15

505 31 8
                                    

Heute etwas nachdenklicher... ich hoffe, ihr mögt es. Ich irgendwie schon. :)

Raf schob leise die Bettdecke von seinen Beinen und stand auf. Für einen Moment schaute er einfach zu Clara hinab, die friedlich auf der anderen Bettseite schlief. Sie war immer noch nackt, genauso wie er. Er griff nach der Boxershorts, die er zuvor achtlos auf den Boden geworfen hatte und zog sie sich schnell an, dann griff er nach seinem Handy. Es hatte den ganzen Abend immer wieder vibriert, aber er hatte es ignoriert. Viel zu kostbar war ihm die Zeit mit ihr vorgekommen.

Er verließ sein Schlafzimmer und öffnete die Whatsapp-Nachrichten. Die meisten waren von John, denn er schrieb immer in tausend Zeilen, anstatt eine Nachricht zu schreiben. Raf sollte nächstes Wochenende nach Hamburg kommen - anscheinend plante John ein spontanes Konzert und Raf sollte ein Überraschungsgast werden. Raf antwortete mit einem einfachen Daumen hoch, denn er hatte an diesem Wochenende tatsächlich noch nichts vor. 

Seufzend drehte sich Raf einen Joint und ließ sich auf seinem Balkon nieder. Er kiffte bei weitem nicht mehr so oft wie früher, aber manchmal brauchte er es einfach. Der Abend war schön gewesen und jedes Mal, wenn er sie traf, entwickelten sich mehr Gefühle bei ihm, aber er war sich tatsächlich nicht sicher, ob sie es auch so sah. Sie war ihm nicht abgeneigt, aber konnte sie sich auch mehr vorstellen? Es war vermutlich noch viel zu früh, um danach zu fragen, dennoch hatte er Angst, sich in etwas zu verrennen.

Und dann war da das Problem mit seiner Karriere. Wie sollte er irgendwann die Wahrheit erzählen? Würde sie nicht furchtbar wütend sein, wenn sie erfuhr, dass er sie angelogen hatte? Ihn beschlich eh das Gefühl, dass sie bereits etwas ahnte. Raf war immer stolz auf das gewesen, was er geschafft hatte, aber irgendwie bezweifelte er, dass sie das auch so sah. Sie würde ihn vermutlich mit ganz anderen Augen sehen, wenn sie das erste Mal seine Lieder hörte.

"Alles okay?", Raf zuckte zusammen, als ihre leise Stimme zu ihm drang. Er drehte sich um und sah, wie sie am Türrahmen lehnte. Offenbar hatte sie sich sein Hemd übergezogen, welches ihr viel zu groß war. Raf wusste nicht, ob er jemals etwas so attraktives gesehen hatte, wie sie in diesem Moment.

"Unregelmäßiger Schlafrythmus.", stellte er knapp fest und war überrascht, als sie sich neben ihn auf die gepolsterte Bank fallen ließ. Sie griff nach dem Joint in seiner Hand und zog daran. Seine Augen weiteten sich. Damit hatte er nicht gerechnet.

"Was?", fragte sie lachend, als sie seinen Blick sah.

"Damit habe ich nicht gerechnet.", stellte er fest. Sein Blick glitt über sie. Ihre langen, blonden Haare waren leicht zerzaust, ihr Körper war in sein Hemd eingehüllt und ihre nackten Beine hatte sie übereinander geschlagen.

"Gott, ich bin keine Heilige.", lachte sie und zog erneut an dem Joint. Offenbar war er ihr nicht einmal zu stark.

"Du siehst aber aus wie eine.", gab er belustigt von sich. Sie lachte leise, dann reichte sie ihm den Joint wieder. Er legte ihn direkt in den Aschenbecher, dann zog er Clara auf seinen Schoß. Er beugte sich etwas herüber und zog neben der Bank eine Decke hervor. Sanft warf er diese über ihre Beine.

Eine Weile sahen sie schweigend in die Nacht heraus. Von seinem Balkon aus, war die Sicht über Wien atemberaubend. Vor allem deswegen hatte er die Wohnung gekauft.

