Kapitel 4

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"Blaise.", sagte ich in einer vielleicht zu hohen Stimme, als ich ihn in die Arme schloss.
"Maura. Schön dich zu sehen.", erwiderte er, als er seine um mich legte.
Wir teilten eine kurze, warme Umarmung. Dann strahlten mich seine braunen Augen an.
"Du siehst toll aus.", sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen.
"Dankeschön. Du siehst aber auch nicht schlecht aus."
Blaise war attraktiv, dass konnte man nicht leugnen. Seine dunkle Haut, sein charismatisches Lächeln, sein perfekt sitzendes schwarzes Hemd. Er sah gut aus.

"Feuerwhiskey?", fragte er gut gelaunt. Und ich wusste, dass ich nein sagen sollte.
Dumme Sachen standen für heute Abend eigentlich nicht auf dem Plan. Und zu wenig Essen und Schlaf vertrugen sich auch nicht sonderlich gut mit dem gefährlichen Alkohol.
"Gerne.", entgenete ich. Super Maura. Du hälst dich wie immer Klasse an deine Vorsätze.

Ich folgte ihm runter von der Tanzfläche, wo er uns jeweils einen Whiskey eingeschenkte.
Er prostete mir zu - und der dritte floss durch meine Kehle.
Kurz darauf der vierte. Und auch der fünfte blieb mir nicht verschont.

"Tanzt du mit mir?" Ich begann meine Hüften zu bewegen und hielt ihm meine Hand entgegen.
Manchmal wünschte ich mir, ich würde etwas fühlen, bei Blaise. Er wäre keine schlechte Partie.
Aber da ist kein Kribbeln, kein Funke.
Und auch wenn ich mich genauso schlimm anhöre wie Malfoy, ist er für heute Abend mehr das Mittel zum Zweck.

Ich zog ihn hinter mir her auf die Tanzfläche. Bedacht darauf, einen Platz auszuwählen, der gut sichtbar war. Ob ich Malfoy oder mir etwas beweisen wollte, so oder so, wusste ich genau, dass es eine schlechte Idee war. Aber ich war bekannt für eher dumme Entscheidungen.
Und der Alkohol unterstützte mich darin nur.
Wir bewegten uns zu den lauten Bässen der Musik. Um uns herum tanzten Schüler, die ich in meinem Leben noch nie gesehen hatte.
Blaise legte seine Hände auf meine Hüfte und zog mich noch ein Stück dichter.

"Was hast du vor?", fragte er mich skeptisch.
Erschrocken schaute ich ihn an.
"Was meinst du?", versuchte ich mich zu verteidigen.
"Ich weiß, wir beide sind nur Freunde. Das hast du mir oft genug deutlich gemacht." Seine Stimme klang sanft, nicht sauer oder beleidigt.
"Ich -" Mir fehlten die passenden Worte. War ich so leicht zu durchschauen?
"Geht es hier um Draco?"

Mein Herz rutschte mir in die Hose.
"Wie kommst du auf diese absurde Idee?" Ich versuchte meine Unsicherheit mit einem Lächeln zu überspielen.
"Dann hast du kein Problem damit, wenn ich dich küsse?"
Seine direkte Art überrumpelte mich für einen Moment.
Doch eigentlich war es genau das, worauf ich hinauswollte.
Kurz versuchte ich die vernüftige Seite in mir zu finden.
Die, die mich anschrie, es sein zu lassen.
Doch sie hatte anscheinend gerade Pause.

"Kein Problem damit, nein.", erwiderte ich, mit einer gewissen Anspannung die in meinem Körper wuchs aber ein Lächeln auf den Lippen.
"Gut.", grinste er, zog mich an meiner Hüfte noch ein Stückchen nähher zu sich herran.
Mein Herz schlug nicht schneller. Dort war nichts, was auf ihn reagierte.
Bevor unsere Lippen sich berührten, wusste ich, dass ich das unterbrechen musste.
"Blai-."
Doch da wurde er schon von mir weggerissen.

Verwirrt schaute ich hinter ihn.
Und konnte kaum glauben, dass dieser absolut irrsinnige Plan tatsächlich funktioniert hatte.
Es war Draco. Seine Hände zu Fäusten geballt. Pansy stand direkt hinter ihm.
"Was denkst du, tust du hier?" Bevor Blaise ihm antworten konnte, drängte ich mich dazwischen.
"Ich frage mich, was dich das angeht."
Ihm seine eigene Karte zuzuspielen, fühlte sich gut an. Wie ein kleiner Triumph.

Schneller als ich reagieren konnte, packte Draco meine Hand und zog mich hinter sich her. Besser gesagt stolperte ich hinter ihm her, denn der Whiskey auf leeren Magen machte sich leider bemerkbar.
Er stoppte, als wir in einer ruhigen Ecke angekommen waren, doch ich lief in ihn hinein.
"Bist du betrunken?" Fragte er skeptisch.
"Könntest du meine Hand loslassen?" Sein Blick fiel auf unsere immernoch verschlossenen Hände und als hätte er sich verbrannt, riss er seine von mir los.

