9. Am Hof der Elbenkönigin

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Alle dachten, Jonathan hätte die Feenkönigin getötet, aber so war es nicht. Schon bald machte sie sich wieder bemerkbar, indem sie Meliorn wieder zu den Treffen von Alecs Unterweltler-Shadowhunter-Allianz schickte. Er erschien drei Monate lang bei keinem einzigen Treffen, was alle Schattenjäger zu der Annahme führte, dass die Königin wirklich tot war. Doch als Meliorn plötzlich wieder auftauchte und erklärte, dass es der Elbenkönigin bestens ginge, waren alle davon überzeugt, dass Jonathan getäuscht wurde.

Als ich am frühen Morgen an der Brücke stand, wo sich das Tor zum Feenreich befindet, überkam mich ein ungutes Gefühl. Vor einem Monat war ich das letzte Mal hier und war fest entschlossen, der Königin einen Besuch abzustatten. Doch am heutigen Tag ging es um das Gegenteil von dem, was ich das letzte Mal vorhatte.

Ich atmete tief ein bevor ich meine Hände zu Fäusten ballte und über die Brücke durch den Eingang ins Feenreich sprang.

Wie immer wurde mir für einen kurzen Moment schlecht, als ich auf der anderen Seite des Durchganges wieder auf festem Boden stand. Doch ich fasste mich schnell wieder und machte mich auf den Weg zum Hof des Lichten Volkes.

Das Elbenreich verändert sich ständig, deshalb war es mir auch dieses Mal wieder fremd. Doch ich war mir ziemlich sicher, dass die Königin sofort jemanden zu mir schicken lassen würde, um mich zu ihr zu bringen, sobald ein Mitglied ihres Volkes (wahrscheinlich ein Vogel oder ein Käfer) ihr von meiner Anwesenheit berichtete.

Ich machte mir keine Sorgen darum, dass die Königin sich nicht gerade darüber freuen würde, mich zu sehen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie mich gleichermaßen hasst und mag. Wahrscheinlich, weil alle Feenwesen schöne Dinge mögen.

Schon nach kurzer Zeit bewahrheitete sich meine Vermutung und Meliorn stellte sich mir mit zwei weiteren Wachen der Königin im Schlepptau in den Weg.

"Herondale.", sagte er kühl. "Was führt dich ins Reich des Lichten Volkes?"

Sein Gesichtausdruck war unergründlich. Meliorn ist so unergründlich wie ein Stein, dachte ich und musste mir ein Grinsen unterdrücken.

"Ich möchte zu deiner Königin.", antwortete ich mindestens genauso kühl wie er. Dann warf ich meine Seraphklinge und meine Stele auf den Boden.

Meliorn nickte nur kurz, drehte sich dann um und marschierte los, seine beiden Freunde, die hastig mein Schwert und die Stele aufgesammelt hatten, noch immer wie zwei Hunde im Schlepptau. Ich wartete kurz und holte noch einmal tief Luft, bevor ich die Schultern straffte und ihnen folgte.

Meliorn brachte mich ohne Umschweife in den Thronsaal der Königin. Sie hatte die Gestalt des kleinen Mädchens angenommen und ihre Krone schien zu groß für ihren Kopf zu sein.

Der Thronsaal sah so aus wie immer: Überall waren Blumen auf den Wänden und am Boden. Zahlreiche Pixies und Dienerinnen scharten sich um die Königin und beachteten mich kaum.

"Was führt dich an meinen Hof, Valentins Sohn?", fragte die Königin und erhob sich von ihrem Thron. Mit einem Fingerschnippen schickte sie all ihre Gefolgsleute aus dem Saal.

"Mylady...", sagte ich und sank auf ein Knie, so, wie es sich am Hof der Königin des Lichten Volkes gehörte. Ich verkniff mir jeden Kommentar zum Namen, mit dem sie mich angesprochen hatte und kam direkt zur Sache. "Ich war vor einem Monat hier und habe ein Mitglied Eures Volkes getötet. Ihr wart so gütig, mich am Leben zu lassen und stattdessen irgendwann einen Gefallen einzufordern. Nun bitte ich sie, diesen Gefallen einzufordern." Sobald ich fertig war hielt ich für einen kurzen Moment den Atem an, da ich Angst vor der Antwort hatte, die ich darauf bekommen würde.

"Steh auf, Jace Herondale.", antwortete die Königin nach kurzer Zeit.

Ich stand auf und biss mir auf die Lippe. Ich merkte, wie mein Atem stoßweise ging und zog sofort die Mauer hoch, die meine Gefühle verbarg. Vor der Königin darf man niemals Schwäche zeigen.

Clace - The story goes onWo Geschichten leben. Entdecke jetzt