Die Musikalische

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Ich weiß noch nicht genau, wie ich mein heutiges Treffen überleben soll. Die liebe Anna mag keine Gummibärchen. Und ich hab' extra im Gummibärenland einen Zwischenstopp eingelegt, um mich mit den richtig guten Dingern kiloweise einzudecken, denn ich brauchte neuen Computer-Food!

Also lege ich schön brav eine Decke drüber, wie wenn ich Wein über eine Landesgrenze schmuggeln möchte. Heute ist auch eine andere Premiere. Anna_Valentin hat mich zu sich nachhause eingeladen. Wow, das erste Mal bei jemandem zuhause.

Kurz vor neun Uhr morgens treffe ich, Plappermaul-Navi 'Kathrin' sei Dank, vor Ort ein und parke vor dem Haus. Es ist eine ruhige, gemütliche Ortschaft. Hier lässt sich leben. Neben dem Haus steht die St. Martinskirche, die zu den Urkirchen zählt und bis in die Zeit der Christianisierung der Franken zurückreicht. Bereits 1275 waren hier ein Pfarrer und ein Vikar tätig. Das Pfarrhaus unterhalb des Hauses ist von 1757, die Alte Schule neben der Kirche soll um 1780 erbaut worden sein.

Im Mittelalter hat sich hier, auf der „Ecke des Berges" eine Burg befunden und immer, wenn Anna im Garten arbeite, hoffe sie, auf einen vergrabenen Ritterschatz zu stoßen .... Bisher leider ohne Erfolg, wie sie mir in der Vorbereitung berichtet hat.

Ich klingle. Sie ist leicht größer als ich, hat dunkelbraune, lange Haare und einige Sommersprossen, die sympathische Frau, welche die Tür öffnet.

"Hallo Chris! Hast du gut hergefunden?"

"Ja, die liebe Kathrin hat mich geführt. Hallo Anna, freut mich, dass ich herkommen darf." Als ich ihren erstaunten und suchenden Blick bemerke, erkläre ich ihr, dass Kathrin mein Navi sei, worauf sie lacht.

"Komm herein, bitte."

"Ich weiß, dass du Schokolade magst und habe dir etwas mitgebracht, das du hier nicht kaufen kannst. Es ist selbstgemachte Schokolade. Von den rohen Bohnen bis zum fertigen Produkt. Ich hoffe, du magst sie. Die Bohnen sind übrigens ein Direktimport von einer Bio-Kakao-Plantage in Afrika."

"Du stellst selber Schokolade her?" Sie nimmt mein Geschenk mit leuchtenden Augen strahlend entgegen.

"Nein, aber der Freund einer meiner Nichten. Er will sich selbständig machen und sucht Schleckmäuler, die von seiner Schokolade schwärmen", scherze ich.

Anna führt mich auf die Terrasse. Auf dem großen Gartentisch sind zwei Gedecke nebeneinander vorbereitet. Ich begreife erst, als ich den Ausblick betrachte, weshalb die Gedecke nebeneinander liegen: So können wir beide die Aussicht genießen, während wir frühstücken und plaudern. Wir blicken über das Tal eines Flusses, an dessen beiden Ufern sich das Dorf ausbreitet. Dahinter erstrecken sich gelbe Felder, grüne Wiesen, Bäume und Wälder, bis man schließlich am Horizont die Silhouette der Alpengebirgskette erkennen kann. Nicht immer, aber bei entsprechender Witterung mit Fernsicht. Und wir haben heute Glück. Es ist herrlich.

"Was darf ich dir bringen?"

"Am liebsten einen Cappuccino, wenn es keine Umstände macht."

Auf dem Tisch befinden sich frische Brötchen, Wurst und Käse aus dem Dorfladen, selbstgemachtes Holunderblütengelee aus den Blüten des großen Holunderbusches, der sich rechts der Terrasse befindet, sowie Tomaten und Himbeeren aus Annas Garten.

"Wenn du magst, können wir später noch eine Johannisbeerschorle trinken. Den Johannisbeersaft habe ich vor ein paar Wochen mit Beeren aus unserem Beerengarten hergestellt." und schon schwirrt sie ab, die quirlige Hausherrin. ich bleibe überwältigt sitzen, staune und genieße. Es hat sich definitiv gelohnt, um fünf Uhr aufzustehen.

Anna schwirrt herbei und setzt sich neben mich.

"Ihr habt es sehr schön hier!"

"Ja, unser Haus ist auf den ersten Lageplänen des Dorfes aus dem Jahr 1837 bereits eingezeichnet. Allerdings stammt nur noch der Gewölbekeller aus dieser Zeit. Alles andere wurde schon so oft umgebaut, zuletzt von meinem Mann und mir, dass es nun aussieht wie ein Neubau."

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