Clara nippte an ihrem Rum-Cola und schaute ein letztes Mal in den Spiegel. Sie fühlte sich gut und sie fühlte sich wahnsinnig erleichtert. Seit zwei Tagen durfte sie sich nun ganz offiziell Frau Dr. Clara Heikkinen nennen und sie war wahnsinnig stolz auf sich.
Heute wollte sie endlich mal wieder richtig mit ihren Freundinnen feiern gehen. Das war die letzten Jahre viel zu kurz gekommen und sie hatte richtig Lust zu tanzen und zu feiern. Vielleicht stieg ihr aber auch schon ihr erstes Glas Cuba Libre in den Kopf, denn sie fühlte sich so frei und zufrieden, wie schon lange nicht mehr.
"Bist du soweit?", Lena war hinter ihr aufgetaucht und griff nach ihrer Haarbürste. Ihre Freundinnen waren schon vorher zu ihr gekommen, sie tranken gemeinsam vor und hatten sich auch zusammen fertig gemacht. Clara kam sich wieder vor wie mit 18, aber es gefiel ihr. Sie lachten, kicherten, tranken und quatschten.
"Ich denke.", Clara schaute sich noch einmal kurz in dem Spiegel an, dann nickte sie. Sie wusste nicht, wann sie das letzte Mal ein Kleid angehabt hatte und dann auch noch so ein kurzes, aber es hatte ja auch nie eine wirkliche Gelegenheit gegeben. Marc wäre vermutlich vom Stuhl gefallen, wenn sie in einem Kleid zur Arbeit gekommen wäre.
"Wollen wir los? Wir müssen doch heute unsere Clara richtig feiern!", Kathi war um die Ecke gebogen und warf die Arme in die Luft. Sie hatte vielleicht auch schon ein bisschen zu viel getrunken. Clara lachte.
"Ach was, es tut einfach nur gut, dass diese Last nun von meinen Schultern gefallen ist. Und ich bin euch so wahnsinnig dankbar, dass ihr immer dafür Verständis hattet, obwohl ich kaum etwas mit euch gemacht habe.", sie lächelte glücklich, aber Lena machte eine wegwerfende Handbewegung.
"Was wären wir denn für Freundinnen, wenn wir kein Verständnis gehabt hätten, he? Du wolltest Karriere machen und du hast halt hart dafür gearbeitet. Du hast es dir verdient.", Lena nahm Clara in den Arm und diese umarmte sie zurück. Sie hatten sich vor 8 Jahren kennengelernt, als Clara relativ neu in Wien gewesen war. Lena und Kathi waren auch aus Deutschland nach Wien gezogen, nur Marie, die vierte im Bunde, war Österreicherin.
"Keine guten Freundinnen auf jeden Fall.", Marie lehnte im Türrahmen, dann klatschte sie in die Hände.
"So, Freunde, austrinken, dann gehts los. Ich habe richtig Bock auf Party.", sie lachte laut auf.
Langsam machten sie sich auf den Weg Richtung Club. Es war von Claras Wohnung aus nicht besonders weit, deswegen hatten sie sich eigentlich schon immer bei ihr getroffen, wenn sie alle zusammen weggingen.
Der Club in den sie wollten, war eigentlich nicht ganz ihre Gehaltsklasse, aber sie hatten Glück - er gehörte Marias Bruder und so kamen sie immer herein und konnten umsonst trinken. Sonst hätten sie es sich vermutlich niemals leisten können. Sie waren aber besonders gerne hier, weil man meistens nicht so sehr bedrängt wurde, wie es in anderen Clubs schon mal üblich war.
Die Zeit verging schnell und Clara stellte fest, wie sehr ihr das Feiern gefehlt hatte. Das Tanzen und die Zeit mit ihren Freundinnen machte ihr einfach so viel Spaß.
"Eigentlich wird es ja jetzt mal Zeit, dass wir dir einen süßen Typen suchen.", stellte Kathi fest, als sie von der Toilette kamen. Clara musste schmunzeln. Tatsächlich hatte sie heute auch schon mehrfach darüber nachgedacht. Die letzten zwei Jahre, seitdem sie von ihrem Freund getrennt war, waren ihr schon schwer gefallen.
"Dann such mal.", meinte sie locker. Kathi und sie waren in Sachen Männer nicht unbedingt auf derselben Wellenlänge, deswegen machte sie sich da kaum Gedanken.
"Vielleicht ist ja da einer bei.", meinte Kathi und deutete unauffällig auf eine Ecke, die eine Art Lounge war. Clara folgte ihrem Blick. Sie erkannte einige Männer, aber keiner davon sprach sie wirklich an. Plötzlich trafen ihr Blick auf zwei dunkle Augen und sie blieb überrascht stehen. Raphael!
Raf stockte, als er Clara entdeckte. Er musste sich zusammenreißen, dass ihm sein Mund nicht aufklappte, als er sie musterte. Sie trug ein enges, kurzes Kleid und hohe Schuhe. Ihre Haare sah er zum ersten Mal offen. Sie reichten über ihren halben Rücken. Er fand, sie sah fantastisch aus.
Er beugte sich leicht nach vorne und stützte seine Ellebogen auf seinen Knien ab. Die Hände verschränkte er und stützte das Kinn darauf ab. Sein Blick lag ganz auf ihr. Er hatte nicht vermutet, dass das in ihr steckte, aber vermutlich hatte sie auch so ähnlich ausgesehen, als Hassan sie kennengelernt hatte. Kein Wunder, dass er direkt hin und weg gewesen war.
Ihre Freundin machte eine Handbewegung in die Richtung in der Raf saß und Claras Blick folgte dieser Bewegung. Sie schien sich umzuschauen und stockte, als sie Raf entdeckte. Ihre Augen trafen aufeinander und Raf war überrascht, als sie nicht direkt wieder wegschaute. Normalerweise hielt sie den Blickkontakt nicht sonderlich lange. Jetzt jedoch verzog sich ihr Mund zu einem Lächeln, während sie ihm in die Augen schaute. Sie fuhr sich durch die Haare, ehe sie sich leicht auf die Lippen biss.
"Wer ist das denn?", Marten hatte sich neben ihn gesetzt und schaute ebenfalls in Claras Richtung. Sie schien das zu bemerken, denn sie warf ihm einen letzten Blick zu, bevor sie in Richtung Theke verschwand.
"Meine Nachbarin.", meinte Raf trocken. Hatte sie gerade mit ihm geflirtet? Was war denn mit ihr los?
"Die von der Shaho erzählt hat?", Marten runzelte die Stirn und schaute zu der Stelle, an der eben noch Clara gestanden hatte. Raf nickte.
"Sieht aber nicht aus wie ein Bücherwurm.", kommentierte Marten und Raf fragte sich, seit wann er so redselig geworden war. Sonst sprach er so wenig. Vermutlich hatte er auch schon zu tief ins Glas geschaut. Anderseits wirkte er sehr nüchtern, als er Raf nachdenklich musterte.
"Nicht so wirklich."
"Stehst richtig auf die, was?", fragte Marten und Raf blickte zu ihm. Er zuckte mit den Schultern.
"Keine Ahnung, man. Irgendwie.", brummte er. Marten lachte.
"Was sitzt du denn dann noch hier?", gab er von sich. Raf starrte ihn an.
"Ich glaube, ich habe tatsächlich Angst,dass sie mich abblitzen lässt. Sie weiß nicht einmal wer ich bin. Und Hassan hat sie auch abblitzen lassen.", Raf zuckte mit den Schultern. Aus irgendeinem Grund hatte er nie Probleme mit Marten über seine Gefühle zu reden. Der Typ sah zwar aus, wie ein Klotz, aber er nahm so etwas ernst und behielt es für sich.
"Du bist aber nicht Hassan. Und dann musst du dich halt mal ins Zeug legen. Wann hast du dich das letzte Mal darum bemüht eine Frau rumzukriegen?", Marten nahm Raf das Glas aus der Hand und stellte es auf den Tisch. Raf blickte ihn verwundert an.
"So wie sie dich gerade angeblickt hat, kriegst du sie bestimmt ins Bett. Und dann musst du halt mal dein Bestes geben, damit sie ab morgen nur noch an dich denken kann - also bisschen weniger Wodka saufen und ein bisschen mehr Leistung!", Marten schien amüsiert. Er machte sich zwar etwas lustig, aber Raf erkannte auch die Wahrheit in seiner Aussage. Raf wusste gar nicht mehr, wann er sich das letzte Mal wirklich bemüht hatte. Klar, es war besser, wenn beide Spaß hatten, aber trotzdem war er durch seinen Erfolg in diesem Bereich ziemlich egoistisch geworden.
Er seufzte leise, ehe er sich hinstellte und die Hände in die Hosentasche schob. Er musste sie ja nicht unbedingt ins Bett kriegen, auch wenn er das wirklich wollte, aber vom dumm rumsitzen wurde es ja auch nicht besser.
"Viel Glück.", hörte er Marten amüsiert hinter sich herrufen, als er in die Richtung ging, in der Clara gerade verschwunden war.
Ach je, und wieder haben sich die beiden nicht unterhalten oder anderes miteinander gemacht. Ob sich das im nächsten Kapitel wohl ändern wird? 😅
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Calm down
FanfictionSeine Hand berührte ihre Haut und er stellte fest, wie hell ihre Haut im Vergleich zu seiner war. Überhaupt sah sie aus, als ob sie aus Skandinavien kam - diese hellblonden Haare, die strahlend blauen Augen und eben diese helle Haut. Gott, sie war g...