"Das ist schön.", meinte Clara irgendwann und kuschelte sich etwas näher an seine Brust heran. Raf sah das genauso. Vermutlich würden sich seine Kumpels über ihn lustig machen, wenn sie ihn sehen konnten. Er war eigentlich nicht so kitschig, aber tatsächlich gefiel ihm dieser Moment auch.

"Finde ich auch!", sein Blick wanderte zu ihr und er beobachtete sie, wie sie in die Ferne schaute. Sie schien nachzudenken. Plötzlich straffte sie die Schultern und blickte zu ihm herüber.

"So eine Ruhe hast du vermutlich selten?", fragte sie und Raf hörte an ihrem Tonfall, dass das eine Fangfrage war. Sie wollte auf etwas anderes hinaus. Er legte den Kopf fragend schief.

"Ich meine, so als einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Rapper.", ihre blauen Augen lagen ruhig auf ihm, als sie die Bombe platzen ließ. Raf zog die Augenbrauen nach oben.

"Wusstest du es von Anfang an?", fragte er ruhig. Er wusste nicht genau, was er denken sollte. Er fühlte jedoch auf jeden Fall Erleichterung - er musste ihr nichts mehr verschweigen und was sie daraus machte, war ihre Entscheidung.

Sie schüttelte den Kopf.

"Eigentlich erst seit zwei Tagen.", meinte sie schlicht. Raf nickte knapp. Seit dem Tag, als er sie nach dem Date gefragt hatte. Immerhin hatte sie Ja gesagt.

"Wolltest du mir das eigentlich irgendwann erzählen?", fragte sie leise. Sie schien etwas auf seinem Gesicht zu suchen. Vermutlich wollte sie wissen, ob er ihr die Wahrheit sagen würde.

"Ja, irgendwann. Für den Moment mochte ich es so gerne. Ich treffe selten Menschen, die mich nicht kennen und du weißt nie, ob sie dein wirkliches Ich mögen oder nur deine Berühmtheit. Gerade bei dir wollte ich zuerst sichergehen.", gab er zu. Sie lächelte ihn leicht an, dann legte sie ihren Kopf auf seine Schulter.

"Das kann ich verstehen. Ich gebe aber zu, hätte ich es vorher gewusst, wäre ich vermutlich nie in dein Auto gestiegen, als du mich zur Uni gefahren hast.", leise lachte sie. Raf stieg in ihr Lachen ein.

"Du hast dir wohl Songs angehört?", fragte er amüsiert. Sie schien damit offenbar besser umzugehen, als er erwartet hatte.

"Ja, aber nicht viele. Es ist jetzt nicht so meins.", sie verzog den Mund und Raf lachte laut auf.

"Das hätte mich auch sehr gewundert.", er strich ihr die Haare aus dem Gesicht und sie lehnte sich in seine Berührung. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus. Konnte es so einfach sein? Sie wusste, wer er war und auch wenn sie diese Musik nicht mochte, akzeptierte sie es einfach?

"Mich wundert allerdings, wenn man deine Musik hört, wie du privat bist. Das passt für mich nicht so richtig zusammen.", murmelte sie gegen seinen Hals. Raf seufzte leise, dann nickte er.

"Als ich jünger war, war das ich. Ich bin nicht so privilegiert aufgewachsen, musste mir alles hart erarbeiten und war oft sauer auf alles und jeden. Das hat sich mit der Zeit gelegt und vermutlich wird auch meine Musik immer weicher, aber diese alten Sachen sind dennoch immernoch ein Teil von mir.", versuchte er zu erklären. Clara hob den Kopf ein wenig an und sah ihm in die Augen.

"Okay.", sagte sie simpel und Raf zog überrascht die Augenbrauen hoch.

"Okay?"

"Ja, okay. Hauptsache ich lerne den richtigen, momentanen Raphael kennen.", sie nickte, dann drückte sie sanft ihre Lippen auf seine.

Calm downWo Geschichten leben. Entdecke jetzt