20. Ich habe dich vermisst

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POV: Clary

Ich wurde langsam wach, war jedoch noch zu benebelt, um irgendeinen klaren Gedanken fassen zu können. Mein gesamter Körper fühlte sich so an, als wäre ein LKW über mich gefahren und hätte mich komplett plattgedrückt. Langsam kamen meine rasenden Gedanken zur Ruhe und ich fing an, mich zu erinnern, was passiert war. Ich riss die Augen auf und sah mich schnell um. Ich befand mich definitiv in keiner Zelle, was mich etwas erleichterte, doch als ich erkannte, dass ich mich im Thronsaal der Elbenkönigin befand, wich die Erleichterung sofort Panik. Als ich neben mich blickte, sah ich, dass Simon und Magnus rechts und links neben mir waren und auch langsam aufwachten. Izzy und Alec befanden sich vor uns und richteten sich gerade auf.

Plötzlich wurde mir bewusst, dass wir alle nicht angekettet waren, sondern einfach nur auf dem Boden saßen, doch dann entdeckte ich auch den Grund dafür: An allen vier Wänden des Saals waren Elbenritter aufgereiht und richteten ihre Lanzen auf uns. Ich schluckte schwer und überlegte mir bereits, wie wir es am besten aus dieser Lage schaffen konnten, als ich im Augenwinkel die Feuerroten Haare der Elbenkönigin erkennen konnte. Ich wirbelte zu ihr herum und kam so schnell wie möglich auf die Füße, was allerdings recht schwierig war, angesichts der Tatsache, dass ich vor kurzem erst betäubt worden war. Nach einigen Sekunden kam ich auf wackelnden Beinen zum Stehen und starrte die Elbenkönigin an, welche auf ihremThron Platz genommen hatte.

Wieder einmal sah sie atemberaubend schön aus in ihrem hauchdünnenGewand, dessen Schleppe mindestens fünf Meter lang war und sorgfältig um ihren Thron herum gelegt worden war. Ihr Haar waren zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr über die Schulter fiel und auf ihrem Haupt befand sich eine Krone, die aus allen möglichen Edelsteinen und Blumen, die man sich nur vorstellen konnte, bestand. Sie erwiderte meinen Blick und sah mich mit einem süßen, wissenden Lächeln an.

Ich musste erneut schlucken und spürte, wie sich alles in mir anspannte. Ich versuchte nicht darüber nachzudenken, was sie wahrscheinlich wusste und auf welche grausame Art und Weise sie mich nun dafür bestrafen konnte, dass ich in ihr Königreich eingedrungen war.

Auch die anderen hatten die Königin bemerkt und waren aufgestanden. Magnus legte mir eine Hand auf die Schulter und versuchte, mich zu beruhigen. Er wusste genau, woran ich gerade dachte und er wusste auch, dass ich wahrscheinlich gar nicht so falsch in der Annahme damit lag, dass die Königin wusste, dass ich schwanger war.

Ihr Lächeln wurde immer breiter, bis es zu einem Grinsen wurde. Ichfragte mich gerade, worüber sie sie sich gerade so sehr freuen konnte, da öffnete sich plötzlich eine Tür und mein Herz blieb für eine Sekunde lang sstehen.

Durch die Tür kamen zwei Elbenritter, welche einen erschlafften Körper hinter sich herzogen. Als ich erkannte, um wen es sich handelte, beschleunigte sich mein Herzschlag auf einmal und mir wurde ganz schwindelig, als ich die Narben auf seinem Rücken sah. Sein Blondes Haar war mit getrocknetem Blut verklebt und ich erkannte Schweißperlen auf seiner Stirn, als er versuchte, seine Augen zu öffnen.

„Jace!", rief ich und wollte bereits in seine Richtung laufen, doch Simon und Magnus hielten mich gemeinsam fest, sodass ich keine Chance hatte, zu ihm zu gelangen.

Ich merkte, wie mir Tränen über die Wangen liefen und versuchte, mich gegen den Griff meiner Freunde zu wehren. Ich rief immer wieder Jaces Namen, in der Hoffnung, dass er endlich aufwachen würde.

Er wurde von den Elbenrittern an den Baum angekettet, welcher sich in der Mitte des Raumes befand und mir gefror das Blut in den Adern. Ich wusste genau, wozu dieser Baum genutzt wurde. Ich habe in genug Büchern über das Elbenreich darüber gelesen.

Ich versuchte mich noch mehr gegen Simons und Magnus' Griff zuwehren, doch es war zwecklos. Als ein Elbe mit einer Peitsche in der Hand den Raum betrat, ließ Magnus mich los und eilte zu Alec, der sich auf den Boden gekniet hatte und sich anscheinend bereits auf das schlimmste vorbereitete.

Izzy stellte sich vor mich und schirmte mich von dem ab, was nun kommen würde. Ich hörte, wie die Peitsche durch die Luft schnellte, dann hörte ich das Aufeinandertreffen von Leder auf Haut und sank auf die Knie. Ich wartete auf einen Aufschrei von Jace, der jedoch nicht kam. Ich sah hinüber zu Alec, der sich bis aufs äußerste bemühte, genauso wie Jace keinen Laut zu machen.

Ich hörte, wie die Peitsche wieder ausgeholt wurde und im nächsten Moment bewegte sich mein Körper wie von alleine. Ich schnellte auf die Füße und rannte so schnell ich nur konnte zu Jace, welcher auf den nächsten Schlag wartete. Alles schien in Zeitlupe abzulaufen. Ich hörte Izzy aufschreien, als ich mich vor Jace stellte und die Arme schützend vor ihm ausbreitete. Er konnte mich nicht sehen, da er mit dem Rücken zu mir gedreht war, doch ich konnte jede einzelne seiner Narben sehen, als ich auf den Schlag wartete. Ich sah, wie frisches Blut aus der frisch geöffneten Wunde sickerte und schloss die Augen. Ich presste meine Augen zusammen und wartete.

Doch der Schmerz kam nicht.

Ich drehte mich um und sah, dass der Elbe die Peitsche sinken ließ und den Kopf gesenkt hatte. Dann sah ich zur Königin, welche ihre Hand erhoben hatte. Sie hatte den Elben gestoppt.

Ich dachte nicht länger darüber nach und rannte um den Baum herum,um zu Jace zu gelangen. Er hatte den Kopf gesenkt und und sein Brustkorb hob und senkte sich schwer. Ich sank vor ihm auf die Knie und streckte meine zitternden Hände zu ihm aus. Als ich ihn an der Wange leicht berührte, zuckte er zusammen und sah mir plötzlich direkt in die Augen. Für einen kurzen Moment erkannte ich die Panik in seinen Augen, doch diese wich sofort einem sanften Ausdruck, der mir die Tränen in die Augen trieb. Ich umfasste sein Gesicht mit beiden Händen und lehnte meine Stirn an seine, während ich mich an ihn schmiegte. Es war mir egal, dass er von oben bis unten mitgetrocknetem Blut und Dreck bedeckt war, ich wollte einfach nur bei ihm sein.

„Sag mir, dass das kein Traum ist.", flüsterte Jace als er sich etwas zurückzog, um mir in die Augen sehen zu können.

„Ich habe dich so sehr vermisst.", sagte ich, während mir Tränen über die Wangen rollten. „Ich habe dich vermisst.", flüsterte ich wieder und ließ meine Stirn auf seine Schulter sinken. Meine Hände legte ich auf seine Brust und ich spürte seinen beständigen Herzschlag unter meinen Handflächen.

„Ich habe dich auch vermisst.", sagte Jace und lehnte seine Wange an meinen Kopf.

So saßen wir einige Sekunden lang einfach nur da, bis das Kichern der Elbenkönigin die Stille durchschnitt. Ich richtete mich auf und blickte in Richtung der Königin. Dabei stellte ich mich schützend vor Jace.

„Das ist wirklich herzzerreißend.", sagte die Königin und wischte sich über die Wange, als würde sie sich eine Träne wegwischen wollen. „Wirklich sehr rührend. Und natürlich nicht zu vergessen sehr mutig von dir, Morgenstern-Mädchen."

Ich biss meine Zähne zusammen und hielt ihrem Blick weiterhin stand.

Sie blickte zwischen mir und den anderen hin und her. Dann blieb ihr Blick bei mir stehen und wieder breitete sich ein fieses Grinsen auf ihrem Gesicht aus.

„Nur leider kann ich euch nicht einfach nur wegen so einem rührenden Wiedersehen einen meiner Gefangenen mitgeben.", sagte sie und zeigte dabei ihre scheußlichen Fangzähne.

„Was wollt Ihr?", meldete sich Magnus zu Wort.

„Lasst mich überlegen..." Die Königin legte ihren Kopf schief und starrte in die Luft, als würde sie wirklich darüber nachdenken müssen, obwohl ich mir sicher war, dass sie bereits genau wusste, was sie mit uns vorhatte.

Plötzlich streckte sie den Zeigefinger in die Luft, als hätte sie eine Lösung gefunden und sah mich direkt an. „Ich habe schon lange keinem Kampf mehr zwischen einem Elben und einem Schattenjäger beiwohnen können. Wie wäre es denn, wenn du, Clarissa Morgenstern, gegen ein paar meiner ergebenen Ritter kämpfen würdest?"

Das Grinsen auf ihrem Gesicht bewies mir, dass sie genau wusste, dass ich das im Moment nicht tun konnte. Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich wollte gerade etwas erwidern, als ich Jaces Stimme hinter mir wahrnahm.

„Ich kämpfe statt ihr. Wäre es nicht sehr interessant zu sehen, wie ich versuche, um mein Leben zu kämpfen?"


Clace - The story goes onWo Geschichten leben. Entdecke jetzt