29. Kapitel

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      Es stellte sich heraus, dass mein Zeitfenster sehr klein war. Viel zu klein, um alles zu durchsuchen. Die Kette war Jesiba nicht herabgefallen und sie hatte sie sicher an einen anderen Ort gelegt, als an den Ort des Obsidiansteines. Die Frage war nur, wo. Mir wollte beim besten Willen kein Ort einfallen und ich wusste auch nicht, ob die Kette reichen würde. Die Kette hatte einen dunklen Stein.
     Immer hatte ich gedacht, dass der dunkle Stein einfach nur ein Stein sei, denn er sah von außen nicht nach Obsidian aus, sondern nach etwas anderem. Doch jetzt, wo ich so darüber nachdachte, konnte es sehr wohl Obsidian sein.
     Jax und die anderen wusste nicht genau, was ich suchte. Laut hatte ich gesagt, dass ich nach einem Weg suchen würde, um durch die Tür zu kommen, doch das stimmte natürlich nicht. Dies war vergebens. Selbst Jerome hatte mir versichert, dass das nicht so leicht gehen würde, wenn die geballte Macht der schwarzen Magie es zu verhindern versuchte.

      Auch das wusste ich. Doch es musste einen Weg geben, die Kette zu finden. Es musste einfach. Die Frage war nur, was dann passieren würde. Wenn wir die Kette hatten... was würden wir dann damit machen? Schließlich kannten wir keine Sprüche und ich war keine Hexe. Ich konnte nicht hexen. So viel stand fest.
     Zwar konnte ich mit einer Waffe umgehen, doch eine Waffe konnte gegen Magie nicht viel ausrichten. Also lief ich los, durch das Haus, auf der Suche nach einer Kette mit einem Stein aus Obsidian.
     Die Zeit, die ich hatte, war begrenzt. Die anderen hatten vereinbart, alle durchs Haus zu gehen und gegen die Tür zu hämmern, um die Magie abzulenken. Das Gefühl, gegen eine lebende Magie zu kämpfen war noch immer befremdlich.

     Jax war nicht begeistert gewesen, als ich ihm gesagt hatte, dass ich das allein machen musste. Seine Arme hatten sich noch einmal fest um mich geschlungen, als könnte er mich für immer an seinem Körper behalten.
     Doch ich dachte nicht daran, heute zu sterben. Nicht jetzt, wo ich gerade verstanden hatte, was ich für ihn empfand. Nein. Heute würde ich nicht sterben und auch in den nächsten Jahren nicht. Ich wollte, nein musste leben. Musste bei ihm bleiben und er bei mir.
     Jax war sehr lange von vielen nicht verstanden worden, andere hatten Angst vor seinen Tattoos, doch wenn man in seinen wahren Kern blickte, dann erkannte man den wahren Jax. Äußerlich wirkte er düster, innerlich war er ein Goldschatz, den ich nicht mehr gehen lassen durfte. Schließlich war es Jax.

     Und für ihn und die anderen begab ich mich auf die Suche. Ich sah in vielen Zimmer nach, doch fand nichts. Also ging ich in das Gästezimmer, in dem Jesiba geschlafen hatte. Schmuck bewahrte man meistens dort auf. Doch egal wie oft ich die Schubbladen durchsuchte und egal wie oft ich unterm Bett, in der Matratze, im Kissen und in anderen Dingen nachsah, ich fand die Kette nicht.
     Panik und Angst flatterte in meinem Bauch auf. Wenn ich die Kette nicht fand... der Ausgang der Geschichte würde endlos sein, aber nicht zu unserem Gunsten. Die Panik drohte mir mit ihren kalten Schlieren das Gehirn zu vernebeln, doch das konnte und durfte ich nicht zulassen. Nein. Das konnte ich nicht zulassen. Es ging einfach nicht. Wenn ich das jetzt tun würde... Aufgeben ging nicht. Denn das würde alle nur noch mehr in Gefahr bringen und das war nicht gut.
    Verzweifelt durchwühlte ich den Schrank, doch dieser war leer. Um die Panik zu verdrängen ging ich tief in mich hinein und dachte nach. Horchte, was Jesiba tun würde, wenn sie eine Kette verstecken wollte. Ich sah ein Fest vor mir. Jesiba saß neben mir und die Kette baumelte über ihrem Dekolte. Der schwarze Stein leuchtete im Licht. Fieberhaft wartete ich darauf, dass noch mehr passieren würde, doch nichts geschah. Also half diese Erinnerung nicht. Die nächste war genauso wenig hilfreich, denn dort legte Jesiba sich die Kette nur nach dem Schlafengehen an. Doch da... da kratzte etwas an meinem Geist und eine Erinnerung wurde scharf. Ein Ritual aus meiner Kindheit stach mir ins Auge. Wie ich Jesiba in der Früh am Waschbecken beobachtet hatte.

     Ihre Kette schimmerte im Licht der Lampe und funkelte, als sie sie zum Waschen ablegte. Sie warf mir einen Blick zu.

     »Schmuck sollte man beim Waschen immer ablegen, genau wie beim Schlafen. Allerdings habe ich immer das Bedürfnis die Kette gleich nach dem Aufstehen einzulegen, bevor ich ins Bad gehe, da ich sie nicht im Schlafzimmer lassen möchte und das Gewicht um meinen Hals schön vertraut ist und mich beruhigt«, hatte sie mir erklärt. Damit fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

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