Zu ihrer Überraschung hatte Lumiel in den frühen Morgenstunden Schlaf gefunden. Sie war zu Bett gegangen - nachdem Théoden sie dazu angewiesen hatte - mit dem festen Entschluss, sich dieses Mal nicht von irgendwelchen Alpträumen und Horror-Bildern abschrecken zu lassen. Doch keines davon war gekommen. Sobald ihr Kopf auf dem Kissen zu liegen gekommen war, war sie eingeschlafen und sie erwachte erst, als der Weckruf durch das Lager hallte.
Sie gähnte, während sie sich erhob. Schlurfend bewegte sie sich aus ihrem Zelt heraus, um noch etwas vom Frühstück abzubekommen.
Danach fühlte sie sich wacher und fühlte sich bereiter denn je, dem Feind die Stirn zu bieten.
Gerade hatte sie das Anlegen ihrer Rüstung und ihrer Waffen beendet, da stürmte Éowyn in ihr Zelt.
"Bist du noch immer gewillt, mir zu helfen?", fragte sie halb außer Atem.
Lumiel zog die Augenbrauen zusammen.
"Natürlich. Wieso denn nicht?"
Éowyn seufzte und ließ sich auf der Prinzessin Bett nieder.
"Onkel hat beschlossen, dass ich Edoras regieren soll, wenn die Schlacht schlecht ausgeht", erklärte sie, die Augen auf den Boden gerichtet.
Ups...
Anstatt zu antworten - und zu gestehen, dass das auf ihrem Mist gewachsen war - schob Lumiel den Spiegel beiseite und enthüllte ein Gestell, an dem die Rüstung hing, die sie und Éowyn letzte Nacht zusammengesucht hatten.
"Dann schlage ich vor, du erweist dich seines Vertrauens würdig", sprach sie, um von dem Elefanten im Raum abzulenken.
Éowyn hob den Blick und lächelte.
Lumiel half ihr, die Rüstung anzulegen und die langen, blonden Haare zu verstecken.
Als Éowyn nicht mehr wiederzuerkennen war - es sei denn, man wusste, wer in der Rüstung steckte - streckte Lumiel den Kopf aus dem Zelt, um zu schauen, ob die Luft rein war. Sie wollte keinesfalls riskieren, dass man einen vermeintlichen Mann aus ihrem Zelt kommen sah. Das würde sie auffliegen lassen, weil sie Théoden würde erklären müssen, warum er sie nicht mit diesem Mann verheiraten müsse.
"Ab mit dir", forderte sie die andere Frau auf.
Die nickte und wollte schon hinaustreten, als Lumiel sie doch noch einmal aufhielt.
"Du brauchst noch einen Namen", meinte sie. "Wenn dich jemand nach deinem Namen fragt, musst du eine Antwort haben."
"Dernhelm", kam es wie ein Pfeil von einem elbischen Bogen geschossen.
Lumiel nickte anerkennend.
"Ich sehe, du hast dir bereits Gedanken gemacht."
Ein weiteres Mal streckte sie den Kopf aus ihrem Zelt. Noch immer war niemand zu sehen.
"Jetzt verschwinde, bevor dich doch noch jemand sieht."
Éowyn machte sich aus dem Staub. Keine Sekunde zu früh, denn kurz darauf kam Théoden höchst selbst des Weges.
Lumiel trat aus ihrem Zelt, betont unschuldig, als wolle sie nicht des Königs Aufmerksamkeit auf sich ziehen, damit er sonst niemanden bemerkte. Sie ging langsam, in Richtung der Pferde, die gesattelt und gezäumt dastanden und darauf warteten, dass ihre Reiter in ihre Sättel stiegen, damit sie sie nach Gondor tragen konnten.
"Solltest du nicht einen Helm tragen?", drang Théodens Stimme an ihr Ohr.
Lumiel drehte sich um.
"Wieso?", fragte sie. "Aragorn trägt keinen Helm. Legolas trägt keinen Helm. Gimli- gut, Gimli trägt einen Helm. Doch das tut er nur, weil er eine besondere Kampftechnik anwendet."
"Etwa die Kampftechnik, bei der er seinen Kopf schützt, damit er keine Schäden davonträgt?"
Wenn man Lumiel fragte, hatte Gimlis Kopf einige Schäden davongetragen, doch das sagte sie nicht. Stattdessen zog sie nur eine Augenbraue hoch und legte kurz den Kopf zur Seite, ehe sie den König wieder mit betont großen und unschuldigen Augen ansah.
"Nein", antwortete sie auf seine Frage. "Die Kampftechnik, bei der er seinen Kopf benutzt. Also, dem Feind Schläge mit seinem Kopf verpasst."
Auf den nicht überzeugten Blick ihres Ziehvaters hin, sprach sie: "Mach die keinen Kopf."
Innerlich kicherte sie über ihr Wortspiel.
"Ich habe gelernt, im Kampf meinen Kopf ohne einen Helm zu schützen. Sieh mich an. Ich habe in Helms Klamm ohne Helm gekämpft und mir geht es gut. Ich komme schon zurecht."
Der König seufzte.
"Nun gut", gab er klein bei.
In den letzten Wochen hatte er gelernt, dass er Lumiel von nichts abbringen konnte, das sie sich einmal in den Kopf gesetzt hatte.
"Aber pass auf dich auf."
Lumiel schnaubte.
"Ich bitte dich", meinte sie. "Du kennst mich doch."
"Und genau deswegen mache ich mir Sorgen."
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Von Maerwyn und Lumiel (Der Herr der Ringe Fan-Fiction)
FanficMaerwyn ist die Prinzessin von Rohan, zumindest, wenn man König Théoden Glauben schenken darf. Von ihrer Mutter erbte sie die Fähigkeit, sich und andere zu heilen und Théoden schickte sie nach Bruchtal, um sie kontrollieren zu lernen. Doch seit sie...