Kapitel 30

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Als die Soldaten aus Edoras mit Théoden, Lumiel, Éomer, Aragorn und Legolas und Gimli an der Spitze in Dunharg eintrafen, herrschte reges Treiben: Überall liefen und ritten Männer herum, Karren wurden von hier nach dort gezogen, man bereitete sich auf den Ritt nach Gondor vor.
"Macht Platz für den König und die Prinzessin!", rief jemand und die Männer machten einen Weg frei, damit die Ankommenden vorbeireiten konnten.
Sitzende erhoben sich, um Théoden und Lumiel, die die Soldaten mit Handzeichen und Kopfnicken grüßten, Respekt zu zollen.
"Mein Herr!"
"Prinzessin!"
"Heil, mein Herr!"
"Heil der heimgekehrten Prinzessin!"
Lumiel wurde fast schlecht ob der Euphorie, die ihre Ankunft in den Soldaten hervorrief. Sie wussten nicht, dass sie nicht wirklich ihre Prinzessin war. Sie wussten nicht, dass sie niemals ihre Königin werden würde. Sie wussten nicht, dass sie nicht plante, nach dem Krieg nach Rohan zurückzukehren.
Théoden riss sie aus ihren Gedanken: "Grimbold, wie viele?"
"Ich bringe fünfhundert Männer aus der Westfold, mein Herr!"
"Wir haben dreihundert weitere aus der Fenmark, Théoden, König."
Lumiel runzelte die Stirn.
"Wo sind die Reiter vom Schneeborn?", fragte sie.
"Es sind keine eingetroffen, Herrin."
Na, das waren ja tolle Aussichten.

Sie ritten weiter durch das Lager und ließen sich sagen, wie viele aus welchen Teilen Rohans gekommen waren.
Ihr eigenes Lager war auf einer Felsplattform auf dem Berg aufgeschlagen worden.

Lumiel hatte Donnerhuf an einen Soldaten übergeben und sich in ihr Zelt verzogen. Sie hatte ihre Rüstung abgelegt und ein recht schlichtes weißes Kleid mit einem grünen Oberkleid angezogen und ihre Dolche wieder gegürtet. Ihren Zopf hatte sie beibehalten.
Nun stand sie, die linke Hand in die Hüfte gestemmt, neben Théoden am Rande der Plattform und blickte auf das Lager unter ihnen.
Für das unwissende Auge sah es groß aus, als ob viele gekommen seien. Doch Lumiel hatte kein unwissendes Auge. Sie wusste, dass es nicht annähernd genug Männer waren.
Aragorn gesellte sich zu ihnen.
"Sechstausend Speere", informierte die Prinzessin den Waldläufer.
"Weniger als halb so viel, wie ich erhoffte", fügte Théoden hinzu.
Aragorn verzog die Mundwinkel.
"Sechstausend werden nicht genug sein, um die Linien von Mordor zu durchbrechen."
Théoden und Lumiel tauschten einen Blick.
"Es werden mehr kommen", versuchte der König sie alle zu überzeugen, auch sich selbst.
Aragorn sah zu Boden.
Er rang mit sich, doch dann sprach er aus, was er dachte: "Mit jeder verlorenen Stunde rückt Gondors Niederlage näher."
Er sah den König an.
"Wir haben bis zum Morgengrauen, dann müssen wir reiten."
Théoden nickte und lächelte. Es war kein fröhliches Lächeln, eher ein entschlossenes.
Das Wiehern der Pferde zog ihre Aufmerksamkeit auf sich.
Der Soldat, dem Lumiel Donnerhuf übergeben hatte, hatte sichtlich Mühe, ihn ruhig zu halten. Er riss den Kopf hoch und tänzelte. Die anderen Pferde waren nicht viel besser. Einige stiegen auf ihre Hinterbeine. Nicht so hoch, dass sie den Männern die Zügel aus den Händen gerissen hätten, aber genug, um ihre Angst und ihre Unruhe kundzutun.
Lumiel nahm Donnerhufs Zügel wieder an sich und band ihn selbst an.
Legolas und Gimli kamen an ihr vorbei. Sie spürten die Unruhe, konnten sie jedoch nicht genau einordnen.
Nachdem sie Donnerhuf ein letztes Mal versichert hatte, dass er nicht tot umfallen würde, wenn sie ihn allein ließ, gesellte sie sich zu dem Elben und dem Zwerg.
Im nächsten Moment wünschte sie, sie hätte es nicht getan, denn da kam Éomer mit einem Sattel im Arm auf sie zu.
Und natürlich wandte sich Legolas an ihn, um Antworten zu bekommen: "Die Pferde sind rastlos und die Männer schweigsam."
"Der Schatten des Berges macht sie unruhig", erklärte der Mann.
Sie wandten ihre Blicke zu besagtem Berg. Dort befand sich eine Felsspalte. Die Pferde weigerten sich strikt, daran vorbeizugehen und auch die Soldaten beeilten sich, so schnell wie möglich von ihr wegzukommen.
"Dieser Weg dort", fragte Gimli argwöhnisch, "wo führt der hin?"
"Das ist die Straße zum Dimholt", erklärte Legolas, der zwei und zwei zusammengezählt hatte, "zum Tor unter dem Berg."
Lumiel hielt dies für die perfekte Gelegenheit, unliebsame Wahrheiten auszusprechen. Und eine Warnung.
"Niemand, der sich dorthin begeben hat, ist je zurückgekehrt."
"Dieser Berg ist böse", fügte Éomer hinzu.
Legolas und Gimli wandten sich ab. Lumiel wollte ihnen folgen, doch Éomer hielt sie auf.
"Du gehst mir aus dem Weg", meinte er.
Einen Moment lang überlegte Lumiel, ob sie es abstreiten sollte, doch sie wusste, dass er die Wahrheit kannte. Also nickte sie und schaute zu Boden.
"Falls es wegen deiner Eltern ist, so weiß ich davon bereits."
Sie sah ihn an. In ihren Augen spiegelten sich Unglauben und Misstrauen. Woher wusste er, dass sie adoptiert worden war.
"Ich habe es immer gewusst", antwortete er, als habe er die Frage in ihren Augen gelesen. 
Er gestikulierte auf ihre Person und sie wusste, dass es wegen ihres Aussehens war. Legolas hatte ihr gesagt, dass sie nicht aussah wie Elfhild von Rohan. Natürlich war Éomer alt genug gewesen, um sich an seine verstorbene Tante zu erinnern.
"Du willst es mir nicht sagen, also werde ich dich nicht zwingen", versicherte er.
Sie wusste, was er mit es meinte: ihre wahre Herkunft.
"Ich werde es dir sagen", versprach sie. "Bevor ich es allen anderen sage, sage ich es dir und Éowyn. Doch vorerst muss ich es für mich behalten. Hier sind zu viele Ohren."
Sie hatte recht. Überall liefen Menschen herum. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Geheimnis offenbart würde, bevor der Krieg beendet war, war zu hoch. Éomer wusste das auch. Welchen anderen Grund hätte er gehabt, sein Wissen auszusprechen, ohne es auszusprechen.

Von Maerwyn und Lumiel (Der Herr der Ringe Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt