Kapitel 39

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Vor der großen Halle kam Hermione auf mich zugelaufen. 
Ein breites Grinsen zeichnete sich auf ihren Lippen ab und ich konnte nicht anders als auch zu lächeln. 
"Maura White, ich habe dir geschrieben!", protestierte sie, zog mich aber die nächste Sekunde in eine liebevolle Umarmung. 
"Es tut mir leid, ich war nicht bei mir zu Hause. Ich war bei Draco." 

Dieser tippte nur ungeduldig vom rechten aufs linke Bein und umgekehrt. 
"Granger." sagte er beiläufig. 
"Malfoy.", sagte Hermione. 
Das Eis zwischen den beiden war größer als der Gletscher, der die Titanic zum untergehen gebracht hatte. 

"Heute Abend in der Bibliothek?", fragte sie aufgeregt. Ich nickte. 
"Nichts lieber als das.", erwiderte ich. Sie drückte meine Hand, bevor sie sich wieder abwendete und zu Harry und Ron ging, die auf sie gewartet hatten. 

Draco verschloss seine Hand mit meiner, bevor wir in die große Halle gingen. 
Auch wenn wir schon vor den Ferien ein offizielles Pärchen gewesen waren, waren wir anscheinend auch immer noch eine große Nummer. Einige jüngere Mädchen aus Slytherin fingen augenblicklich an zu tuscheln, als wir an ihnen vorbeiliefen. 
Wie gerne hätte ich sie in ihre Schranken gewiesen, doch ich tat einfach so, als würde ich nicht hören, dass sie meinen Freund den heißesten Typen ganz Hogwarts nannten. 

Blaise, Dain und Pansy saßen bereits an unserem Platz. 
Ob es Dain genauso schwer fiel wie mir, einfach so zu tun als wäre nichts passiert?
Denn mir fiel es unglaublich schwer. Jedes Wort was ich über die Ferien erzählte war Weise gewählt, um mich bloß nicht zu versprechen. 

Ich ließ mich mit einem Schnaufen auf die Bank gegenüber von Pansy fallen. 
"Finden die kleinen Göhren deinen Freund auch so gut wie meinen?", fragte ich sie genervt. 
"Hör bloß auf. Selbst wenn ich genau daneben stehe reden sie über Blaise und tuen so, als würde ich gar nicht existieren." 
"Waren wir auch so schlimm?", fragte ich sie und stützte meinen Kopf auf meinen Händen ab. 
"Ihr wart schlimmer.", mischte sich Dain in das Gespräch ein, grinste uns beide einfach nur frech an. 

Als alle Schüler sich in der großen Halle versammelt hatten, stand Dumbledore auf und trat nach vorne. Sein Blick glitt über die Schüler. Ich hatte das Gefühl, er blieb für einen Moment zu lange an Draco hängen, der seinen Blick jedoch nicht einmal erwiderte. 
"Willkommen zurück. Ich hoffe, sie hatten schöne Weihnachten.", eröffnete er seine Rede. 
Dann erzählte er, was im letzten Jahr wichtig war und was in diesem Jahr wichtig sein würde. Doch seine Reden langweilten mich seit der zweiten Klasse. 

Ich horchte erst wieder auf, als er strengere Sicherheitsvorkehrungen erwähnte. 
"Wie sie alle wissen, lauert die Gefahr auch vor den Toren von Hogwarts. Sie ist real und muss ernst genommen werden. Von jedem. Die Zauber wurden bereits am Anfang des Schuljahres verstärkt, einige Auroren wurden ebenfalls in der Schule eingeteilt. Diese werden jetzt jedoch auf ein doppeltes hochgestuft.", sagte er. 

In der großen Halle hätte man eine Stecknadel fallen hören können, solange bis die breite Flügeltür aufschlug. Einige Männer und Frauen standen vor ihr. Kamen mit gleichem Schritt in die Halle, traten an den Tischen und den Schülern vorbei. 
Vorne angekommen positionierten sie sich vor dem Pult. 
"Merken Sie sich diese Gesichter. Sie sind ihre Freunde, ihre Ansprechpartner in Not. Wenn Sie Hilfe benötigen oder etwas mitbekommen, was ihnen komisch vorkommt, wenden Sie sich an sie oder die anderen Auroren die in der Schule unterwegs sind." 

Die Auroren verbeugten sich kurz und verteilten sich dann zu beiden Seiten der großen Halle. Ich kannte niemanden von ihnen, dabei hatte ich mein Vater einige Male ins Zauberministerium begleitet. 

