⠀ ⠀ ⠀ XVII. meet me at the hanging tree

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LUFT ERFÜLLT SEINE LUNGEN voller Sehnsucht nach ihrer Bestimmung, sobald das Wasser in Schwallen wich und immer mehr aus seinem Mund floss, als würde sein Inneres nur noch aus der fremden Flüssigkeit bestehen. Der schlammige Boden des Seeufers gab unter seinen Händen nach und sanken tiefer, während er sich versuchte zu retten, noch bevor er seine Augen aufgeschlagen hatte.

Die eiserne Hand, die sein Fußgelenk umfasst hatte, löste sich in dem Moment, in dem er das kalte Wasser verlassen hatte, welches sich um seinen Körper gewickelt hatte wie eine Decke aus Blei, und die noch kältere, noch bittere Herbstluft ihn umarmte wie tausende Messerstiche. Seine Kleidung, schwer und triefend, an seinem Körper klebend.

Seine Kehle brannte, als hätte er Stunden geschrien und seine Lunge blutete, als hätte er Scherben eingeatmet.

Wind peitschte Tom Riddle in das Gesicht, als er seinen Kopf hob und in den Wald starrte, der ihm nur entgegen blickte, als wäre dieser enttäuscht. Träge ließ er sich auf seinen Rücken fallen, seine Glieder zitterten vor Kälte und Schwäche, nachdem er sich aus dem See gezogen hatte, dessen Tiefen ihn für alle Ewigkeit verschlingen wollten.

Der Erbe von Nichts starrte in den Himmel, welcher von den hohen Kronen der Bäume beinahe komplett verdeckt war, bis auf die Lichtung genau über der Mitte des Sees; der Mond spiegelte sich auf dessen schwarze Oberfläche. Wie wunderschön war doch die Grausamkeit.

Es war so kalt, jedoch konnte er sich noch nicht bewegen; seine Glieder waren bereits eingefroren von der Temperatur der schleichenden Jahreszeit.

Immer wieder spielte sich der Moment in seinem Kopf ab; immer wieder, bis er sich irgendwann in sein Hirn eingebrannt hatte und er selbst an etwas anderes denken konnte, wie es ihm beliebt, die Szene jedoch im Hintergrund weiter spielte.

Das Gesicht, geküsst von Jugend, die Augen so hohl und verlassen von dem Licht des Leben starrten ihm entgegen. Eine Figur des Theaterspiels seines eigenen jungen Verstandes, die durch seine Träume wanderte und auf ihn zu warten schien, wo immer sie auch waren. Ein Geist, ein Freund, ein Feind, ein Geliebter?

Da stand sie nun inmitten des Sees wo sie hingehörte und wo ihr Königreich war; Wasser tropfte von dem weißen Nachtgewand, als Tom in ihre Tiefen gezogen wurde und die Augen aufriss, mit Blut begrüßt wurde anstatt mit der dunkelgrünen Farbe des Gewässers.

Tom glaubte zu träumen oder von dem Wahnsinn nun vollkommen ergriffen worden zu sein, als sich sein Verstand wieder lichtete und er sich aufsetzte, über die Oberfläche des Wassers hinweg blickte. Er mochte es nicht gerne zu vergessen und doch schien er alles vergessen zu haben, während er im Schlamm saß und der Ruhe der Schweigenden Wälder lauschte.

Der Nebel kroch aus der von den Bäumen kreierten Dunkelheit beinahe wie Schlangen und etwas so Vertrautes erweckte mit einem Mal Unwohlsein in dem Jungen. Er stellte sich mit schwachen Beinen auf und wickelte seine Arme um seinen nassen Körper, während er Augen ihn beobachteten fühlte.

Eine gewisse Stille breitete sich in ihm aus und vereinte sich mit der des Waldes, betäubte jegliche Gedanken und Gefühle, als er umkehrte. Schritt für Schritt in die Finsternis hinein, die versucht hat, ihn zu töten.

Tom wusste, dass er seinen Kopf in den Nacken legen wollte, um schallend zu lachen; bis jenes Geräusch die Ruhe der Schweigenden Wälder ersetzte. Wieso tat er es nicht? Schreien sollte er, dass es daran gescheitert war seinen seligsten Wunsch zu erfüllen und Tom eine unschuldige Seele war, die von den Umständen korrumpiert wurde und das Universum, die Götter oder was auch immer dort draußen über sie lachte, dies auch einsahen.

Unschuldige Menschen starben nicht; Menschen, die von dem Größeren auserwählt waren, konnten nicht getötet werden.

Mit zitternden Bewegungen schleppte er sich nun aus der Finsternis des Waldes, lief zwischen Sträuchern und schattenhaften Gestalten, die er noch nie beachtet hatte und auch nie beachten würde. Der Mond war so hell in dieser Nacht und doch schafften es nur wenige Strahlen seines Lichtes, sich durch die Kronen zu kämpfen.

devotion till violence.     professor riddleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt