenfeder bückte sich zu ihr hinüber. Ihr warmer Atem hüllte sie ein und verlieh ihr ein Gefühl von Geborgenheit. Sofort fühlte sich Lichttraum wie in die Zeit zurückversetzt und musste daran denken, wie Halbmondlicht als Junges damals zu den Älteren ging. Zu den Schülern. Und wie sie dort neue Freundschaften schloss, und wie die Heilerin und Lichttraum alleine zurückblieben. Und dass nur wegen einem Wunsch, den Tränenfeder verfolgte.
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Warrior Cats [Der Fluch der Sterne] Vergessene Schatten
FanfictionWenn sich der Himmel teilt, das Wetter verrücktspielt und plötzlich Katzen Füchse in Gedanken kontrollieren können, ist bestimmt nicht alles in Ordnung bei den Clans. Da ist sich Zweigpfote sicher. Zusammen mit der EisClan-Kriegerin Heideschatten, d...