"Besonders freue ich mich jedoch, jemanden ganz besonderes für einige Zeit in Hogwarts begrüßen zu dürfen. Er ist der höchste Auror, den das Zauberminsterium ausgebildet hat. 
Er ist der Beste und wird einige Zeit über Sie alle wachen." 
Mein Herz stoppte. Setzte nicht nur einen - sondern mehrere Schläge aus. Mein Mund wurde staubtrocken. Ich fing den Blick von Draco auf. Panik stand in seinen Augen. 

"Begrüßen Sie mit mir zusammen Marcus White."
Alle Schüler begannen zu applaudieren, als die Türen ein weiteres Mal aufschlugen. 
Alle Schüler aus Draco, Dain und mir. 

Ich erkannte meinen Vater sofort. Wie konnte ich das auch nicht? 
Er war groß, seine braunen Haaren waren kurz geschoren, eine Narbe zierte seine rechte Gesichtshälfte. Er hatte sein Gewand der Auroren an. Das Siegel der Obrigkeit heftete an seiner linken Brust. 
Stolz und voller Ehrfurcht lief er die lange Gasse entlang. Er strahlte Selbstbewusstsein und Angst aus. Sein Blick nur starr geradeaus gerichtet, während die Schüler um ihn herum anfingen zu reden. 
Er sah immer noch aus wie mein Dad, nur dass er das nicht mehr war.

Einige meiner Mitschüler fingen an mich anzusehen. 
Ich trug seinen Nachnamen. Außerdem war ich seit der ersten Klasse dafür bekannt, dass mein Vater bekannt war. Ich wich jedem Blick aus, außer dem vom Draco. Heftete mich an seinen Augen fest. Seine Hand legte sich unter der Bank auf meinen Oberschenkel. 
"Du musst atmen, Maura.", flüsterte er. Doch meine Lungen wollten sich nicht mit Luft füllen, egal wie oft ich es auch versuchte. 

Ich hatte das Gefühl zu ersticken, als würde sich ein Seil um meinen Hals legen und jemand würde es Stück für Stück enger ziehen. Jemand, dieser jemand war mein Vater. 
Der Applaus verhallte als mein Vater vorne ankam. Mit einem Schritt drehte er sich zu den Schülern um. Sein Blick begann die Bänke abzusuchen, doch ich drehte mich von ihm weg. 
Mein Herz schlug so laut, ich hatte Angst Pansy oder Blaise würden es hören. 

"Jeder dieser Männer und Frauen ist bereit ihnen in schweren Situationen zu helfen und Sie zu beschützen. Zögern Sie also keine Sekunde, einen meiner Männer oder Frauen anzusprechen. Auch bei mir können Sie Hilfe suchen. Dafür sind wir ausgebildet." Seine Stimme erdrückte beinahe die ganze Halle. Sie war laut, dominant und brannte sich in meinen Kopf wie nichts zuvor. 

Dort vorne stand jemand, der sah wie mein Vater, redete wie mein Vater. 
Doch mein Vater war für mich gestorben, am 25. Dezember diesen Jahres. 
Tränen brannten in meinen Augen. Mein Körper drohte zu hyperventilieren. Ich war noch lange nicht bereit dazu ihm gegenüber zu treten. Ihn auch nur anzusehen, geschweige denn mich mit ihm zu unterhalten. Ich war nicht bereit, von ihm zu hören, dass er mich verkauft hatte. Ich war nicht bereit, ihm mein dunkles Mal zu zeigen, welches er mit Verachtung betrachten würde, obwohl er es so gewollt hatte. 
Ich war noch lange nicht bereit. 

Ich lehnte meinen Kopf an Dracos Schulter. Suchte bei ihm Schutz und Sicherheit. 
Er strich mir sanft über die Wange, legte seine Lippen an mein Ohr. 
"Solange ich bei dir bin, wird er nicht in deine Nähe kommen. Das verspreche ich dir.", flüsterte er. Eine Träne rann über meine Wange. Ich schluckte schwer, hielt den Damm zurück der aus mir herausbrechen wollte. 
"Ich bin nicht bereit.", flüsterte ich zurück. Meine Stimme zitterte. 
"Ich weiß, Prinzessin. Das musst du auch nicht. Nicht heute, nicht irgendwann." 

Wieder durchfuhr seine Stimme die Halle. Alle anderen Schüler hingen gespannt an den Lippen des Mannes, der schon so viel erreicht hatte. Vielen sahen ihn als Vorbild für eine grenzenlose Karriere, auch wenn die wenigstens jemals das erreichen würden, was er erreicht hat. 
Falls man das jetzt überhaupt noch wollen würde. 

"Es ist mir eine Ehre, Hogwarts und somit auch meine Tochter, zu beschützen." 

Dark Paradise - Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt