28. Kapitel

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      Nun waren diese Worte gesagt und das Chaos brach aus. Eine dunkle Welle an Magie fuhr durch den Raum und noch mehr Tiere strömten hinein. Ein spitzer Schrei durchriss die eingetretene Stille und Blut spritzte, als ein Tier sich auf einen Werwolf stürzte. Scharfe Zähne bohrten sich in seine Halsschlagader. Von den Zähnen tropfte etwas, das wie... Silber aussah, was Gift für Werwölfe war.
     Eine Sekunde später lag der Mann tot am Boden und Jax stieß ein lautes Knurren aus, was die dunkle, wabernde Masse, zu der es geworden war, nur lachen ließ. »Du kannst mich nicht aufhalten, Jax. Niemals. Dein Rudel wird sterben. Inklusive dir.«
     Die Stimme hörte sich plötzlich uralt an, ganz anders. Nicht mehr nach Jesiba. Vermutlich, weil die Magie ihren Körper nutzte, um sich zu entfalten. Das hier, dachte ich, war die schwarze Magie selbst. In ihrer Form.
     Dunkel Schlieren waberten wie Tinte durch ein Wasserglas und breiteten sich im Raum aus, verdeckten jegliches Licht von draußen. Nur das magische Feuer und das magische Licht spendeten noch Helligkeit, damit wir etwas sehen konnten. Doch das, was zu sehen war, versprach nichts Gutes.

     »Er hatte eine Frau und ein Kind!«, fauchte Jax. Ein kaltes, höhnisches Lachen ertönte. »Was willst du tun, Jax? Du bist der Alpha. Wenn du dich als erstes stellst, töte ich weniger oder verschone sie alle.«

      Hinter Jax knurrte jemand. Ryker. »Das glaubst du ja wohl selbst nicht. Jax, hör nicht auf dieses Ding. Es wird uns alle töten. Du gehst nicht zuerst.«

     Jax drehte sich zu ihm. »Ich bin der Alpha dieses Rudels. Der Alpha geht zuerst.«

     »Was für ein Quatsch. Du kämpfst bis zum bitteren Ende und stellst dich diesem Ding nicht, nur weil du ehrenhaft sein willst. Denk an Oria.«

     Jax' Blick schoss zu mir, während ich ihn nur hatte anstarren können. Tränen hatten sich in meinen Augen gesammelt, was ich erst bemerkte, als ich blinzeln musste, um ihn richtig und nicht verschwommen zu erkennen.

      »Oh wie rührend. Gefährte und Gefährtin. Aber noch nicht verbunden bis in alle Ewigkeit. Tja, dann wird sein Tod dich nicht gleich umbringen, Oria«, säuselte diese alte Stimme. Ich drehte mich um und sah dieses Etwas grimmig an.

     »Du hast keine Ahnung von Gefühlen, nicht wahr?«

     »Und ob. Ich kenne das Bedürfnis nach Freiheit und das Gefühl von wahrer, heißer Wut und den Durst nach Rache.«

      »Aber von Liebe hast du wohl keine Ahnung.«

     Stille senkte sich über den Raum. Die dunkle Magie sah mich an und ich spürte, wie Jax mich ansah. Wir hatten das nie gesagt. Hatten nie... hatten uns das nie gesagt, aber in diesem Moment spürte ich es. Tief in meinem Herzen.

     »Einst wusste ich, was Liebe war. Die Hexen liebten mich. Liebten das, was sie mit mir tun konnten und dann... dann gingen sie weiter, nahmen sich alles von mir, was sie hatten und... es war zu viel für sie. Aus Liebe wurde Angst und dann langsam Hass. Meine Liebe blieb, doch sie traten sie mit Füßen und sperrten mich ein. Dafür triumphiert die helle Magie. Ich kann sie hören. Wie sie mich auslacht. Lacht, weil ich die Hexen geliebt habe und mich an meiner Naivität verbrannt habe. Die helle Magie kann euch nicht mehr geben, als sie euch gibt, doch ich... ich habe alles gegeben was ich hatte. In der Hoffnung, dass man mich so lieben würde. Doch niemand liebt mich, während die helle Magie geliebt wird, nur weil sie sicherer ist. Wenn man weiß, wie man mich richtig benutzt, dann bin ich nicht gefährlich. Ich will doch nur, dass das jemand sieht.«

     Mit der dunklen Magie zu sprechen war merkwürdig. In den alten Schriften hatte ich immer wieder gelesen, dass diese Magie lebte. Dass jede Magie lebte und nur so Magie entstand. Nur das Leben in ihr. Das, was die dunkle Magie da erzählte, traf mich mitten ins Herz, doch ich wusste nicht, ob ich dem ganzen Glauben schenken konnte. Es hörte sich... falsch an. Zumindest hegte ich Zweifel an den Worten. Da ich mir nicht vorstellen konnte, dass die dunkle Magie so... so menschlich sein konnte. So voller Gefühlen. Es ergab in meinen Augen keinen Sinn. Es machte einfach keinen Sinn.

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