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Die Sonne schien heute, genau wie jeden Tag

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Die Sonne schien heute, genau wie jeden Tag.
Kubas Hitze im Sommer war okay, aber trotzdem heiß.

Mein beiger Rock, der mir bis zu meine Kniee reichte und der Oberteil, der dazu passte, wären mir lieber als die knappen Seiden Kleider die einen Ausschnitt hatten, der zu viel von mir zeigte, meinen Gefühlen nach.

Aber ich hatte mein Leben, meine Zukunft, mein Schicksal nicht zu entscheiden. Mir war es lieber, in knappen Kleidern zu aufzutreten, als meinen Körper zu verkaufen. Und noch lieber wäre mir, keines der Beiden tun zu müssen.  Jedoch fehlte mir das Geld und ich brauchte es für meine zwei kleineren Geschwister. Wenn es heißen würde zu sterben, damit sie eine bessere Zukunft bekommen, würde ich es tun.

Ich bekam gutes Geld vom Singen, und Singen war meine Leidenschaft, nur nicht in Bars, wo alle alten, ekligen Männer mich mit ihren Blicken schon fickten. Ich war mir sicher, mehr als die Hälfte war bereits verheiratet und hatte sogar Kinder in meinem Alter. Ich war mir sicher.

Das waren immer meine Gedanken auf dem Weg zur Arbeit, wo ich mich gerade befand.

Immer noch konnte ich mich nicht an die Blicke der Menschen um mich herum gewöhnen. Andere Frauen würde sich freuen, wenn sie durch die Stadt liefen und jeder ihnen Aufmerksamkeit schenkte, doch mir wurde es zu viel. 

Ich ließ meine Blicke gesenkt, wie ich es immer tat, wenn ich das Haus verließ, aber trotzdem spürte ich es.
Ich spürte, wie jeder alles stehen und liegen ließ und sich auf mich konzentrierte. Sogar die Frauen, die mich am liebsten in Stücke reißen würden, weil ihre Ehemänner mich mit offenen Mündern ihre ganze Aufmerksamkeit auf mich richteten.

Oder auch, weil sie sich jeden Abend Zeit nahmen, um in die Bar zu kommen, wo ich sang, denn dort war der einzige Ort, wo man meine Stimme hörte, wo ich mein Blick nicht senkte aber trotzdem keinen einzigen von ihnen anschaute, und trotzdem war es für diese Männer mehr als nur genug.

Ich ging durch die Hintertür rein und betrat die Bar.
Mit schnellen Schritten lief ich ins Umkleiden Zimmer, um den Fetzen vom Kleid anzuziehen.

Als ich fertig war, machte ich mich auf dem Weg zur Bar. Ab und zu mischte ich die Cocktails oder brachte die Getränke zu den Gästen, diesen Teil verabscheute ich am Meisten.
Die Männer nutzten jede Chance, die sie zu sehen bekamen, um mir näher zu kommen und ich konnte nichts tun. Nichts dagegen tun. Schließlich arbeitete ich an so einem Ort. Würde ich aber, würden sie mich kündigen, ich hätte keine Arbeit, würde kein Geld mehr verdienen und so zu dem Ergebnis kommen, meine Geschwister würden aushungern.
Zu schüchtern war ich aber auch, den Mund zu öffne, um mich mit Worten zu wehren, weswegen ich immer meinen Mund zuhielt und kein einziges Wort zu verlassen ließ.

Und trotzdem hasste ich keinen. Ich hasste nicht meinen Boss, der mich zwang in kurze Kleider zu singen. Ich hasste nicht die Männer, die kamen.
Ich hasste nicht die Frauen, die mich beleidigten.
Ich hasste nicht die Jugendlichen, die mich ,unauffällig' verfolgten, sobald ich die Bar verließ.

Ich hasste sie alle nicht. Vielleicht dachten andere, ich sei naiv oder dumm, um sowas zu denken, aber das war ich nicht.

Meine braunen Augen sahen die Welt von einem anderen Winkle.

Der Boss, welcher mich zwang, kurze Kleider anzuziehen, wollte schnelles Geld verdienen, weil sein fünfjähriger Sohn an Krebs erkrankt war und die Medikamente zu viel kosteten — verständlich.