"Was sollte das?", zischte er scharf.
Ich legte meinen Kopf schief, betrachtete sein Gesicht.
Wenn wir nicht so unglaublich zerstritten wären -
"Ich glaube Blaise wollte mich gerade küssen. Und du hast mir die Tour vermasselt."
Mein Gleichgewicht verabschiedete sich kurz und ich schwankte zur Seite.
"Wieso ausgerechnet Blaise? Deine beste Freundin für meinen besten Freund?"
Ich nickte. Genau das war der Plan.
"Ich habe Pansy abserviert. Lass Blaise in Ruhe."
"Du hast was?", fragte ich erschrocken und wirbelte herum.
Ich musste sofort zu ihr.

Doch als ich loslaufen wollte, stolperte ich erneut. Und hatte Draco mich nicht gefangen, hätte ich mich vor der gesamten Schülerschaft im Gemeinschaftsraum hingelegt.
"Du gehörst ins Bett." Ich bildete mir ein, einen Hauch von Sorge in seiner Stimme zu hören.

"Was hast du zu ihr gesagt?" Er zog mich zu sich zurück.
"Ich habe ihr gesagt, dass aus uns beiden nichts wird. Und das es mir leid tut."
"Und was hat sie gesagt? Warte - du hast gesagt, dass es dir leid tut?"
"Sie hat gesagt, dass es okay ist. Und das ich gut im Bett bin."
Ein selbstsicheres Grinsen schlich sich auf seine Lippen.

"Malfoy. Das will ich nicht wissen." Ich verzog mein Gesicht, was sein Grinsen nur noch breiter werden ließ.
"Wie viel hast du getrunken?", fragte er, als ich langsam zu tanzen anfing.
Sein Grinsen verwandelte sich in ein echtes Lachen.
"Nicht viel. Ich bin gut drauf."
Ich streckte meine Arme in die Luft und holte damit ein Bild von der Wand, welches mit einem lauten Krachen zu Boden ging. Peinlich berührt schaute ich in genau die andere Richtung.
Mist.

"Ab ins Bett mit dir.", befahl er mir dominant.
"Du bist nicht mein Dad. Sir.", erwiderte ich. Versuchte ihm zu beweisen, dass es mir gut ging. Ich gerade stehen konnte und nicht ins Bett musste.
Doch es gelang mir nicht. Sein amüsierter Blick lag auf mir.
"Ich bring dich, komm." Sanft legte er seine Hand auf meine Schulter.
"Hör auf nett zu mir zu sein. Damit kann ich nicht umgehen.", wies ich ihn zurecht.
Im Gegensatz zu Blaise ließen mich seine Berührungen etwas fühlen.
Merlin, lass es nur den Feuerwhiskey sein.

"Keine Sorge White, morgen bin ich wieder das Arschloch vom Dienst."
Er führte mich durch die Schüler. Und ich wusste, morgen würden sie reden.
Mein Blick blieb an Pansy und Blaise hängen, die uns beide verdutzt anschauten.
Pansy sah verletzt aus.
"Lass mich bitte mit ihr reden.", flehte ich ihn an.
"Das kannst du immernoch morgen machen."
"Sie wird mich hassen."
"Nein. Sie wird mich hassen."

Bei dem Versuch die Treppen nach oben zu kommen, fiel ich nur dreimal hin.
Und dreimal lachte Draco mich aus, bevor er mir wieder hochhalf.
Dann blieben wir vor der Tür meines Zimmer stehen.
"Dankeschön." Ich nickte mit dem Kopf.
"Für den Geleitschutz, Mr. Eisprinz."
"Eisprinz?" Verwirrung lag in seinem Blick.
"Wenn du nicht wusstest, dass man dich so nennt, solltest du wirklich besser zuhören.", sagte ich und piekte ihm dabei Provokant in die Brust.

Er machte die Tür auf. Ohne darüber nachzudenken steuerte ich direkt aufs Bett zu.
Der Whiskey, der wenige Schlaf und Malfoy gaben eine verdammt tödliche Kombination ab.

Als ich das weiche Bett unter mir spürte, fühlte ich mich gleich besser.
"Das ist das Falsche. Ich glaube, dass da drüben ist deins."
Ich machte eine ablehnende Handbewegung.
"Ist mir sowas von egal. Lass mich hier einfach liegen."
Ich hörte ein leises Lachen.
Und so oft wie heute habe ich ihn noch nie Lachen gesehen.

Dann spürte ich das Gewicht einer Decke über mir - hörte wie die Vorhänge zugezogen wurden.

"Gute Nacht, White. Du hast besser einen Filmriss, damit ich jetzt nicht immer nett zu dir sein muss.", flüsterte er.

"Nett sein steht dir dabei so viel besser. Gute Nacht, Eisprinz."

Dark Paradise - Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt