Kapitel 19: Thomas Wallis

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"Nach all den Jahren ist dieser Planet nur noch schmutziger geworden. Die Menschen merken nicht einmal, wie sie ihn zerstören." Meinte Grell. Er stand mit mir auf dem Dach eines Hauses und beobachtete mit einem Fernglas die Menschen. Shinigamis sind bekanntlicherweise sehr kurzsichtig, was wir Teufel mit dem größten Vergnügen ausnutzen können. Aber jetzt stand ich ebenfalls hier mit einem Fernglas. Manchmal hasse ich meine Arbeit. "Ich hab ihn." Sagte ich. Grell schnappte sich mein Fernglas und sah hindurch. "Er ist es. Thomas Wallis, ein junger Mann, der Schriftsteller werden will." Erklärte ich. "Der Typ?" Grell zeigte auf den Mann, der hinter einem Fenster am Schreibtisch saß und verträumt hinausstarrte. Ich nickte. Grell schlug das Death Note auf. "Ein einfacher Schriftsteller. Von denen gibt es doch genug. Er sieht nicht einmal annähernd aufregend oder männlich aus, das bedeutet, er kann sterben." Grell wollte schon den Stempel draufdrücken, aber ich riss ihm schnell das Buch weg. "Wir urteilen hier nicht nach deinen Kriterien, Grell! Wir werden ihn eine Woche lang überprüfen." Grell sah mich finster an. "Willst du damit sagen, dass dieser Lulatsch dich erregt? Wie kannst du es wagen! Mich abweisen- und dich dann mit so einem Milchbubi abgeben?" Schniefte er. Ich seufzte. Gegen Grells grellische Art kann man nichts machen. "Ich sagte nicht, dass... ach, vergiss es. Warte einfach noch ein paar Tage, und lass mich das machen. Ohne dich gehts ja doch schneller." murmelte ich.

Grells Bick wurde wütend. "Sebastian! Ich hasse dich, aber auf eine Art, wie sich nur Liebende hassen können. Deshalb würde ich dich jetzt so gerne aufschlitzen, wenn es dir recht ist." Ich unterdrückte ein Lachen. Wenigstens fragt er höflich nach, bevor er mich aufschlitzt. Grell stampfte wütend auf einen Dachziegel. "Das ist deine Schuld, wenn du nicht so wärst, wie du bist, würde ich nicht so wirres Zeug reden!" Ich war überrascht. "Dass du es tatsächlich selbst bemerkst, wenn du verrückt bist, ist für mich die größte Überraschung des Tages." Grell fauchte leise. "Ich liebe dich, aber ich hasse dich so sehr. Ganz egal, wie gut du aussiehst, du hast eine sehr dunkle Aura. Ich weiß ganz genau, dass mit dir etwas nicht stimmt, mein süßer Basti! Aber das werde ich noch herausfinden!!" Er grinste, sodass seine spitzen Zähne aufblitzten, und richtete seine Sense auf mich. Ich wich nach hinten aus. "Wer ist dein Zahnarzt? Das sieht... ungesund aus, wenn ich das mal so bezeichnen darf." Grell blieb abrupt stehen. "WAS FÄLLT DIR EIN?! Das sind echte Lady-zähne! Du bist so gemein zu mir!" Schrie er empört und holte wutentbrannt mit der Sense nach mir aus. Elegant sprang ich über ihn hinweg und kickte ihn von hinten vom Dach. Unten kam er hart auf der Straße auf, wodurch er die Sense losließ und erschrocken nach Luft schnappte. Den Partner zu verletzen könnte sich negativ auf die Bewertung auswirken, das war mir natürlich bewusst. Aber ich handle hier schließlich nur in Notwehr, also konnte ich diesen Tritt vom Dach voll und ganz genießen.

Der Shinigami war schnell wieder auf den Beinen, doch schon war ich über ihm. Er hatte keine Möglichkeit mehr, zu fliehen. "Ich meine es ernst," sagte ich leise. "es ist zwar wahr, dass ich möglicherweise nicht das bin, was andere von mir denken. Aber das hat dich nicht zu interessieren, denn im Moment bin ich nur ein teuflisch guter Shinigami. Ich würde keine Sekunde lang zögern, dich zu beseitigen, solltest du vorhaben, irgendjemandem deinen möglichen Verdacht mitzuteilen." Und nur, um auch ganz sichergehen zu können, fügte ich noch hinzu: "Ich glaube, das würde auch unserer Beziehung schaden..." als Kumpels, versteht sich. Oder genauer gesagt, der Weg zum Kumpel-werden. Ich konnte ihn einfach nicht ausstehen.

"Sebastian..." Grell schluckte. Dann strahlte er mich mit seinen neongrünen Augen an. "Dein Blick macht mich ganz hibbelig! Ich glaube, ich könnte Kinder mit dir haben...!!"

Nach einer Weile hatte ich es schließlich geschafft, Grell loszuwerden. Ich wusste nicht, was er gerade tat, ehrlich gesagt war mir das völlig egal, hauptsache dieser Perverse lässt mich endlich in Ruhe. Ich vermutete, dass er gerade eigene Ermittlungen über Thomas Wallis anstellte, wenn er überhaupt noch arbeitete. Ich seufzte genervt. Dieser Shinigami ist wirklich zu nichts zu gebrauchen.

Inzwischen hatte ich schon einiges über Thomas Wallis herausgefunden. Er lebte ganz alleine in einem kleinen Haus. Tagsüber arbeitete er in einer Druckerei und abends bis nachts schrieb er an seinem Roman. Arbeiten und Bücher schreiben. Das war sein ganzes Leben. Ich beobachtete ihn schon seit fünf Tagen, er hat bis jetzt kaum etwas anderes getan. Wie soll ich da nur entscheiden, ob er den Tod verdient hat, oder nicht?
Einen Vorteil hatte es doch, dass Grell abgehauen ist. So konnte ich noch in aller Ruhe bei Gelegenheit ein paar Seelen für Alan sammeln.

Black Butler - Another TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt