⠀ ⠀ ⠀ VII. the oracle of delphi

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SIE IST EINE HURE.«, UNTERBRACH Tylor Vilestorm Dorian, welcher mit freundlichen und schwammigen Worten versucht hatte, die neue Ehefrau von Lord Vilestorm zu beschreiben. »Eine kleine Hure, die meinen Vater mit ihrer Jugend und Schönheit in den Wahnsinn treibt; sie tanzt mit ihren Dämonen und verführt ihn mit dreckigen Tricks. Alte Männer lassen sich nur von ihren Schwänzen führen und mein Vater ist der Schlimmste von ihn allen.«

Dorian blieb einen Moment still, kaute auf seiner Zunge herum und wusste, wie Recht sein enger Freund mit jedem seiner bitteren Worte hatte. Der einzige Sohn der Vilestorms, eine Familie, die während des Krieges hohes Ansehen genossen hatte, war seit der erneuten Heirat seines Vaters ein noch zynischer Mensch geworden.

»Sie ist wunderschön.«, sagte Elenítsa Onási neben Dorian und sah einen Moment von ihrem Buch auf. Ihr blondes Haar war in einen lockeren Zopf gebunden, die blassen, charakteristischen Augen ihrer Familie richteten sich beinahe urteilend auf Tylor, während ihre schönen Gesichtszüge keine Anzeichen von Kritik aufwiesen.

»Und eine Hure.«

Delilah schnaubte entrüstet und richtete sich auf ihrem Stuhl auf. »In deinen Augen sind alle Hexen Huren. Die Huren des Teufels, die seinen Schwanz reiten, bis sie wund sind und ihre Lust in die Wälder schreien.«

»Historisch gesehen besitze ich ja mit dieser Aussage auch recht. Hexen sind die Huren der Dämonen.«, sagte Tylor und beugte sich über den Tisch, während die Augen jedes Anwesenden auf Delilahs und seinem Wortgefecht gerichtet waren. »Und Hexer nichts weiter als unsere Sklaven. Ihr solltet nicht einmal Magie besitzen, nur ein Irrtum des falschen Gottes.«, flüsterte Delilah, die Ansichten, die sie niemals vertreten hatte.

»Trotzdem seid ihr—«

»Hört auf.«, unterbrach Elenítsa die beiden zischend und die zwei Schüler machten, was sie verlangte. Ihre Cousine zweiten Grades, mit der Alethea trotz ihrer Verwandtschaft kaum Worte tauschte, schaute erst wieder in ihr Buch, sobald Delilah und Tylor sich gesetzt hatten.

Elenítsa war nicht die einzige aus dem anderen Kurs, Jane Vance und Esmeralda Covett saßen ebenfalls mit an dem Tisch, bereit ihre Gedanken auszutauschen. Tylor ließ seinen Blick immer wieder über die dunkle Haut von Vance gleiten, doch sagte nichts.

Sie hatte nie verstanden, warum Dorian mit Tylor befreundet war; beide so verschieden wie Tag und Nacht.

Es entstand ein Schweigen zwischen den Mitschülern, der zwei Kurse, die sich in einem der alten Studierzimmer versammelt hatten, um gemeinsam über das Buch zu sprechen, welches Professor Riddle ihnen als Hausaufgabe aufgegeben hatte.

Die kühle Luft, durchdrungen von dem Duft des veralteten Gesteins, erfüllte den viktorianischen Raum, der sich in einem der jüngeren Teile der Frankenstein Burg befand, in der so viele, gegensätzlichen Zeitepochen der Architektur aufeinander trafen.

Dorian war der Erste, der wieder von den alten Seiten des Buches aufschaute und sie erkannte die Sorge in seinem Blick, während seine Gedanken sich alleine um den Unterricht drehen sollten. Die Notizen am Rande der Seiten waren spärlich und enthaltenen nicht die Informationen, die relevant waren.

Die Spieluhr klappte erneut auf und Alethea lächelte, als die Musik durch den Raum säuselte.

»Erklärt mir jemand, warum wir den Hexenhammer lesen müssen?«, fragte Delilah leicht gereizt in die Runde und spitzte ihre Lippen missbilligend, als sie das Buch laut zwischen ihren Händen zusammenklappen ließ. »Professor Riddles wollte es so.«, antwortete Jane Vance und erntete ein Augenverdrehen von Delilah.

»Wir sollen die Beweggründe der Hexenjagd verstehen. Deswegen würde ich euch allen raten, auch auf die ethischen Aspekte des Buches einzugehen und Notizen darüber zu machen, wie der Autor die Angst der Menschen geschürt hat.«, antwortet Elenítsa etwas ausführlicher und Alethea unterdrückte sich einen Kommentar.

devotion till violence.     professor riddleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt