Kapitel 14

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Unruhig rollte ich mich von der einen auf die andere Seite. Die Decke lag nur noch halb über mir. In diesem Zimmer war es eindeutig viel zu warm. Dabei war es im Kerker eigentlich immer angenehm kühl. Irgendwas musste hier gewaltig schiefgelaufen sein.

Frustiert richtete ich mich auf. Draco schien zu schlafen, doch auch seine Decke hing kaum noch über seinem Körper.
Wieso das langärmlige Oberteil?
Mir kam ein Gedanke, den ich aber genauso schnell wieder verwarf.
Er würde es mir sagen wenn er -.
Oder?

Ich brauchte ein wenig Luft zum nachdenken.
Zum runterkommen.
Meine Meinung würde ich nicht ändern.
Doch beruhigen musste ich mich trotzdem.

Ich schlüpfte aus dem Bett und zog mir meine Robe über.
Nur in T-Shirt und Robe über den Flur zu laufen, war wahrscheinlich keine Glanzleistung von mir. Aber ich musste hier für einen Moment raus.

Leise schloss ich die Tür hinter mir.
Ich sah drei Schüler, die auf dem Sofa eingeschlafen waren. Und der Gemeinschaftsraum sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
Wer auch immer das sauber machen musste, tat mir jetzt schon ungemein leid.

Ich erreichte die Tür, die auf den Flur führte, ohne jemanden zu wecken.
Der Gang war angenehm kühl und Luft wirbelte mir um den Kopf.
Der kalte Boden unter meinen Füßen half mir, mich besser zu konzentrieren.

Ich dachte an Harrys Worte zurück.
Und an das dunkle Mal, welches er erwähnt hatte.
Konnte es sein, dass an den Gerüchten etwas dran war?
Konnten die Gedanken in seinem Kopf dunkler sein, als alles was ich mir ausgemalt hatte?
Ich wusste, dass es um seinen Vater geht.
Das ihn viel beschäftigte.
Doch war es wirklich möglich -

"Was macht ein so hübsches Mädchen so spät alleine auf dem Flur?" Eine dunkle, ziemlich betrunkene Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich wirbelte herum.
Nur wenige Meter hinter mir stand ein Junge.
Ich kannte seinen Namen nicht. Ich glaube, er müsste aus der 7. Klasse sein.

"Nur kurz frische Luft schnappen. Wollte gerade wieder rein.", sagte ich nervös und wollte zurück zur Tür laufen. Doch er machte einen großen Satz nach vorne.
"Hey. Warte doch. Nicht so unfreundlich."
Ich konnte seine Fahne riechen und Übelkeit stieg in mir auf.
"Maura, oder?", verwirrt schaute ich ihn an.
Er war groß, hatte hellbraune, lockige Haare, markantes Gesicht.
Doch seine roten Augen verrieten mir, dass er im Bett liegen sollte um nüchtern zu werden.

Er griff nach meiner Hand und ich war nicht schnell genug um sie wegzuziehen.
"Fass mich nicht an.", zischte ich.
Doch eigentlich hatte ich Angst. Er war größer als ich. Stärker, keine Frage. Und mein verdammter Zauberstab lag noch auf dem Tisch neben Draco's Bett.
Mein Herz klopfte laut gegen meine Brust und Gänsehaut überzog meinen Körper.

"Ach komm schon. So verklemmt kannst du kaum Pansy's beste Freundin sein."
Ein ekliges Lachen umspielte seine Lippen.
"Rede nicht so über sie.", verteidigte ich Pans.
Er machte einen Schritt auf mich zu - ich machte einen Schritt von ihm weg.
Dann spürte ich die Wand an meinem Rücken.
Verdammt.
Er kam noch ein Stück näher. Ich konnte seinen Atem auf meiner Haut spüren, der Geruch von Feuer-Whiskey brannte mir in der Nase.

"Kommst du mit auf mein Zimmer?", hauchte er mir ins Ohr.
"Verpiss dich.", entgegnete ich ihm.
Schloss für einen Moment die Augen um mich zu sammeln und meine Optionen durchzuspielen. Doch kam ziemlich schnell zu dem Entschluss, keine Option zu haben.
"Ich mag Mädchen mit Feuer.", lachte er ekelhaft. 

"Aber wahrscheinlich mögen sie dich nicht, oder warum bist du so erbärmlich und versuchst es bei vergebenen Frauen, Brown?" Draco. Gott sei Dank.

"Malfoy. Du bist so ein Spaßverderber. Verschwinde."
Er schaute Draco nicht an.
Sein Blick hing an meinen Lippen.
"Fass sie an und du bist tot.", zischte Draco.

Jetzt richtete er sein Blick auf ihn. Draco war beinahe einen Kopf größer als er.
Seinen Zauberstab hielt er locker in der Hand.
"Ich wollte schon immer Mal einen der unverzeihlichen Flüche ausprobieren, die wir damals gelernt haben. Hast du Lust?" Draco's Augen funkelten bedrohlich.
Nicht einmal ich war mir in diesem Moment sicher, ob er es auch wirklich so meinte.
"Du würdest es nicht wagen."
"Probieren wir es aus. Oder hast du Angst?"

Ich presste meinen Körper so dicht wie möglich gegen die Wand, um seinen Körper nicht länger berühren zu müssen. Mein Atem ging stoßweise.
"Lass uns das doch regeln wie Männer."
Brown hob die Fäuste, doch Draco lachte nur.
"Du bist kein Mann. Du bist ein kleiner, erbärmlicher -"
Noch bevor Draco seinen Satz zu Ende gesprochen hatte, ging Brown auf ihn los.
Er traf ihn im Gesicht, seine Nase begann augenblicklich zu bluten.

Den nächsten Schlag parierte Draco und rammte ihm dafür seine Faust in die Magengrube.
"Hört auf damit.", rief ich, als Brown zu Boden ging.
Draco hockte über ihm, seinen Zauberstab gegen seine Brust.
"Du würdest nicht nach Askaban gehen für eine dreckige -"

"Petrificius Totalus."
Und schon lag Brown wie ein Stein am Boden.
"Doch, für sie würde ich. Aber du bist es mir nicht wert.", zischte Draco.
Dann fiel sein Blick auf mich. Augenblicklich wurden seine Gesichtszüge weicher.

"Ist alles okay?"
Wie angewurzelt stand ich auf der Stelle.
"Wenn du nicht gekommen wärst -", murmelte ich.
Tränen bildeten sich in meinen Augen.
"Hey. Denk nicht dran. Ich bin ja da." Seine Hand berührte meine Wange.
Und mein Blick fiel auf seine blutende Nase.

"Du blutest." Ich legte meinen Kopf schief.
Blut klebte in seine Gesicht, an seinem Oberteil.
"Komm, wir verarzten dich.", sagte ich teilnahmslos, griff nach seiner Hand.
Meine Knie zitterten, nur mit Mühe schaffte ich es die Treppe nach oben ohne zu stolpern. Draco's Hand ließ ich keine Sekunde lang los.

Wieder im Schlafzimmer angekommen, atmete ich aus.
Ich musste die Luft angehalten haben - und hatte es nicht Mal mitbekommen.

"Ich würde sagen, du ziehst das aus." Ich deutete auf sein Oberteil.
"Ist das eine ausgeklügelte Strategie um mich aus meinen Sachen zu bekommen?"
Ich konnte das Lächeln hinter dem Tuch erkennen, welches er vor seine Nase hielt.
Doch mir war alles andere als Lachen zumute.

Er schnappte sich ein neues, ebenfalls langärmliges Shirt und wollte im Badezimmer verschwinden.
"Was verschweigst du mir, Draco?" Meine Stimme klang heiser, denn eigentlich wollte ich diese Frage nicht stellen. Aber die Neugier und die Sorge um ihn würden mich sonst noch um meinen Verstand bringen.

Er blieb im Türrahmen stehen, seine Schultern begannen zu hängen.
Seine ganze Haltung veränderte sich.
"Sag es mir. Bitte.", flehte ich ihn an.

"Ich kann nicht, Maura. Bitte versteh das."
"Wie soll ich für dich da sein, wenn ich nicht weiß worum es geht? Du drohst Männern auf den Fluren unverzeihliche Flüche an, prügelst dich und nennst mich eine vergebene Frau. Wieso sagst du mir dann nicht, was hier los ist?"

Für einen Moment herrschte Stille.
Machte sich zwischen uns breit wie eine riesige, durchsichtige Wand.
"Draco." Sein Name war nur noch ein Flüstern, welches über meine Lippen kam.
Ich bettelte nach der Wahrheit, ohne zu wissen ob ich mit dieser überhaupt Leben konnte.

Langsam drehte er sich um. Er schaute mich nicht an. Wandte sein Blick in alle Richtungen, außer in die meine.
"Ich will, dass du mich für immer genauso ansiehst, wie du mich ansiehst. Das sich dein Gesicht erhellt, wenn unsere Blicke sich treffen. Dieses kleine Kräuseln deiner Lippen, wenn jemand meinen Namen sagt. Das will ich. Und deswegen kann ich es dir nicht sagen. Du würdest mich nie wieder so ansehen.", frustriert raufte er sich durch die Haare.

"Woher willst du das wissen? Ich weiß die Geschichten, die man sich erzählt. Ich weiß, dass dein Vater ein Todesser war. Und ich bin immer noch hier. Ich kann damit umgehen. Wir schaffen das.", versuchte ich ihn zu bestärken.
"Du weißt gar nichts, Maura. Und das meine ich nicht Böse. Ich bin dir dankbar. Aber über meine Familie? Weißt du leider überhaupt nichts." Seine Hände begannen zu zittern, als er nach dem Saum seines Oberteils griff.

"Du willst die Wahrheit?" Seine Stimme war härter geworden.
Und für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken Nein zu sagen.
Einfach weiterzumachen.
Unwissend.
Für einen Moment dachte ich, es könnte funktionieren.

"Ich will die Wahrheit, Draco."

Schwer schluckend richtete ich meinen Blick auf sein Oberteil.
Mit einer gekonnten Bewegung zog er es aus, warf es in die Ecke.
Und so sehr ich mir wünschte Unrecht zu haben.
So sehr ich mir wünschte falsch zu liegen.
Und verdammt, so sehr ich mir wünschte, dass auch alle anderen falsch lagen.

So echt war auch das dunkle Mal auf seinem linken Unterarm.


Dark Paradise - Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt