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[•Celést•]

,,Und du willst wirklich nicht mitkommen?" Seit zehn Minuten versuchte Miriana, mich zu überreden, mitfeiern zu gehen. ,,Nein, ich möchte nicht. Mir geht es nicht gut." Meine Stimme klang erschöpft, was ich auch wach, denn wir sind erst heute in unserem neuen Zuhause angekommen. Miriana nickte, jedoch blieb die Besorgnis in ihren Augen deutlich zu erkennen.
,,Dann sollte ich hier bleiben! Ja, wenn es dir nicht gut geht brauchst du eine Ärztin an deiner Seite, die sich um dich kümmert." Sie versuchte zu scherzen, aber ich merkte, dass sie mich wirklich nicht alleine lassen wollte. Ein schwaches Lächeln huschte über meine Lippen. ,,Fake-Ärztin", murmelte Amira, während sie vor dem Spiegel stand und gerade ihren Lippenstift zog. Empört schnappte Miriane nach Luft. ,,Ich bin eine echte Ärztin, Amira", erwiderte sie trotzig und setze sich neben mich.

,,Jaja, was auch immer." meine beste Freundin warf noch einen prüfenden Blick in den Spiegel. Ihre braunen Haare fielen ihr perfekt über die Schulter, diesmal glatt-obwohl ich ihr immer sage, dass ihre Locken ihr viel besser standen. Das schwarze Partykleid schmiege sich wie eine zweite Haut an ihren Körper, betonte jeder ihrer Bewegungen. Die hohen Schuhe, der Schmuck- alles saß makellos. Doch hinter dieser perfekten Fassade verbarg sich mehr.

Sie- Wir alle trugen unsere Narben, auch wenn sie von außen nicht sichtbar waren.

,,Wenn ihr nicht sofort runterkommt, fahren wir ohne euch!" Valerias genervte Stimme hallte durch das Haus und riss uns aus dem Gespräch. ,,Wir sollten los, sei meinen es ernst." Grinsend sprühte Ela sich ein letztes Mal mit Parfüm ein. Bevor sie ging, drückte sie mir wie immer einen Kuss auf die Wange. ,,Na los, geht schon." Amira schnappte sich ihre Tasche und verschwand. ,,Miriana, geh einfach. Außerdem hätte ich sowieso keine Zeit, mich fertig zu machen." Ich verdrehte die Augen und musterte mein eigenes Erscheinungsbild: die lächerliche weiß-rote Schlafhose und das weiß Unterhemd. ,,Ruh dich aus." Sie umarmte mich kurz, ehe sie mir noch einen besorgten Blick zuwarf und ebenfalls ging.

Als die Haustür sich schloss, fiel die Stille über mich wie ein schwerer Mantel. Ich seufzte, lief in die Küche und schnappte mir den halb leeren Pizzakarton. Zurück in meinem Zimmer ließ ich mich auf das Bett fallen, schaltete Henry Danger ein und versuchte, mich abzulenken.

***

Das Klingeln meines Handys riss mich aus dem Schlaf. Verschlafen tastete ich danach. ,,Ja?" murmelte ich, meine Stimme heiser. Meine Augen blinzelten gegen die Dunkelheit des Zimmers an. Es war mitten in der Nacht- wer zum Teufel Rief um diese Uhrzeit an?

,,Hey Celést, na, wie geht's dir so?" Valeria Stimme klang unsicher, beinahe nervös. Ich schnaubte wütend und richtete mich im Bett auf ,,Was willst du, Valeria?" ,,Celést, ich meine es ernst diesmal. Es war nicht meine Schuld, wirklich nicht. Nur... ich war es nicht allein, verstehst du? Es ist.." ,,Ich leg auf", drohte ich kühl, doch dann hörte ich aufgeregte Stimmen im Hintergrund. ,,Warte!" Ihre Stimme überschlug sich beinahe vor Panik. ,,Komm zum Punkt, Valeria!" zischte Ela dazwischen. ,,Sag du es ihr doch!" drängte Valeria weiter, bis schließlich Miriana das Gespräch übernahm.
,,Celést, wir haben ein ernstes Problem- die Mafia sucht uns. Kannst du bitte kommen? Wir schicken dir unseren Standort. Bring Klamotten und Schuhe mit, ja? Wir rufen schon den Piloten. Byeee!" Ehe ich auch nur ein Wort sagen konnte, legte die Blondine auf. Ich blieb einen Moment wie erstarrt sitzen, meine Gedanken rasten. Das Wort ,,Mafia" hallte in meinem Kopf wider, ein schrilles Echo, das nicht enden wollte.

Wieso immer wir?
Was, wenn einer von uns stirbt?
Was, wenn ich sie nicht rechtzeitig erreiche?

Mein Atem beschleunigte sich, Panik stieg in mir auf. Schwarze Punkten tanzten vor meinen Augen. ,,Beruhig dich, Celést", flüsterte ich. Meine Hand griff reflexartig nach der goldenen Kette um meinen Hals. Sie war kühl, beruhigend.  Okthevia hatte sie uns geschenkt, als Zeichen unsere Freundschaft -und unserer gemeinsamen Freiheit. Eine goldene Herzkette, auf der Außenseite war jeder Anfangsbuchstabe unserer Namen eingraviert. Diese Kette war mehr als nur Schmuck; sie war ein Versprechen, dass wir immer füreinander da sein werden. Egal, was passiert.
Tief durchatmen stand ich auf und lief in mein Ankleidezimmer. Ich öffnete die kleine versteckte Tür hinter der wir all unsere ,,Notfallausrüstung" aufbewahrten. Waffen, Munition, Messer -alles, was wir im Ernstfall brauchten. Hektische stopfte ich so viel wie möglich in die Tasche, warf noch Kleidung hinterher und eilte zurück ins Schlafzimmer. Mein Herz schlug wie ein Vorschlaghammer in meiner Brust. Unten zog ich mir hastig meine Sneakers an, schnappte mir die Autoschlüssel und lief zur Garage. Die kalte Nachtluft brannte auf meiner Haut, doch ich achtete nicht darauf. Endlich in der Garage angekommen, stieg ich ins Auto und startete den Motor.

Amo A La MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt