14. Einsamkeit

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POV: Clary

„Das sieht nicht gerade spektakulär aus.", meinte Simon, als wir am Triumphbogen im Washington Square Park angekommen waren.

Izzy pikste ihm mit dem Zeigefinger in die Seite, woraufhin er kurz aufschrie. „Das tut jetzt nichts zur Sache, Simon. Der Eingang ist hier, also lass uns zufrieden damit sein, wenigstens einen gefunden zu haben."

Simon zog eingeschüchtert den Kopf ein und hob beschwichtigend die Hände. Izzy verdrehte die Augen und ich musste lächeln.

Doch dieses Lächeln verflog sofort wieder, als ich merkte, wie sehr ich mir wünschte, jetzt auch zusammen mit meinem Freud hier zu sein und nicht gerade zu seiner Rettungsmission aufbrechen zu müssen.

Ich drehte mich um und sah, wie Alec und Magnus gemeinsam die Kartebetrachteten und darüber diskutierten, welcher der schnellste Weg zum Hof der Elbenkönigin sein würde.

Erst jetzt merkte ich, wie allein ich mich eigentlich fühlte. Nicht nur, weil Jace nicht da war, sondern auch, weil ich einfach ein komplettes Jahr verpasst habe, in dem so vieles geschehen ist. Alles hatte sich verändert...

„Hey, alles klar, Süße?", holte mich Magnus aus meinen Gedanken.

Er hatte scheinbar mit Alec alles besprochen und alles war bereit für die Rettungsmission.

Ich nickte schnell und schob die Gedanken von eben beiseite. Jetzt gab es wichtigeres, worüber ich nachdenken sollte: Jaces Rettung.

„Seid ihr alle soweit?", fragte nun Alec.

Alle nickten stumm, aber entschlossen.

„Gut, dann wollen wir mal.", murmelte Alec, mehr zu sich selbst, als zu uns.

Einer nach dem anderen ging unter dem Triumphbogen hindurch und verschwand kurz darauf. Zuerst Alec und Magnus, da sie die Karte hatten, dann ich und die Nachhut bildeten Izzy und Simon.

Als ich auf der anderen Seite des Eingangs wieder herauskam, wurde mir kurz übel, genauso, wie beim ersten Mal, als ich das Elbenreich betreten hatte. Simon schien es nicht gerade anders zu gehen, da er sich an einem Baum abstützen musste, um seine Übelkeit unter Kontrolle zu bekommen

Ich sah mich um und erkannte, dass wir uns in einem Wald befanden. Jedoch entdeckte ich hinter ein paar etwas weiter entfernten Bäumen eine Lichtung. Ich blickte zu Alec und Magnus, die sich wieder einmal über die Karte gebeugt hatten und über unseren momentanen Standort diskutierten. Ich seufzte und drehte mich zu Izzy und Simon um. Simon lehnte noch immer am Baum. Ihm schien die Übelkeit mehr zuzusetzen als gedacht. Izzy stand neben ihm und strich ihm beruhigend über den Rücken. Als sie meinen Blick bemerkte, schenkte sie mir ein kurzes Lächeln. Ich lächelte etwas gezwungen zurück.

Bin ich etwa eifersüchtig? 

Als ich diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, schaute ich sofort auf den Boden. Ich war doch gerade mit meinen Freunden hier. Aber warum fühlte ich mich dann nur so alleine?


POV: Jace

Ich fühlte mich allein. Aber wirklich allein. Während ich in den Thronsaal der Elbenkönigin geführt wurde, überkam mich eine riesige Einsamkeit, die noch viel größer war, als ich komplett allein in der Zelle war. Ich versuchte zwar den Selbsthass zu unterdrücken, der in mir aufkeimte, doch ich konnte die selbstzerstörerischen Gedanken einfach nicht verdrängen. 

Wie kann man nur so unfassbar dumm sein? Du hast gerade erst Clary wieder und denkst, es wäre eine gute Idee alleine und völlig Hilflos zur Elbenkönigin zu gehen und sie um einen Gefallen zu bitten?

Meliorn stieß mir mit seinem Fuß in die Kniekehlen, wodurch ich zu Boden ging und aus meinen Gedanken gerissen wurde. 

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass wir schon im Thronsaal der Königin angekommen waren. Ich sah mich um und bemerkte wieder einmal, dass der Thronsaal schon wieder anders aussah, als beim letzten Mal. Eigentlich war das bis jetzt nicht wirklich besorgniserregend gewesen, immerhin veränderte sich das Elbenreich ständig, doch nun entdeckte ich etwas, was mir eine Gänsehaut über den gesamten Körper jagte: Ein Baum. Um genau zu sein, ein Baum, an dem man im Elbenreich üblicherweise Gefangene auspeitscht. An der Rinde des Baumes konnte man Reste von getrocknetem Blut sehen. Wäre dieses nicht dort gewesen, wäre der Baum wunderschön gewesen. Rosa und weiße Blüten strahlten zwischen den hellgrünen Blättern hervor.

Irgendwie kam es mir so vor, als würde der Baum mich mit seiner Schönheit und gleichzeitigen Grausamkeit auslachen.

Ich biss die Zähne zusammen und blickte zur Elbenkönigin auf, die vor mir auf ihrem Thron saß. Sie sah mich mit einem so spöttischen Blick an, dass ich mir wünschte, ich könnte ihr das Grinsen aus ihrem Gesicht schneiden.

„Eigentlich mag ich ja hübsche Dinge...", sagte die Königin nun. „Und du wärst sehr hübsch, Jace Herondale. Alle Herondales sind von Schönheit gesegnet. Nur leider haben alle von euch diese schrecklichen Eigenarten..." Als sie das sagte, klang sie etwas Wehmütig. Fast so als würde sie sich an etwas erinnern.

„Aber Jonathan Morgenstern hatte keine solchen schrecklichen Eigenarten?", fragte ich sarkastisch.

Bei der Erwähnung dieses Namens, fiel das Grinsen der Königin sofort ein. „Was fällt dir ein, dich über mich lustig zumachen?", kreischte sie fast, doch kurz darauf hatte sie sich wieder gefangen und lehnte ich etwas in ihrem Thron zurück. „Ach...Eigentlich wollte ich dich heute nur mit zwanzig Schlägen auspeitschen lassen, da ich sehr gnädig bin, doch wie es scheint, müssen es doch die üblichen dreißig werden..." Wieder lag dieses spöttische Grinsen auf ihrem Gesicht.

Ich blieb stumm, woraufhin die Königin Meliorn mit einer Handbewegung klarmachte, dass er mich zum Baum bringen sollte. Er fesselte mich mit den Händen an einen etwas tiefer hängenden Ast des Baumes, dann betrat auch schon ein anderer Elbe mit einer blutbefleckten Peitsche in der Hand den Thronsaal und kam auf mich zu. 

Ich schloss die Augen und versuchte mich zu konzentrieren. Ich wollte der Königin bestimmt nicht den Gefallen machen, laut aufzuschreien, sobald mich die Peitsche treffen würde. Ich versuchte meine Atmung so gut wie möglich ruhig zu halten und machte mich auf den ersten Peitschenhieb gefasst, der kurz darauf folgte. Ich biss die Zähne zusammen, um mir nicht aus Versehen die Zunge abzubeißen. Der Schmerz traf mich wie eine Welle, die auf einen Felsen traf und ich drückte meinen Rücken durch. Meine Fingernägel bohrte ich in meine Handflächen, doch ich schrie nicht auf. So trafen mich 29 weitere Peitschenhiebe, bei denen ich jedes Mal stumm blieb. Irgendwann sah ich alles nur noch verschwommen und bemerkte den Schmerz kaum mehr, da mein Rücken schon Taub war. 

Als ich dann vom Baum weggeholt und in meine Zelle gebracht wurde, sah ich kaum noch etwas. Ich spürte nur das Blut, welches meinen Rücken hinunterfloss und hörte das Gelächter der Elben, welches sich immer weiter entfernte. Als ich endlich wieder in meiner Zelle war, verlor ich sofort das Bewusstsein und viel in einen tiefen Schlaf, von dem ich mir insgeheim wünschte, nie mehr aufzuwachen...



A/N:

Ich hoffe das Kapitel gefällt euch!💕🐾🐬

PS: Ich hab in diesem Kapitel eine kleine Anspielung auf Will Herondale aus "The Infernal Devices" gemacht. Es wurde zwar nie gesagt, dass die Elbenkönigin ihn kannte, aber ich glaube, sie weiß über so einige Sachen bescheid....😅

Clace - The story goes onWo Geschichten leben. Entdecke jetzt