Nichts änderte sich an meinem Leben. Ich ging noch immer zur Schule, ich hing noch immer den ganzen Tag in meinem Zimmer herum. Nun, und ich musste Johnny noch immer um Nachhilfe anbetteln, denn meine fehlende Konzentration in Physik bereitete mir mehr akademische Probleme, als ich zugeben wollte.
„Hast du am Samstag Zeit?", fragte ich ihn statt einer Begrüßung, als er sich in Literatur neben mich setzte.
Johnny blinzelte, etwas überfordert, dass ich ihn überhaupt angesprochen hatte. Sein braunes, langärmliges T-Shirt war vorne in den Bund seiner Jeans gesteckt. Sein Gesicht war nicht mehr mit Herzchen bemalt. „Wir sehen uns in meinem Kurs, falls du das meinst."
„Oh. Ich habe vergessen, dass der Kurs existiert." Lüge. „Sonntag, vielleicht?"
„Sonntag ist ein Familientag, Wheeler."
Ehrlich? War das bei normalen Familien so? Interessant. „Hast du dann vielleicht am Freitag Zeit? Nach der Schule?" Das war eine rhetorische Frage, denn ich hatte beobachtet, dass es der einzige Abend war, den er nach der Schule zuhause verbrachte und nicht irgendwo außer Haus, wo er erst spät nach Hause kam. Nicht, dass ich das mit einer plausiblen Erklärung jemals laut zugeben konnte.
„Versuchst du gerade, mich zu einem Date zu überreden?"
„Um wieder in einer Zelle zu landen? Nein, danke."
Johnny verspannte sich. Er presste seine Lippen zusammen und wenn ich es nicht besser gewusst hätte, wäre Reue in seinem Gesicht zu erkennen gewesen. „Ich-..."
„Wir hatten einen Deal und ich brauche Nachhilfe", unterbrach ich ihn. Die einfachste Art, nicht an den tragischen Nachmittag und Nacht-beziehungsweise-Morgen-danach zu denken, war Verdrängung. Ich hatte es satt, traurig und leer zu sein, außerdem hatte ich bereits eine Idee für ein neues Kleid und ich musste mir heute nur noch einen passenden Stoff kaufen. Ich würde mir meine gute Laune nicht von Johnny verderben lassen, denn ich hatte extra einen Pullover mit mehr Herzchen darauf angezogen, als für eine Vierjährige akzeptabel gewesen wäre. Johnny hatte bereits ausgesehen, als würde er am liebsten darauf erbrechen, als er ihn gesehen hatte, also war meine Mission erreicht. Ich konnte gar nicht so genau feststellen, was für ein Problem er mit Herzchen hatte. Es schien ihm auf jeden Fall nicht an Liebe zu fehlen. Nicht, dass ich ihn jemals mit einer Freundin gesehen hatte. Aber vielleicht hatte er eine Schwäche für Amara oder Robin?
„Oh. Ja, natürlich. Freitagabend passt für mich. Ich habe aber nur bis sieben Uhr Zeit. Danach findet der wöchentliche Filmeabend mit-..." Johnny unterbrach sich selbst und räusperte sich. „Was ich meinte, ist, dass wir vorher alles erledigen sollten. Aber dafür reicht die Zeit locker, nicht wahr?" Er stieß ein nervöses Lachen aus und mied meinen Blick.
Ich rollte mit den Augen. „Es interessiert mich nicht, ob du deinen super-geheimen Filmeabend vor mir verstecken möchtest, Johnathan." Wieso nannte ich ihn noch immer bei seinem vollen Namen?
„Äh, okay. Das-...das ist gut. Bist du dir sicher?"
„Natürlich." Er wohnte genau neben Grandma und mir. Es war nicht so, als könnte ich es auch auf eine alternative Route herausfinden. Nicht, dass ich das jemals zugegeben hätte, denn es war nicht moralisch vertretbar, jemandem nachzustellen.
„Es wäre okay, wenn es dich interessiert."
„Tut es aber nicht."
„Okay."
Ich schnaubte. „Okay." Das war die erbärmlichste Konversation dieses Jahrhunderts.
„Dann sehen wir uns Freitag, vier Uhr in der Bibliothek?"
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Heart on Fire [LAUFEND]
Humor„Ich habe Angst, dein Gesicht zu ruinieren, falls das hier schiefgeht!" „Mit deinem Lippenstift?" „Mit dem Absatz meiner Stiefel." ----------- Liz Wheeler hat nur ein Ziel: An ihrer New York School of Design angenommen zu werden. Niemals hätte sie d...