12

413 23 2
                                    

Clara schaute auf ihr Handy. Immer wieder las sie die knappe Nachricht von Raphael.

Hallo Clara. Ich bin momentan nicht in der Stadt, aber würde gern mit dir Essen gehen, sobald ich wieder da bin. Lust?
Raphael.

Sie hatte nicht erwartet, dass er sich noch einmal bei ihr melden würde, aber scheinbar hatte sie sich getäuscht.
Zwei Tage, nachdem sie aus seiner Wohnung verschwunden war, hatte sie überlegt, einfach nochmal bei ihm zu klingeln, aber das war ihr irgendwie jämmerlich erschienen.

Sie brummte leise vor sich hin, als sie ihr Telefonbuch im Handy öffnete und nach Marcs Nummer suchte. Sie hatte seine Worte, nachdem Raphael sie in die Uni gebracht hatte, gar nicht weiter beachtet, aber jetzt musste sie wieder daran denken.

"Ja?", Marc schien überrascht über ihren Anruf. Sie schmunzelte. Wobei sie wohl gerade störte?

"Ich will gar nicht lange stören, aber ich habe eine Frage. Vor einer Weile wurde ich ja mal von einem Mann in die Uni gebracht...", sie suchte nach den richtigen Worten, aber Marc unterbrach sie.

"Raphael Ragucci, meinst du.", er klang beinahe etwas aufgeregt und Clara zog die Augenbrauen nach oben.

"Ja... du sagtest, er sei Musiker?", sie war sich nicht mehr sicher, ob er wirklich Musiker gesagt hatte. Ebenso hatte sie sich nicht mehr an den Nachnamen erinnern können, sonst hätte sie einfach gegoogelt.

"Ja, Raf Camora. Er ist Rapper.", stellte Marc fest und Clara verzog den Mund. Sie konnte nicht behaupten, dass sie gerne Rap hörte. Es gab ein paar Ausnahmen, aber das waren wirklich nicht viele.

"Wieso fragst du mich all das?", fragte Marc neugierig. Clara biss sich auf die Unterlippe. Was sollte sie dazu sagen?

"Er ist mein Nachbar...und er hat mich gerade gefragt, ob wir mal zusammen Essen gehen.", sie versuchte es mit der halben Wahrheit. Marc zog scharf die Luft ein.

"Oh, krass. Und machst du das?", Marc schien überrascht und Clara stellte fest, dass es ihr einen kleinen Stich versetzte. War es so erstaunlich, dass jemand wie er jemanden wie sie eventuell attraktiv fand?

"Ich weiß es nicht. Ich denke schon.", murmelte sie und Marc seufzte leicht.

"Vielleicht solltest du ihn mal googeln. Ich glaube kaum, dass er der richtige Kerl für dich ist...und ich sage das, weil ich dich gerne mag und nicht, weil ich dir irgendwas kaputt machen will.", Marc klang sehr ehrlich und Clara nickte langsam. Erst einen Moment später fiel ihr ein, dass er sie ja gar nicht sehen konnte.

Sie verabschiedete sich knapp von Marc, dann legte sie auf. Seufzend ließ sie sich auf ihrer Couch nieder und tippte Raf Camora bei Google ein. Es dauerte nur Milisekunden, bis ihr sein Gesicht entgegenblickte.

Eine Stunde später ließ sie ihr Handy sinken. Sie konnte kaum glauben, dass der Mann, den sie kennengelernt hatte, derselbe Mann sein sollte, den sie gegoogelt hatte. Sie hatte ihn als Gentlemen kennengelernt und das spiegelte seine Musik nicht gerade wieder. Dennoch war sie beeindruckt von seinem Unternehmertum. Er war nicht nur Musiker, sondern hatte auch eine eigene Modemarke, ein Tattoostudio, eine Wodkamarke und vieles mehr. Er musste wirklich einen Haufen Geld besitzen, trotzdem kam der Raphael, den sie kennengelernt hatte, so normal vor- mal abgesehen von der Wohnung und den Autos.

Clara fuhr sich durch die Haare. Sollte sie sich, trotz der teilweise schockierenden Texte, nochmal mit ihm treffen? Sie wusste ja nicht einmal, warum genau er das wollte. Zusammen passten sie nicht und Sex hatten sie schon gehabt.

Clara seufzte, dann zog sie ihr Handy hervor. Es kribbelte in ihren Händen, als sie den Chat öffnete.

Klingt gut. Wann wird das sein?

Sie war erstaunt, wie schnell er online kam. Hatte er auf ihre Antwort gewartet?

Übermorgen. Ich bin um 19 Uhr bei dir.

Clara musste zugeben, dass sie es irgendwie mochte, wie er den Tag und die Uhrzeit einfach festlegte. Schon in ihrer gemeinsamen Nacht war ihr aufgefallen, dass er eher zur Dominanz neigte und sie hatte das gemocht - sie war dabei schließlich voll auf ihre Kosten gekommen.

Zwei Tage später stand Clara etwas nervös in ihrem Flur. Sie trug ein schwarzes Kleid. Es hörte knapp über den Knien auf. Ihre langen, blonden Haaren trug sie offen und sie hatte einfach ihre natürlichen Wellen zugelassen. Früher hatte sie die Haare meistens geglättet, aber mittlerweile mochte sie es so.

Als es klingelte, schnappte sie kurz nach Luft, dann griff sie nach ihrer Handtasche. Sie hatte beschlossen, Raphael direkt unten abzufangen. Eilig lief sie die Treppe herunter und riss die Haustür auf. Raphael schaute sie überrascht an, dann ließ er seinen Blick einmal kurz über sie gleiten, ehe ein Grinsen auf sein Gesicht trat. Auch Clara musterte ihn. Sie war überrascht, dass er ein Hemd trug.

"Du siehst toll aus.", sagte er leise und schaute ihr tief in die Augen. Clara merkte, wie ihr Herz ihr bis zum Hals schlug. Seine Augen machten sie nervös - sie waren einfach wahnsinnig schön.

"Äh, danke. Du auch.", sie stammelte etwas und wurde leicht rot. Raphael bemerkte das und schmunzelte. Es schien ihm zu gefallen, dass er sie nervös machen konnte. Sanft griff er nach ihrer Hand, dann deutete er auf ein Auto, welches für Clara sündhaft teuer aussah. Ihr Autowissen reichte dafür, um festzustellen, dass es sich um einen Ferrari handeln musste.

"Wollen wir?", fragte er und Clara nickte.

"Wohin fahren wir denn?", fragte sie neugierig. Raphael lachte leise.

"Ich dachte, wir fahren etwas nach außerhalb... du magst doch italienisch?", er hielt ihr die Tür auf als sie bei dem Auto angekommen waren.

"Wer mag denn bitte kein italienisches Essen?", sie lachte, als sie ins Auto stieg. Raphael schmunzelte, als er nickte.

"Aber es gibt doch auch gute Italiener zentral?", fragte Clara, als Raphael neben ihr eingestiegen war. Raphael verzog leicht den Mund, als er das Auto startete.

"Vielleicht will ich ja nur sicher gehen, dass du mir nicht wieder schlagartig abhaust.", gab er von sich. Clara wusste, dass er auf ihren plötzlichen Abgang nach ihrer gemeinsamen Nacht anspielte.

Sie biss sich auf die Unterlippe. Sie glaubte ihm nicht so richtig. Er wollte vermutlich eher sicher gehen, dass er nicht irgendwelchen Fans begegnete. Sie fragte sich, ob er ihr heute von seinem Beruf, wenn man es denn so nennen wollte, erzählen würde.

Calm downWo Geschichten leben. Entdecke jetzt