18. Wie die Tochter, die ich nie hatte

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POV: Clary

Nach einigen Minuten, in denen mich Simon einfach nur festgehalten hatte, löste er sich langsam aus der Umarmung und blickte in mein tränennasses Gesicht. Er musterte mich aufmerksam und ich versuchte gerade, zu verarbeiten, was ich erfahren hatte.

Ich war schwanger. Natürlich war es Jace' Kind. Ich rechnete mir aus, wie viele Tage vergangen waren, doch das ergab wenig Sinn. Es wäre viel zu wenig Zeit vergangen. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass die Zeit im Elbenreich anders vergeht, als in der normalen Welt.Manchmal schneller, manchmal langsamer. Wahrscheinlich war die Zeit hier einfach langsamer vergangen und in unserer Welt waren bereits eiige Wochen vergangen. Auf Menschen hat die Unterschiedliche Geschwindigkeit der Zeit hier im Elbenreich keinen Einfluss. Also lebten wir weiter, als ob wir in unserer Welt gewesen wären.

Ich hatte ein riesiges Gefühlschaos in meinem Inneren. Einerseits freute ich mich über die Schwangerschaft, andererseits hätte der Zeitpunkt gar nicht unpassender sein können. Außerdem war das ganze nicht geplant und ich wusste nicht wirklich, wie Jace reagieren würde.

Plötzlich keimte ein Gedanke in mir auf, den ich leider nicht unterdrücken konnte: Falls ich es ihm überhaupt sagen konnte. Wir wussten nicht mit Sicherheit, dass wir Jace retten können würden und ich wusste nicht einmal, ob es dem Kind gut ging. Außerdem bestand noch die Gefahr, dass ich es verlieren könnte, falls es zu einem Kampf kommen würde.

Ich strich mir vorsichtig über den Bauch, dann raufte ich mir mit den Händen verzweifelt durch die Haare. Warum musste so etwas genau jetzt passieren? Ich hätte nicht einmal zurück nach New York gekonnt. Dazu hätte ich die Karte gebraucht, um das Portal zu finden, aber wir waren schon so weit gekommen, dass es uns kostbare Zeit gekostet hätte, wenn wir wieder zurück gemusst hätten. Um ehrlich zu sein, wäre ich auf der Stelle zurückgegangen, wenn ich die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Ich vertraute den anderen und wusste, dass sie Jace auch alleine zurückholen konnten. Ich konnte einfach nicht aufhören, daran zu denken, dass das Kind nichts dafür konnte. Es war einfach da und verließ sich auf mich. Nur ich konnte es im Moment beschützen.

„...Clary!" Simon wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht herum und holte mich aus meinen Gedanken. „Ist alles in Ordnung mit dir?", fragte er besorgt.

Ich atmete tief ein, dann wieder aus. Es half und ich beruhigte mich ein wenig. Simon wartete geduldig darauf, dass ich soweit war, mit ihm zureden. Ich sortierte kurz meine Gedanken, dann sah ich Simon an. „Wir sind schon so weit gekommen, wir können jetzt nicht mehr umdrehen. Ich würde gerade nichts lieber tun, als zurück ins Institut zugehen und euch die Sache zu überlassen. Ich möchte nicht, dass dem Kind etwas zustößt. Aber wir sind schon so nahe an Jace dran. Ich möchte es Jace erzählen. Ich möchte das Kind mit ihm gemeinsam großziehen. Wir müssen ihn retten und das so schnell wie möglich."

Simon hörte mir aufmerksam zu und als ich fertig war, nickte er ernst. „Ich weiß, Clary. Das alles brauchst du mir gar nicht zu sagen. Ich kenne dich doch schon seit wir klein sind." Er lächelte mich sanft an, wodurch auch ich lächelte. „Keine Sorge, ich lasse dich nicht im Stich. Ich werde dich und das Kind im Notfall beschützen. Ich kann doch nicht zulassen, dass das Glück meiner besten Freundin zerstört wird. Außerdem wäre ich dann so was wie ein Onkel und das lasse ich mir sicher nicht entgehen." Jetzt grinste er und ich konnte nicht anders, als auch zu lächeln, während ich meine Hand auf meinen Bauch legte.

„Keine Sorge, ich werde dich beschützen und deinen Vater zurückholen.",sagte ich sanft, während ich meinen Bauch betrachtete. Dann musste ich schmunzeln, als ich zu Simon hochschaute. „Und natürlich beschützt dich auch Onkel Simon."

Dieser grinste noch breiter und zusammen machten wir uns auf den Weg, um die anderen einzuholen.

Wahrscheinlich hatten die mittlerweile bemerkt, dass wir nicht mehr bei ihnen waren. Ich hoffte, dass sie einfach auf uns warteten und uns nicht entgegenkamen. Ich wusste nämlich noch nicht, was ich ihnen sagen sollte. Magnus wusste auch bereits Bescheid, da er mich wahrscheinlich hatte fragen wollen, ob die Möglichkeit bestünde, dass ich schwanger war. Aber ich wusste nicht, ob ich es Alec und Izzy sagen wollte. Izzy hätte darauf bestanden, dass ich sofort zurück nach New York ginge und ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, wie Alec reagieren würde. Ich beschloss, den beiden erst Mal nichts zu sagen und abzuwarten. Außerdem hätte ich es Jace gerne als erstes gesagt, doch da jetzt schon Simon und Magnus Bescheid wussten, wollte ich, dass er zumindest der nächste war, dem ich es sagen würde.

Ich teilte meine Entscheidung Simon mit und dieser nickte verständnisvoll.

Nach einiger Zeit trafen wir auf die anderen, die am Wegesrand saßen und auf uns warteten. Ich konnte erkennen, dass Alec schwer atmete und wusste, dass es gerade wieder passiert war. Er hatte seine Hand noch immer auf die Stelle gedrückt, an der seine Parabatairune war.

Ich biss mir in die Wange und versuchte, ruhig zu bleiben.

Als sie uns bemerkten, kam Izzy sofort auf uns zu. „Wo wart ihr? Ist etwas passiert? Wurdet ihr angegriffen?", fragte Izzy aufgewühlt. Sie hatte sich anscheinend große Sorgen um uns gemacht.

Ich schüttelte den Kopf. „Wir wurden nur von zwei Nymphen aufgehalten, nichts weiter.", erklärte ich ruhig.

Izzy sah zu Simon, der ihr beruhigend zunickte und sie entspannte sich sichtlich. Dann ging sie zurück zu ihrem Bruder, der noch immer an der gleichen Stelle saß, wie vorhin. Simon folgte ihr und auch ich ging den beiden nach.

Bei Alec angekommen, erkannte ich, dass Magnus ihn bereits geheilt hatte. Ich sah das als meine Chance und wandte mich an ihn. „Magnus? Ich weiß, dass es gerade sehr ungünstig ist, aber könnte ich bitte kurz mit dir reden? Unter vier Augen?", fragte ich hoffnungsvoll.

Magnus blickte kurz zu Alec, welcher ihm zunickte. Dann erhob er sich und wir entfernten uns von den anderen.

Ich wollte jedoch unter gar keinen Umständen, dass die anderen uns hören konnten, also zog ich Magnus ein Stück in den Wald. An einer Lichtung, die der ähnelte, an der wir am morgen gesessen hatten, machte ich halt und sah Magnus ernst an. Dieser erwiderte den Blick. Dann seufzte ich und setzte mich ins Gras. Magnus tat es mir gleich und sah mich abwartend an.

„Du kannst es dir wahrscheinlich eh schon denken, deinem Blick nach zu urteilen, aber ich erzähle es dir jetzt trotzdem." Ich atmete tief ein, bevor ich weiter sprach. "Die Nymphen, die wir getroffen haben, haben mir gesagt, dass ich schwanger bin. Du hattest doch auch schon die Vermutung, oder?", fragte ich.

Magnus wirkte wenig überrascht, als er nickte. „Elben spüren die Aura eines jeden, dem sie begegnen. Wahrscheinlich haben sie die Aura des Kindes gespürt.", erklärte er.

Ich nickte. Dann fragte ich das, was mir auf der Zunge brannte. „Kannst du irgendwie herausfinden, ob es dem Kind gut geht?"

„Ja, das kann ich. Vorher aber noch eine Frage: bist du dir komplett sicher, dass du das hier noch durchziehen willst? Ich sehe, dass du dich bereits entschieden hast und ich weiß auch, aus welchen Gründen, aber ich würde nicht zögern und dich sofort zurück nach New York bringen." Magnus meinte das todernst, das erkannte ich in seinem Blick.

Ich schüttelte den Kopf. „Wir können nicht noch mehr Zeit verlieren."

„Also gut.", meinte Magnus mit einem Seufzer. „Komm her, Süße. Ich schaue nach, ob alles in Ordnung ist."

Ich drehte mich in Magnus Richtung, sodass wir uns gegenübersaßen. Er hockte sich vor mich hin und schnipste mit dem Finger woraufhin seine Blaue Magie zu sehen war. Dann spürte ich, wie mir in der Bauchgegend warm wurde, was ein angenehmes Prickeln auslöste. Dann verschwand es plötzlich.

Ich sah Magnus besorgt und abwartend an.

„Dem Kind geht es ausgezeichnet. Es hat, genau wie du und Jace, nur Engelsblut in seinen Adern, was es widerstandsfähiger macht, als einen normalen Fötus in diesem Stadium."

Ich atmete erleichtert aus und merkte, wie meine Schultern etwas leichter wurden. Jetzt wusste ich wenigstens, dass es dem Baby gut ging. Außerdem beruhigte es mich etwas, dass Magnus gesagt hatte, es wäre widerstandsfähiger wegen des reinen Engelsblutes.

„Danke,Magnus."

„Da gibt es rein gar nichts zu danken, Süße. Du bist für mich wie die Tochter, die ich nie hatte." Er lächelte mich an und ich tat es ihm gleich.

Daraufhin machten wir uns auf den Weg zurück zu den anderen und als wir bei ihnen angekommen waren, gingen wir weiter in Richtung Jace.

Clace - The story goes onWo Geschichten leben. Entdecke jetzt