22 | Minions und das Mais-Fest

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„Ich meine, mir war ja bewusst, dass Johnny obsessiv in Physik verliebt ist, aber ich dachte nicht, dass wir dich auch noch verlieren, Liz", bemerkte Robin mit einem angeekelten Ausdruck. Sie vergrub ihre Hände in den Ärmeln des senfgelben Overalls, den wir heute alle tragen mussten, damit man uns erkannte. „Das hier sollte ein Fest für Kinder sein. Ich sehe nur...körperliche Schmerzen."

„Sehe ich genauso", bemerkte Elias, der sich neben Johnny gesetzt hatte.

„Wir brauchen noch fünf Minuten", hielt dieser entnervt dagegen.

Leo schnaubte unbeeindruckt. „Das hat er schon vor zwanzig Minuten gesagt."

„Und wieso zum Teufel ist Liz die Einzige, die in dieser lächerlichen Farbe gut aussieht?", warf Amara in einem klagenden Ton ein, worauf sich alle einen kurzen Moment Zeit nahmen, um mich zu mustern.

„Sie sieht in allem gut aus. Und das Leben ist unfair?", schlug Elias vor.

Johnny warf ihm einen scharfen Blick zu, den ich nicht deuten konnte.

Elias lachte nur und hob verteidigend die Hände. „Ist ja gut, ich habe nichts gesagt. Aber ich meine es trotzdem ernst: Dir steht alles, Liz."

Ich warf ihm ein strahlendes Lächeln zu. „Danke, Elias. Falls wir später Zeit haben, werden wir definitiv auf das Spiel von letzter Woche zurückkommen." Elias und ich hatten eine minime, ungesunde Sucht für Candy Crush und digitale Rätselspiele entwickelt, die wir aber immerhin gemeinsam durchmachten.

„Die Gäste kommen erst in zwanzig Minuten und wir brauchen noch fünf. Ist es wirklich so schwierig, diese Konversation ein wenig aufzuschieben?", warf Johnny entnervt ein. Ich hatte schon lange keine so schlechte Laune mehr von ihm erlebt, weswegen ich erst begriff, was es damit auf sich hatte, als Elias ihm einen langen, besorgten Blick zuwarf und den anderen schließlich bedeutete, einen anderen Tisch zu besetzen. Er sagte nichts, aber die beiden waren beste Freunde und er schien zu wissen, was heute mit Johnny los war. Und vielleicht tat ich das sogar auch.

Johnny atmete einige Sekunden tief durch, ehe er sich einigermaßen sammelte und mit seinem Stift auf das Blatt Papier vor uns deutete. „Wir sollten uns beeilen, wenn wir deine Aufgaben fertigschaffen wollen."

Ich zögerte. Ich wusste, dass ich sie allein nicht lösen konnte, aber es fühlte sich falsch an, hier zu sitzen und zu ignorieren, dass es ihm nicht gut ging. „Vielleicht...wir könnten die Aufgaben auch später lösen? Ich denke nicht, dass es jetzt noch einen großen Unterschied macht."

„Du hast gesagt, dass du sie am Montag abgeben musst, Wheeler."

„Dann habe ich morgen noch den ganzen Tag, um mich damit zu befassen."

Johnny rieb sich über das Gesicht. Er hatte eine blaue Baseballcap umgekehrt aufgesetzt und sah mit seinem gelben Einteiler wie ein Minion aus. Er hatte mir erzählt, dass der Freiwilligen-Feuerwehr-Verein immer beim jährlichen Mais-Fest half. Obwohl das Fest in Coral Terrace jährlich gefeiert wurde, war ich bisher noch nie bei einem dabei gewesen. Ich war genau genommen noch nie auf den Bauernfeldern gewesen, die um die Stadt herum bewirtschaftet wurden. Nun, bis zum heutigen Tag zumindest nicht.

Leo hatte mich vorhin auf der Fest-Anlage herumgeführt: Es gab ein Labyrinth, für das wir gut eine halbe Stunde gebraucht hatten, einen überdimensionalen Grill, der die ganze Stadt ernähren sollte und weitere Attraktionen und Stände, die größtenteils für Kinder gedacht waren. Scheinbar hatten wir die Aufgabe, uns bei den Heuhaufen um die Kinder zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sich niemand ernsthaft verletzte und kein Kind aus Versehen in das Labyrinth rannte, das gerade danebenstand. Ich hatte verschiedene Mais-Figuren gesehen und scheinbar gab es hier das beste Popcorn der Welt.

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