Kapitel 13

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Wir verbrachten den restlichen Abend draußen.
Auf einer kleinen Bank unter einem Baum.
Es wurde zwar von Stunde zu Stunde kälter, doch es war besser, als sich durch den vollen Gemeinschaftsraum zu quetschen. Und am Besten noch dort bleiben zu müssen.
Denn mit Sicherheit war die Party in vollem Gange und Pansy sehr, sehr betrunken.

"Du versprichst mir, dass du mit mir redest, wenn du bereit bist?" , fragte ich, ohne ihn dabei anzusehen. Leider hingen die Sterne heute unter einer dicken Wolkendecke.
Der ganze Hof war in dunkle Schatten gelegt.
Ich sah sein Nicken aus dem Augenwinkel, sein Blick war trotz alledem auf den Himmel fokussiert.

"Kann ich dich was fragen?", flüsterte er.
"Du kannst mich alles fragen, Draco."
Seine Augen lösten sich von den Wolken und glitten zu mir.
"Wieso das alles? Wieso willst du mir helfen?" Die Traurigkeit in seiner Stimme war nicht zu überhören. Er war einsam.
"Weil ich denke, dass du es wert bist. Hinter dieser harten Schale versteckt sich ein weicher Kern. Und für beides habe ich anscheinend eine Schwäche." Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

"Dankeschön." Er bedeckte seine Hand mit meiner.
Und diese kleine Geste durchfuhr meinen Körper mit Wärme.
"Bedank dich, wenn wir es geschafft haben.", murmelte ich.
Das mein Handeln naiv war, wusste ich. Ich hatte keine Ahnung, worauf ich mich einließ, hatte keine Ahnung, was bei den Malfoy's in den Sommerferien passiert war. Draco behielt es vorerst noch für sich. Und trotz der unglaublichen vielen Fragezeichen in meinem Kopf, hatte ich das Gefühl, ihn nicht im Stich lassen zu können.

"Ich werde nicht riskieren, dass dir etwas passiert. Darüber brauchst du dir keine Sorgen machen."
"Woher-?"
"Dein Gesicht verrät dich. Früher hattest du immer eine Maske auf. Aber ich habe das Gefühl, so langsam lässt du sie in meiner Gegenwart fallen. Das gefällt mir. Aber bitte mach dir keine Sorgen." Ich schenkte ihm ein Lächeln, wollte ihn und mich ermutigen.
"Mach ich nicht." Beruhigte ich ihn.
Unwissend, was noch alles vor uns lag.

Die Stille wurde durch lautes Gelächter unterbrochen, als die Tür weit aufgerissen wurde.
Zwei Menschen stolperten auf den Hof. Sobald die Tür hinter ihnen geschlossen war, begannen sie ziemlich doll rumzumachen. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
"Super.", stöhnte Draco genervt.
"Jetzt hat man wohl nicht einmal mehr draußen seine -" Ich unterbrach meinen Satz und lauschte etwas genauer. Stimmengewirr drang an mein Ohr.
"Ist das-?"
"Blaise. Ich höre es auch."
"Mit -?"
"Pansy? Glaube schon."

Ich boxte ihm leicht gegen die Schulter.
"Hör auf meine Sätze zu beenden wie ein altes Ehepaar." Doch er grinste nur frech und rieb sich leicht über die Stelle, die meine Faust getroffen hatte.
"Nehmt euch ein Zimmer. Das ist ja eklig."
Die Stimmen verstummten. Zu gerne würde ich das Bild sehen, welches die beiden jetzt  ab gaben.

"Das ist ein bisschen gruselig.", rief Pansy zurück.
Ich hielt mir die Hand vor den Mund um nicht augenblicklich laut loszulachen.
"Solches Verhalten wird in Hogwarts nicht geduldet.", rief Draco, verstellte dabei aber seine Stimme. Er klang wie eine Mischung aus Dumbledore und Snape.
"Haha. Ihr seid so lustig.", hörte ich jetzt die Stimme von Blaise.

Im selben Moment kamen die beiden um die Ecke.
"Wir haben euch erwischt. Ganz schön ungezogen hier draußen so wild rumzuknutschen."
Die beiden sahen ein wenig Schuldbewusst aus. Obwohl sie das nicht sollten.
Ich war nicht gut für Blaise, Draco war nicht gut für Pansy. Und wenn die beiden das gebraucht hatten, um zueinander zu finden, umso besser.
Nichts wünschte ich mir mehr, als das Pansy glücklich war.
Und Blaise war alles in einem auch wirklich kein schlechter Fang.

"Ihr beide also?" Draco schaute von Blaise zu Pansy und wieder zurück.
Pans zuckte nur mit den Schultern.
"Ihr verpasst eine gute Party drinnen. Es ist kein einziger Erstklässler aufgetaucht."
"Bestimmt weil ihr sie alle vorher schon vergrault habt."
Der Gesichtsausdruck von Blaise verriet mir, dass es wohl wirklich genauso abgelaufen war.
"Dann solltet ihr wohl wieder reingehen.", sagte Draco. Versuchte dabei nicht genervt zu klingen, obwohl ich wusste, dass er es war.
Der Tag war eine emotionale Achterbahn gewesen.
Besonders für ihn.

"Und ihr solltet vielleicht einfach mitkommen?" , fragte Blaise, doch Pansy schien schneller zu verstehen und zog ihn an der Hand in Richtung Eingang.
"Das Zimmer ist heute übrigens besetzt.", rief sie mir noch zu, als sie schon fast wieder drinnen waren.
"Du hattest doch letztens erst -" Aber da fiel die Tür schon mit einem lauten Knall ins Schloss.
"Super. Hat eigentlich noch jemand außer mir eine Mitbewohnerin, die ständig das Zimmer beansprucht, oder geht das nur mir so?", frustriert ließ ich meinen Kopf in den Nacken fallen.

"Ich sag dazu jetzt lieber nichts.", sagte Draco leise. Noch vor nicht all zu langer Zeit war er der Grund, für mein besetztes Zimmer. Wenn ich an unsere Begegnung auf dem Flur denke, kann ich mir kaum vorstellen, dass wir jetzt wirklich zusammen auf dieser Bank saßen.

"Du kannst bei uns schlafen. Ich nehme Blaise sein Bett und du kannst meins haben."
Ein Hauch von Unsicherheit schlich sich in seine Stimme.
"Ich kann mir die Nacht auch wieder in der Bibliothek um die Ohren schlagen. Ist kein Problem, wirklich." Kaum waren die Worte laut ausgesprochen, könnte ich mir dafür selbst in den Arsch treten. Ein Bett wäre toll. Aber ein Zimmer mit Draco?
Versuchung.
Viel zu große Versuchung.
Und ich wusste weder, was wir waren, noch ob wir überhaupt etwas waren.

"Ich akzeptiere kein Nein. Und lasse dich mit Sicherheit nicht in der Bibliothek schlafen, wenn bei mir ein Bett frei ist." Er erhob sich von der Bank und hielt mir seine Hand entgegen.
Widerwillig nahm ich sie. Mit Schwung half er mir hoch.
Ich atmete tief ein - und wieder aus.
"Dir ist bewusst, dass wenn wir jetzt zusammen in den Gemeinschaftsraum gehen - und dann auch noch gemeinsam die Jungstreppe nach oben - während dort eine Party stattfindet."
"Ist mir bewusst, ja. Bei der letzten Party habe ich dich auch nach oben begleitet."
"Aber da bist du 5 Minuten später wieder gegangen.", flüsterte ich.

Wir blieben stehen.
"Wenn du ein Problem damit hast, kannst du mir das sagen."
Seine Augen bohrten sich in meine. Sie leuchteten durch die Nacht.
Und sie waren so wunderschön.
"Nein. Ich dachte nur, dass letzte Mal warst du so sauer darüber, dass Leute denken, dass wir beide." Ich stolperte nur so über meine Worte, während er mich amüsiert anschaute.

"Keine Probleme, also?"
Ich nickte und wir liefen weiter. Ich versuchte mein klopfendes Herz zu beruhigen.
Und für keine Sekunde ließ er meine Hand los.
Aus dem Gemeinschaftsraum drang immer noch Musik. Viel zu viele Schüler waren immer noch wach. Und ich wusste ganz genau, dass man es ihnen morgen früh auch ansehen würde.

Draco zog mich durch die Menge, gut darauf bedacht jedem Blick auszuweichen, der auf uns gerichtet wurde. Ich hörte einige Rufe, als wir die Treppe zu den Jungs-Schlafräumen nach oben gingen. Einerseits konnte ich keinen davon so richtig verstehen, anderseits wollte ich das auch überhaupt nicht. 
Sie hatten mit Sicherheit nichts nettes zu sagen.
Slytherin nun mal.

In seinem Zimmer angekommen, lehnte ich mich für einen Moment gegen die Tür, als ich sie hinter mir schloss. Tief ein - und wieder ausatmen.
Das Zimmer war aufgeräumter als das von uns. Bücher stapelten sich neben einem der Betten und mein Gefühl sagte mir, dass es nicht das Bett von Blaise war.
Dabei hatte ich Draco nie in der Bibliothek gesehen.

"Du kannst das Bett nehmen.", sagte er und zeigte auf das Bett mit den Büchern.
Ein T-Shirt flog mir entgegen und erschrocken fing ich es auf.
"D-Dankeschön."
Ich verschwand mit dem T-Shirt im Badezimmer.
Es war schwarz und eine kleine Schlange zierte die linke Brustseite.
Doch das schlimmste war, es roch nach ihm.
Alles hier roch nach ihm.

Ich zog mich um, spritze mir ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht, bevor ich das Badezimmer wieder verließ. Draco saß auf Blaise seinem Bett. Er trug ein langärmliges Shirt, die Decke war über seine Beine gezogen. Sein Haar fiel ihm unordentlich in die Stirn.
Er sah attraktiv aus, ohne es auch nur ansatzweise zu versuchen.

"Steht dir.", flüsterte er und deutete auf das T-Shirt.
Es bedeckte gerade genug um nicht halbnackt vor ihm zu stehen.
"Könnte kürzer sein für meinen Geschmack.", fügte er mit einem Grinsen hinzu.
Ich verdrehte nur die Augen.
"Langärmlig Draco? Es sind gefühlt 40 Grad in diesem Zimmer."

Ich ließ mich auf sein Bett fallen und musterte ihn skeptisch.
"Hast du ein Problem mit langärmlig?" Er lachte.
"Wenn es kalt ist? Nein. Jetzt? Absolut."

"Ich friere immer. Sommer, Winter. Ganz egal. Aber du kannst sonst auch gerne zum aufwärmen mit ins Bett kommen."

Dark Paradise - Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt