08 | Schuhe, Röcke und Metallzäune

211 37 56
                                    

„Wir haben uns darauf geeinigt, nichts Illegales zu tun", zischte ich leise. Meine Finger gruben sich in den Metallzaun, über den Johnny steigen wollte. Das Betreten-Verboten-Schild war seiner Meinung nach eher eine Verzierung als ein ernst gemeinter Rat.

„Du hast nur gesagt, dass du nicht ins Gefängnis kommen möchtest, Wheeler."

Das hier war mein Dreizehnter Grund. Offiziell. „Was zum Teufel ist der Unterschied?"

„Wir werden hier nicht erwischt, also kommst du auch nicht ins Gefängnis."

Johnny hatte mir versprochen, dass die Überraschung gut sein würde, aber das hier fühlte sich an wie das Gegenteil. Wir schwänzten den Unterricht, was meine perfekte Anwesenheitsquoten zerstören würden. Ich hatte mich nicht einmal krankschreiben lassen, verdammt. Wir waren eine halbe Stunde ins nichts gefahren – oder zumindest hatte ich einige ungewöhnliche Straßen-Pflanzen auf der Autobahn gesehen, was dasselbe war.

Schlussendlich waren wir bei einem Haus angekommen, das eigentlich eine Wellness-Anlage war. Es lag auf einem Berg, obwohl Johnny behauptete, dass es nur ein Hügel sei und ich zu dramatisch war. Es war definitiv ein Berg, denn ich hatte eine Kuh auf der Bergstraße gesehen. Das hätte mein Zeichen sein sollen, dass das hier eine schlechte Idee war. Die Wellness-Anlage war heute geschlossen, angeblich wegen eines Umbaus.

„Ist das dein Ernst?", flüsterte-schrie ich. Ich war zu jung, um jetzt schon am Ende meiner Nerven zu sein. Johnny war der Grund, wieso ich mit fünfundzwanzig Jahren graue Haare haben würde.

„Hast du Angst, deine Kleidung zu ruinieren?" Johnny warf mir ein arrogantes Grinsen zu, als wäre das hier nicht seine schreckliche Idee gewesen. Als wären wir Freunde – was definitiv nicht der Fall war. Wir kannten uns nicht, wir mochten uns nicht, wir hatten uns nur darauf geeinigt, uns gegenseitig Nachhilfe zu geben, das war alles.

„Ich habe Angst, dein Gesicht zu ruinieren, falls das hier schiefgeht!"

„Mit deinem Lippenstift?"

Ich warf ihm einen bösen Blick zu, aber ich konnte nicht verhindern, dass Röte in meine Wangen kroch. „Mit dem Absatz meiner Stiefel", korrigierte ich ihn, bevor er noch weiter mit mir flirten konnte. Oder interpretierte ich zu viel in seine offene Haltung herein? War das, was normale Menschen in unserem Alter taten? Ich musste vielleicht öfter das Haus verlassen, wenn es nicht um schulische Angelegenheiten ging.

„Ich kann dich über den Zaun hieven, Wheeler. Das ist nicht so kompliziert, ja?"

„Ich wusste gar nicht, dass ich ein Sack Kartoffeln bin."

Johnny grunzte. „Ich auch nicht. Jetzt wo du es sagst, sehe ich die Ähnlichkeiten allerdings auf jeden Fall."

Ich zeigte ihm nur meinen Mittelfinger. „Du gehst zuerst."

„Und wenn du nicht rüberkommst?"

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und ich hasste es, dass mein erster Gedanke war, dass ich ihn kopierte. Das war nicht nur seine Bewegung. Ich konnte diese Position einnehmen, wie es mir passte. Diese Haltung gehörte nicht Johnny allein, selbst wenn er sie öfter einnahm, als gesund war für jemanden in seinem Alter. Wenn er eine Statue hätte, dann wäre sie auf jeden Fall in dieser Position. Würde er nackt posieren-...Ich schüttelte den Kopf und die Gedanken somit ab. Diese Frage interessierte mich nicht.

„Was ist?", fragte er. Und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Hm?"

„Du hast den Kopf geschüttelt."

„Äh. Ja." Es bestand keine Chance, dass ich ihm erklären würde, was gerade durch meinen Kopf gegangen war. Stattdessen räusperte ich mich. „Wenn ich zuerst gehe, besteht die Gefahr, dass du mich hier stehen lässt." Johnny zog ungläubig eine Augenbraue in die Höhe. „Und, dass du versuchen wirst, einen Blick unter meinen Rock zu erhaschen."

Heart on Fire [LAUFEND]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt