21 | Die Wahrheit über Modezeitschriften

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Seit Johnny und ich vor einer Woche gemeinsam das Grab seiner Schwester besucht hatten, war das Eis zwischen uns immer weiter gebrochen, obwohl ich das Gegenteil erwartet hatte. Johnny schien zwar auf einem neuen Zug der Selbstdestruktion unterwegs zu sein, aber er hatte mich nicht aus seinem Leben geworfen, was eigentlich zu erwarten gewesen wäre, nachdem ich ihn so ausspioniert hatte.

„Ich möchte dein Zimmer sehen", wiederholte er, diesmal langsam, während ich die Tür noch immer blockierte. Hatte ich bereits erwähnt, dass er nun ebenfalls das Gefühl hatte, dass es moralisch vertretbar war, in die Privatsphäre anderer Menschen einzudringen? Ich war offensichtlich ein schreckliches Beispiel, dem niemand folgen sollte, vor allem nicht Johnny.

„Auf gar keinen Fall."

„Du hast mein Zimmer gesehen", argumentierte er.

„Ich wollte nur mit dir lernen und zufälligerweise ist das in deinem Zimmer passiert."

„Du hast mich mit deinem Kaktus bestochen", korrigierte er. „Außerdem habe ich meine Physik-Sachen dabei und Leo hat mir gesagt, dass ihr diese Woche wieder eure Physikhausaufgaben abgeben müsst. Zusätzlich hat er noch erwähnt, dass du während der ganzen Stunde so ausgesehen hast, als hättest du nichts verstanden."

Was hatte ich Leo bitte getan, dass er so ein Verräter war? Ich musste unbedingt ein Huhn mit ihm rupfen, wenn ich ihn zum nächsten Mal sah. Außerdem hatte ich mir vorgenommen, ein bisschen Abstand zu Johnny zu halten, denn jedes Mal, wenn ich ihn seiner Nähe war, geschahen sehr merkwürdige Dinge mit meinem Körper. Ich war vielleicht schulisch nicht allzu schlau, was Naturwissenschaften betraf, aber ich konnte mit Sicherheit sagen, dass es kein positives Signal war, wenn jemand die Chemie meines Körpers beeinflusste. Das war sogar äußerst alarmierend. Weswegen ich Johnny auf gar keinen Fall in mein Zimmer lassen konnte. Zusätzlich dazu war es auch ein ungebändigtes Chaos dort drin und ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt jemandem erlauben konnte, es zu betreten.

„Kannst du mich vielleicht ansehen, Lizzie?", fragte Johnny sanft und hob mein Kinn mit seinen rauen Fingerspitzen an. Mein Atem stockte. Lizzie? Seit wann hatte er einen speziellen Spitznamen für mich? Seit wann nannte er mich nicht mehr Wheeler? Und seit wann schien er sich in meinen Augen zu verlieren, als gäbe es da tatsächlich etwas zu sehen? Ich konnte gar nicht damit anfangen, das Gefühl zu analysieren, das seine Finger auf meiner Haut auslösten.

Das war genau der Grund gewesen, wieso ich mich in erster Linie geweigert hatte, ihn anzusehen. Denn wie konnte ich ihn ansehen, ohne nicht alles zu bewundern, was ihn ausmachte? Wie konnte ich mich nicht schon wieder darüber ärgern, dass wir per Zufall immer etwas trugen, was ähnlich aussah? Wie konnte ich meinen Verstand nicht vollkommen verlieren, jedes Mal, wenn ich mich kaum davon zurückhalten konnte, ihn in meine Arme zu ziehen und für immer festzuhalten, weil er das verdient hatte? Ich wollte seine blonden Strähnen berühren und ihn fragen, ob er wieder mit mir im Auto sitzen wollte, während ich durch die Gegend fuhr, was ich mich sonst nie traute zu tun. Das Fazit war, dass ich ein irrationaler Mensch in Johnnys Gegenwart geworden war und das war inakzeptabel.

„Willst du denn gar nichts sagen?" Selbst seine Stimme war etwas rauer geworden und ich war verdammt, wenn mir kein Schauer über den Rücken lief.

„Ich denke, dass mein Zimmer...mit schlimmen Viren infiziert ist, Townsie."

Johnny stieß ein Lachen aus. „Okay, das wars. Mach Platz, Lizzie."

„Keine Chance, Townsie."

Johnny hob mich vom Boden und warf mich über seine Schultern, als hätte er nichts in der Hand. Als wäre ich ein verdammter Sack Kartoffeln. Ich kreischte so laut los, als wäre ein Axtmörder hinter mir her, schließlich war ich nicht naiv genug, um tatsächlich anzunehmen, dass ich Johnny und seinen attraktiven Schultern tatsächlich körperlichen Schaden zufügen konnte. Das hätte mir höchstens meine Nägel ruiniert.

Heart on Fire [LAUFEND]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt