Kapitel 23: Der Tod von Thomas Wallis

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Aus der Sicht von Eric Slingby:

Als ich zurück zur Wohnung kam, klingelte ich bei Alan. Er machte nicht sofort auf, aber inzwischen hatte ich mich daran gewöhnt. Ich wartete. Von innen krachte es laut, dann fiel etwas um. Ich hörte Schritte, dann knallte etwas gegen die Tür. Schließlich machte Alan die Tür auf. "Hi Eric, entschuldige, dass es so lang gedauert hat. Ich war gerade so in den Manga vertieft und dann bin ich über den Teppich gestolpert und..." "Ja, schon gut!" Ich lachte. "Komm, ich helfe dir beim Aufräumen." Gemeinsam hoben wir die Lampe auf und wischten die Scherben weg. Ich legte den Teppich richtig hin und stellte das Miniregal wieder auf, während Alan seine Bücher verstaute. Der Manga lag auf dem Sofa. Ich nahm ihn hoch und las die Seiten, die aufgeschlagen waren. Alan stand neben mir und las mit. "Jetzt verstehe ich, warum du gerade so komisch drauf warst!" Kicherte ich. "Ich selbst war auch mal süchtig nach Black Butler." Alan klappte den Manga zu und ließ ihn auf das Sofatischchen fallen. Er sah noch ungesünder aus als gestern. Er lächelte mich schief an, als er meinen entsetzten Blick bemerkte. "Mir bleiben vielleicht noch 15 Stunden." Sagte er traurig. Und die Zeit verbrachte er allen ernstes mit manga lesen. "Es fehlen nur noch 6, das schaffe ich bestimmt." Beruhigte ich ihn. "Ich muss jetzt los, ich beeile mich." "Bitte komm bald wieder!" Hörte ich ihn noch hinter mir rufen.

Aus der Sicht von Sebastian Michaelis:

Ronald warf einen Blick auf seine Uhr. "Sorry, Sebby," Sagte er. "Ich muss jetzt wieder zu William zurückgehen, unserer stirbt gleich." "Aber was mache ich jetzt? Soll er sterben oder nicht?" Fragte ich nervös. "Mach, wie du denkst." Lächelte Ronald. "Ich kann dir nichts vorschreiben. Aber wenn du dir nicht sicher bist, dann lass ihn einfach sterben. Es sind sowieso die meisten Menschen, die den Tod verdient haben." Ich nickte. Der Shinigami lächelte mir aufmunternd zu. "Viel Erfolg!" Und weg war er. Nur noch eine halbe Stunde und Grell war noch immer nirgends zu sehen. Also beobachtete ich weiterhin Thomas Wallis, der ganz aufgeregt zu sein schien. "In einer halben Stunde stelle ich mein Buch vor... mein Meisterwerk!" Murmelte er vor sich hin, während er hektisch in sein Auto stieg.

Währenddessen bei Alan, aus der Sicht von Eric Slingby:

Ich öffnete die Tür und wäre beinahe in jemanden hineingerannt. "Mr. Cole! Was machen Sie denn hier?" Fragte ich erstaunt, als ich Sebastians Lehrer erkannte. Alan spähte neugierig über meine Schulter. "Hier bist du also, Eric. Das hast du im Büro der Direktors liegen gelassen, bevor du gegengen bist, ich wollte es dir nur schnell vorbeibringen." Er drückte mir meine Death Scythe in die Hand. "Hoppla, wie konnte ich die nur vergessen?" Murmelte ich schuldbewusst. Ich war mir ganz sicher, dass ich sie dabeihatte, als ich wieder nach Hause gekommen bin. Aber Mr. Cole ist sicher nicht bei mir eingebrochen, warum sollte er? Trotzdem war es seltsam. Mr. Cole lächelte düster. "Ja, ich bin mir ganz sicher, dass du die nochmal brauchst!" Irgendetwas an seinem Lächeln beunruhigte mich. Ich habe noch nie erlebt, wie ein Shinigami ein so teuflisches Lächeln hervorbringen konnte. Aber Mr. Cole war schon immer etwas anders.

Alan hatte inzwischen den Staubsauger geholt, um die restlichen kleinen Scherben wegzusaugen. "Oh, igitt..." murmelte er zu sich selbst, und entfernte mit dem Staubsauger eine Spinne, mitsamt dem Netz. Mr. Cole wurde noch bleicher, als er ohnehin schon war. "Um himmels Willen, was tust du denn da!" Schrie er. Alan zuckte verwirrt zusammen. "Äh, Mr. Cole, stimmt etwas nicht?" Fragte ich besorgt. Er schien Spinnen doch sehr zu lieben. "Nein... entschuldige, alles in Ordnung, mach nur weiter." "Geht es Ihnen wirklich gut? Sind sie vielleicht krank?" Wollte nun auch Alan wissen. "Nein. Ich habe mich nur versprochen, was ich eigentlich sagen wollte: wie geht es dir?" Alan brachte vor Verwirrung kein Wort mehr heraus. "Öhm.." fing er an. Ich fiel ihm ins Wort. "Ihm geht es schon bald viel besser, stimmts, Alan? So, jetzt muss ich aber gehen, ich hab noch was zu erledigen. Bis nachher, Alan!" Ich schubste Mr. Cole vor mir her zur Tür.

Aus der Sicht von Sebastian Michaelis

Jetzt sind es nur noch 10 Minuten. Thomas Wallis fluchte. Sein Auto sprang nicht an. Er versuchte es mehrmals, aber der Wagen klapperte nur, bis er gar nicht mehr reagierte. Das Subjekt knallte wütend die Autotür zu und rannte los. Er dachte wohl, er würde es auch ohne Auto noch rechtzeitig schaffen. Ich lief schnell hinterher. So schnell er konnte rannte er die Straße entlang. Über einige rote Ampeln und an hupenden Autos vorbei, bis er ein Bahngleis erreichte. Ich machte mich bereit. Die Schranken senkten sich schon langsam nach unten, aber der dumme Mensch rutschte im letzten Moment darunter durch. Dabei fiel sein Buch in den Dreck und blieb in den Gleisen hängen. Es war sein Lebenswerk. Er würde es nicht zurücklassen wollen. "Mein Buch!" Er zerrte daran, bis er es schließlich herausgeholt hatte. Inzwischen hatten sich schon einige Menschen an die Schranken gedrängt. "Junger Mann, gehen Sie schnell da runter! Der Zug kommt in jedem Moment, das ist gefährlich!" Schrie eine ältere Dame. Das Vibrieren auf den Gleisen wurde immer stärker. Dem Mensch blieb nicht mehr viel Zeit. Er sah auf, in Richtung des Zuges, der sich mit rasender Geschwindigkeit näherte. "Miau!" Ich zuckte zusammen. Die Katze! Sie ist mir gefolgt und sitzt jetzt auf den Gleisen! Der Zug ratterte schnell heran. Ich schnappte mir die Katze und sprang auf die andere Seite. Für Thomas Wallis war es leider zu spät. Durch mein Eingreifen war er so verblüfft, dass er nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte. Er wurde vom Zug überrollt. Ich seufzte. Menschen sind schwache Wesen, die keine guten Reflexe haben. Zudem sind sie dumm und egoistisch. Aus diesem Grund bin ich doch irgendwie froh, jetzt einen Shinigami als Herrn zu besitzen, und keinen Menschen. Ich ließ die aufgeschreckte Katze runter und lief zu den Überresten der Leiche. Ich hackte meine Sense in seinen Körper und sprang dann auf ein Dach, um von dort aus die appetitliche Seele einzufangen. Das Subjekt war ganz schön hartnäckig, es klammerte sich an sein Leben. Er wollte noch nicht tot sein und seine Seele begann, sich zu wehren. Sie zappelte so heftig herum, dass mir die Brille weggeschlagen wurde. Ich hatte mich schon so sehr an diese Brille gewöhnt, dass ich im ersten Moment überhaupt nichts mehr erkennen konnte. Verdammt, so konnte ich doch nicht arbeiten! "Meine Brille..." setzte ich an. Doch der silberne Faden schlang sich um mein Bein und riss mich um. Ich musste noch aufpassen, dass ich nicht vom Dach fiel! Mit der Berührung des silbernen Cinematic Records schossen alle Erinnerungen dieses Menschen auf mich ein. Ich sah alles, von der Geburt, zur Hochzeit, bis hin zum Zugunglück. Ich erlebte alle glücklichen und schmerzvollen Momente eines Lebens in einem einzigen Augenblick, sodass es schon richtig wehtat. Als es schon fast unerträglich wurde, hörte plötzlich alles auf und mein Blick wurde wieder klar. Der silberne Faden ist durchtrennt worden! Ich lag auf dem Dach, an dem uch mich festgekrallt hatte, vor mir waren ein paar knallrote Highheels zu sehen. "Grell!" Er hielt meine Brille in der Hand, beugte sich zu mir hinab und setzte sie mir auf. "Pass gut auf deine Brille auf!" Grinste er und stand auf. "Lass gefälligst die Finger von meinem Mann, du dreister Dieb, hast du mich verstanden!" Schrie er den Cinematic Record an. Der konnte natürlich nicht antworten. Genervt richtete ich mich auf. "Wen meinst du hier mit 'meinem Mann'?" Grummelte ich. Er hatte mich gerettet, aber trotzdem hatte seine Anwesenheit etwas Unerträgliches an sich. Der Cinematic Record holte schon wieder aus. Schnell sprang ich zur Seite, und der Faden schlang sich um Grell. "Oh, du willst mich an dich binden? Das wird dir nichts nützen!" Er schlug die Seele mit seiner Sense ab. Ich sprang vor um sie aufzufangen. Unglaublich, dass ein Mensch eine solche Willensstärke haben kann, dachte ich. Doch aus der Nähe betrachtet sah diese Seele sehr appetitlich aus. Typisch für mich. Grell trat hinter mich. "Sollen wir sie nicht langsam gehen lassen, was meinst du?" Schlug er vor. Ich nickte. Grell legte seine Sense unter meine, auf der die Seele waberte. "Ein erhebendes Gefühl, unsere erste gemeinsame Arbeit!!" Rief er erregt. "Was soll das denn heißen?!" Zischte ich angewiedert. Wir schleuderten die Seele gemeinsam in die Luft. Wenn ich sie schon nicht essen durfte, wollte ich das hier wenigstens schmell hinter mich bringen. Also sprang ich hoch und erledigte meine Arbeit.

Black Butler - Another TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt