Lumiels Tränen der Trauer hatten sich als unnötig erwiesen. Sam und Frodo lebten. Sie waren erschöpft und unterernährt und Frodo fehlte ein Teil seines linken Ringfingers, aber sie lebten.
Gandalf und die Adler brachten sie nach Minas Tirith, wohin auch die übriggebliebene Armee Rohans und Gondors, angeführt von Aragorn, Éomer und dem Rest der Gemeinschaft, zurückkehrte.
Lumiel wäre am liebsten sofort losgezogen, um die beiden Hobbits zu heilen, doch Legolas sprach ein Machtwort. Er meinte, sie müsse sich jetzt ausnahmsweise um sich selbst kümmern, ein heißes Bad nehmen und sich ausruhen. Wenn sie wieder zu Kräften gekommen sei, würde er sie zu Frodo und Sam lassen, doch keine Sekunde früher.
Widerwillig beugte sie sich also seinem Willen.
Sobald der Elb - ebenfalls gebadet, umgezogen und halbwegs ausgeruht - ihren Zustand für zumindest annehmbar erklärte, schoss sie sofort in Richtung der Zimmer der beiden Hobbits.
"Was gibt ihm überhaupt das Recht, mir zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe", beschwerte sie sich, während sie Sam nach Verletzungen absuchte.
Sie fand keine, was sie ungemein erleichterte.
"Ich würde fast vermuten, dass sein Titel als dein Liebster ihm das Recht dazu gibt", antwortete eine Stimme.
Lumiel schnaubte.
"Das wüsste ich aber. Ich-", sie hielt inne.
"Sam!", rief sie überglücklich aus.
Der Hobbit lächelte ihr aus den Kissen entgegen und sie umarmte ihn fest.
"Oh, was bin ich froh, dass es dir gut geht!"
Sam lächelte.
"Alles heil geblieben."
Lumiel löste sich von ihm.
"Ich verordne", sprach sie mit erhobenem Zeigefinger und ernster Stimme, "mindestens zwei Tage Bettruhe und ein Verbot, dich jemals wieder auf irgendwelche gefährlichen Abenteuer einzulassen."
"Ist gut", akzeptierte Sam und schloss wieder die Augen. "Ich bin sowieso noch hundemüde."
Lumiel nickte.
"Dann schlaf noch eine Weile."
Sie stand auf.
"Moment mal", meinte sie dann misstrauisch. "Woher weißt du, dass Legolas mein Liebster ist? Soweit ich mich erinnern kann, warst du in Mordor, als ich meine Gefühle gestanden habe."
Sam schlug die Augen wieder auf.
"Soll das heißen, Legolas hat dir nicht den Hof gemacht, als wir uns kennengelernt haben?"
"Nein!", antwortete Lumiel. "Natürlich nicht."
"Oh", machte der Hobbit und schloss wieder die Augen. "Für uns alle war es sehr offensichtlich, dass ihr einander mehr mochtet als Freunde das tun."
Lumiel war sprachlos. Doch das war ohnehin egal, denn Sam war schon wieder eingeschlafen.
"Offensichtlich für uns alle...", grummelte sie vor sich hin, während sie sich auf den Weg zu Frodos Zimmer machte. "Ganz offensichtlich war es ja nicht offensichtlich, sonst hätte ich es ja wohl bemerkt."
Sie klopfte an die Tür und linste um die Ecke.
Gandalf saß vor Frodos Bett. Der Hobbit selbst war noch nicht erwacht.
"Da bin ich", verkündete sie ihre Anwesenheit. "Legolas hat mich endlich für dienstfähig erklärt."
Gandalf lächelte.
"Ich hätte nie gedacht, dass dich jemals einer würde zähmen können."
Lumiel schnaubte, während sie den Verband um Frodos Finger entfernte.
"Zähmen. Mich? Ha! Er ist wahnsinnig, dass ist er."
Sie beäugte den Finger, dann sah sie Gandalf an.
"Ich kann keine Wunder bewirken", warnte sie. "Ich bezweifle, dass ich seinen Finger wiederherstellen kann."
"Tu einfach dein Bestes", empfahl Gandalf.
Und das tat Lumiel, doch auch nach mehreren Tagen blieb der Finger wie er war. Und Frodo wachte noch immer nicht auf.
Sams Bettruhe hatte sie nach drei Tagen aufgehoben und der Hobbit spazierte in Minas Tirith umher, als sei nie etwas gewesen.
Doch Lumiel hatte die Veränderung in ihm bemerkt. Er war weniger naiv, weniger fröhlich.
"Er hat, wie du, eine Menge von der Welt gesehen", hatte Aragorn ihr erklärt, als sie mit ihrer Entdeckung zu ihm gekommen war. "Er hat eine Menge Grausamkeit gesehen. Wer würde sich da nicht verändern?"
Und Lumiel verstand es. Sie versuchte, für den Hobbit da zu sein, doch auch sie hatte die Reste ihrer Trauer und Schuldgefühle aufzuarbeiten.
Als Frodo eine Woche nach Ende des Krieges aufwachte, hatte sie sich zumindest damit abgefunden, dass Boromir, Théodred und Théoden tot waren und, dass sie nichts hätte tun können, um das zu verhindern.
Trotzdem wurde sie die Schuldgefühle und die Was wäre, wenns nicht los.
Die ganze Gemeinschaft versammelte sich in Frodos Zimmer, als er erwachte. Sie und Legolas traten gemeinsam ein und als er sie begrüßte, durfte sie ihm dann auch erklären, dass ihr Name in Wahrheit Lumiel war.
Mit großen Augen starrte er sie an, denn er hatte von Bilbo Geschichten über die verschwundene Prinzessin des Erebors gehört.
"Natürlich hast du das", meinte Lumiel und verdrehte die Augen bei dem Gedanken an Bilbos Tratschsucht.
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Von Maerwyn und Lumiel (Der Herr der Ringe Fan-Fiction)
FanficMaerwyn ist die Prinzessin von Rohan, zumindest, wenn man König Théoden Glauben schenken darf. Von ihrer Mutter erbte sie die Fähigkeit, sich und andere zu heilen und Théoden schickte sie nach Bruchtal, um sie kontrollieren zu lernen. Doch seit sie...