Die männlichen Kunden kamen, um abzuschalten, weil ihre Frauen zuhause ihnen vorwarfen, nicht genug zu arbeiten. Die Frauen, die mir auf den Straßen böse Worte zuwarfen, beleidigten, hatten einen gebrochenen Herzen, weil ihre Männer ihnen keine Komplimente mehr machten oder weil sie von ihren Ehemännern nichts Schönes zuhören bekamen, wie gut doch ihr gekochtes Essen schmeckte, welches sie mit viel Liebe und Zeit vorbereiteten.

Die Jugendlichen lenkten sich von der schweren Last auf ihren Schultern, den ganzen Gemecker ihrer Eltern und die messerscharfen Wörter, die ihre Münder verließen.

Nie vergaß ich, dass wir nur ,Menschen' waren, wir kamen nicht böse zur Welt. Nein.
Die Welt, das Schicksal, die Menschen, die Erlebnisse, sie formten uns. Sie machten uns zu dem Menschen, der wir heute waren.

Wir machten Fehler, aber das war okay, es war menschlich. Wir waren keine Götter.
Wir sind nicht fehlerfrei und das ist das wunderschöne an uns. Wir begangen Sünde, machten Fehler, aber nur um daraus zu lernen. Um sie nicht zu wiederholen.
Wir alle litten, die Jüngeren, die Älteren.
Wir alle hatten Probleme.
Aber man musste lernen, sie zu akzeptieren, sie zu lieben.

Hinter jedem Menschen steckte eine lange Geschichte.
Schmerzhafte Wunden, an denen wir erneut leiden mussten, um wirklich zu heilen.
Aber manchmal auch mit ein paar schönen Momente, die es Wert waren.

Vielleicht erkannte man es nicht sofort, aber die Augen, sie sprachen. Sie spiegelten alles, das Gute aber auch genauso das Schlechte.
Wir alle hatten eine böse Seite, sowie auch eine gute.

So sahen meine Augen die Welt. Meine Augen sahen hinter den Mauern. Sie verstanden.

Mein Herz fühlte mit jedem, wenn sie die schmerzvollen Augen der Menschen sahen.

Meine Zunge würde es nicht wagen respektlose Wörter auszuspucken, und auch wenn, würden meine geschlossenen Lippen es nicht erlauben. Keiner verdiente es verletzt zu werden.

Ich glaubte daran, dass die Worte, die unsere Münder verließen, mächtig waren. Wörter könnten eine tiefe Wunde aufreißen. Sie blieben im Hinterkopf und dann, wenn der Mond den Platz der Sonne übernahm, kamen sie wieder ins Gedächtnis der Menschen. Sie wiederholten sich wie ein Echo und man fragte sich, ob es wirklich stimmte.

„Es wird Zeit, ab mit dir auf die Bühne",
holte mich eine Stimme aus meinen Gedanken raus.
Ich drehte meinen Kopf zu der Richtung. Es war mein Boss. Er hatte wieder sein braunes Hemd an, was er fast immer trug, da er jeden einzelnen Peso sammelte für seinen Sohn. „Wird's bald?", zischte er mich an.

Seufzend machte ich mich auf dem Weg zu der kleinen Bühne, wo schon mein Mikrofon stand.

Augenblicklich wurde es still. Die Lichter waren gedämpft und wieder spürte ich die Blicke auf meiner Haut.

Das Singen lenkte mich aber gerade ab.
Wen ich sang, schaltete ich alles um mich herum aus.
Wir Sänger sangen nicht, weil es süß war. Wir sangen, um unsre Geschichte in eine Melodie umzuwandeln. Jede Geschichte hatte eine andere Melodie.
Die Trauer, die Freude, wir machten sie zu einem Lied.

Aber trotzdem.

Die Blicke fraßen mich auf.
Fast saugten sie meine Energie.

Mein Blick blieb während dem Singen auf der Wand vor mir gerichtet. Keine einzige Sekunde wagte ich es, in ihre Gesichter zu schauen.
Ich wollte nicht ihre Augen sehen, die mich voller ekliger Lust anstarrten.











































-sun & moon

Die Stimme Kubas Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt