(I'm) Foive

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Minho

Ein paar Jahre später:

Ein Knacken und dann noch eins.

Ein Ruck durchfährt meinen Körper und ein schrilles Piepen in meinen Ohren benebelt meine Sinne. Was ist passiert? Gerade saß ich noch neben meinem Abeoji im Auto. Wir haben zusammen gesungen und ich habe die Straßen beobachtet. Ich erinnere mich nur noch an seinen plötzlichen Aufschrei und einen ohrenbetäubenden Knall. Der Schmerz in meiner Brust und in meinen Armen hindert mich daran, mich zu bewegen, zu gucken, was um mich herum passiert. Das Einzige, was ich wahrnehme, ist das Piepen, Stimmengewirr in der Ferne und eine lähmende Angst, die meinen ganzen Körper erfasst und ihn erstarren lässt. Meine Atmung wird schneller – ich bekomme Panik, möchte schreien, doch es geht nicht. Wo ist mein Abeoji? «Abeo-», meine Stimme versagt. Auf einmal werden die Stimmen lauter und Hände tasten meinen Körper ab. Alles tut so weh. Tränen fließen meine Wangen runter. Ich will einfach nur noch zu meinem Abeoji und von ihm in den Arm genommen werden. «Oh Gott!» «Ruft einen Krankenwagen!» «Der Mann sieht gar nicht gut aus!» Abeoji?! Was ist mit ihm? Ich drehe meinen Kopf zu Seite, was diesem gar nicht gefällt. Doch bei dem Anblick meines Abeoji vergesse ich jeden Schmerz. Er ist blutüberströmt in seinem Sitz zusammengesackt und rührt sich nicht mehr. «ABEOJI!»

«Eomma, bitte, ich konnte nichts dafür», schützend halte ich meine Arme vor meinen Körper.

«Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du mich nicht so nennen sollst? Ich bin nicht deine Mutter und du bist nicht mein Sohn, also nenn mich nicht so.» Ihre Worte schmerzen, auch wenn ich sie mittlerweile täglichen höre. Es gehört zur Tagesordnung.

Das schwarze Stück Leder in ihrer Hand peitscht einmal laut schnappend durch die Luft und trifft ins Leere, doch ich atme nicht erleichtert auf. «Knie nieder, Bastard», schreit sie und lässt den Gürtel immer wieder durch die Luft knallen. Mit eingezogenem Kopf sinke ich auf die Knie, bis ich beinahe bäuchlings auf dem Boden liege, den Hintern in die Höhe gereckt, um für meine Sünde, überlebt zu haben, büße. Die Demütigung verfolgt mich jedes Mal, ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen. Der erste Knall zerreißt die Luft und das Leder schneidet sich in meine Haut, dringt tief hinein und wird augenblicklich wieder hinaus gerissen. Ein Schluchzen verlässt meine Kehle, während Tränen mein Gesicht hinunterlaufen. Der Schmerz jagt durch meinen ganzen Körper

Keuchend schrecke ich hoch. Verflucht, nicht schon wieder. Mein Herz donnert in meiner Brust, mein Atem geht hektisch und ich bin schweißgebadet. Fuck, nicht schon wieder ein Alptraum, denke ich. Wütend auf mich selbst halte ich eine Hand auf mein Herz und spüre die Narbe unter meinem Shirt, welche mich seit dem Vorfall begleitet und mich daran erinnert, dass mein wild pochendes Herz eigentlich nicht mehr schlagen sollte.

Eomma hat mir das oft genug gesagt und sie hat recht. Hätte ich Abeoji damals nicht abgelenkt mit meinem Gesinge, hätte er früher und besser reagieren können. Er wäre nicht in das andere Auto gefahren. Er wäre noch am Leben.

Ein leises Schluchzten verlässt meine Kehle. Hastig halte ich mir den Mund zu und versuche mich zu beruhigen. Das ist Jahre her. Reiß dich zusammen, Minho, du bist kein kleines Kind mehr.

Die Tränen wollen nicht aufhören, weshalb ich beschließe ins Bad zu gehen, damit Changbin durch mich nicht wach wird. Ich schließe die Tür hinter mir ab und rutsche an ihr zu Boden. Unbewegt bleibe ich einfach sitzen und versuche meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Vier Sekunden einatmen, sieben Sekunden halten und acht Sekunden ausatmen. Immer und immer wieder. Ein routinierter Ablauf, den ich seit Jahren verwende.

Langsam beruhige ich mich wieder. Ich weiß nicht, wie lange ich schon im Bad bin. Minuten? Stunden? Ist ja auch egal.

Ich stehe schließlich mit wackeligen Beinen auf, klammer mich ans Waschbecken und sehe in den Spiegel. Mein verheultes Spiegelbild blickt mich müde an. Ich sehe schrecklich aus. Hoffentlich ähndert sich das über den Tag. Wir haben heute ein Konzert, zu welchem unsere Familien kommen. Die anderen sind schon ganz aufgeregt, sie haben sie ja auch schon lange nicht mehr gesehen.

Wie soll ich ihnen erklären, dass meine Eomma nicht kommen wird? Am besten sage ich den Membern, dass sie krank geworden ist oder so. Wenn sie die Wahrheit wüssten, wären sie entweder sauer oder hätten Mitleid mit mir, welches ich nicht will. Und sowieso nichts bringt.

Ich habe niemanden von meiner Vergangenheit erzählt, nur, dass mein Abeoji bei einem Autounfall ums Leben kam. Sie wissen jedoch nicht, dass ich im selben Auto saß, dass ich überlebt habe, dass meine Eomma mich für seinen Tod verantwortlich macht, dass sie mich hasst.

Ich seufze. Wie spät ist es eigentlich? Mein Blick landet auf der Uhr nehmen dem Spiegel. 04:45 Uhr. Na toll.

Ich beschließe in die Küche zu gehen, an Schlaf war sowieso nicht mehr zu denken, und dort treffe ich, oh Wunder, auf Chan Hyung. «Hast du wenigstens etwas geschlafen?», frage ich ihn und schenke mit von dem Kaffee ein, den er schon gebraut hat.

«Wie denn? Du weißt, dass ich meinen Schlafrhythmus vor Ewigkeiten verloren und nicht mehr gefunden habe und von den Schlaftabletten bekomme ich Albträume.» Erzähl mir was Neues, denke ich mir, dafür brauche ich keine Tabletten.

«Außerdem, wer braucht schon Schlaf, wenn man Kaffee hat und die kreative Phase nachts ist», er lacht leicht verzweifelt auf und sieht auf einmal sehr müde aus. «Du brauchst dringend Schlaf, am besten 'ne ganze Woche. Du bringst dich noch um, Hyung. You know»

«I know»
«Lee know», ich muss schmunzeln und das zu dieser unchristlichen Stunde. «Aber warum bist du schon wach?» Chan schaut mich verwundert an. «Ich konnte nicht mehr schlafen.» Chris lächelt mich mitfühlend an: «Du siehst scheiße aus.»
«Nur, damit du dich auch mal schön fühlen kannst, Hyung.» Als Antwort bekomme ich ein schwaches Lachen. «Willst du darüber reden?»

«Nicht wirklich.»

Wir sitzen eine Weile schweigend da, bis mein Gegenüber aufsteht. «Ich lege mich nochmal hin, vielleicht klappt es ja. Du solltest auch nochmal schlafen. Der Tag heute wird anstrengend.»

«Ich will nicht», quengle ich, muss aber gähnen. «Na komm. Sonst leg dich einfach zu Sungie, er hat bestimmt nichts dagegen.

Ich nicke langsam und folge Chan nach oben. Vor Jisungs Zimmer bleibe ich kurz stehen, gebe mir dann aber einen Ruck und betrete langsam das Zimmer. Mein Klammeräffchen liegt friedlich schlafend in seinem Bett. Er sieht aus, wie ein Engel. Mein Engel.

Langsam näher ich mich ihm und schlüpfe schließlich unter seine Decke. Jisung bewegt sich und öffnet müde seine Augen. «MinMin?»

«Shh, schlaf weiter, Baby», ich lege meine Arme um ihn und ziehe ihn näher an mich ran. «Ist alles in Ordnung?» «Ja. Ich wollte einfach nur zu dir.»

Sungie kuschelt sich mehr an mich und gähnt. Er ist sehr schnell wieder eingeschlafen und mit ihm an meiner Seite, kann ich auch noch ein paar Stunden Schlaf finden.

 Er ist sehr schnell wieder eingeschlafen und mit ihm an meiner Seite, kann ich auch noch ein paar Stunden Schlaf finden

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My Gosh, schon das fünfte!!

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Wir Danken euch von Herzen fürs Lesen🫶🏻

Geschrieben von SerinaPadfood15
Korrigiert von i_love_books_12_21

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