01 | Der Handtaschen-Deal

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Sehr geehrte Miss Wheeler

Vielen Dank für Ihre Anmeldung für den Kurs „Freiwillige Feuerwehr für Jugendliche"!

Für das erste Treffen am nächsten Samstag brauchen Sie folgende Dinge: Wanderschuhe, einen Rucksack, Grill-Essen (Fleisch/Vegetarisch), sowie weitere Verpflegung nach Wahl.

Sie wurden der Gruppe von Johnathan Townsend zugeteilt. Erscheinen Sie pünktlich um 09:00 Uhr vor dem Eingang der Feuerwehrstation und blockieren Sie die Garagen nicht.

Wir freuen uns auf Ihr Erscheinen,
Administration Feuerwehrstation Coral Terrace

Ich war nicht stolz darauf, dass ich beinahe für meine Vintage-Kollektion an Vogue-Magazinen gestorben war. Aber Johnathan Townsend – oder Johnny, wie ihn alle nannten – schien damit die größten Schwierigkeiten zu haben.

Der Erdbeermilchshake in meiner Hand kippte beinahe über, als ich außer Atem vor der Feuerwehrstation ankam. Meine Wangen waren vom Rennen gerötet – ich war den letzten Block gejoggt, damit es zumindest so aussah, als hätte ich mir Mühe gegeben, pünktlich zu erscheinen.

„Sie sind fünfzehn Minuten zu spät, Miss Wheeler", bemerkte die Frau neben ihm. Sie hielt ein Clipboard in den Händen, auf dem sie meinen Namen abhäkelte. „Aber sonst ist deine Gruppe komplett, Johnny." Sie klopfte ihm auf die Schultern und verschwand dann im Inneren der Feuerwehrstation, als könnte sie nicht schnell genug von mir verschwinden. Ich konnte es ihr nicht verdenken, nachdem Dad und ich letzte Woche im Inneren der Station eine hitzige Diskussion darüber geführt hatten, dass ich zu materialistisch war und mir dringend neue Überlebens-Fähigkeiten aneignen musste.

Diese ganze freiwillige-Feuerstation-mein-Haus-brennt-Hilfe-Aktion war nämlich seine Idee gewesen. Ich hatte mich nur eingeschrieben, weil ich bestechlich war. Aber immerhin hatte er mir versprochen, dass er im Gegenzug meine Handtaschen-Kollektion, die ich im Feuer verloren hatte, ersetzen würde, also war es das wert gewesen.

„Besitzt du eine Uhr, Wheeler?" Johnny Townsend, der meinem Vater in erster Linie die Idee für die Strafe gegeben hatte, sah gereizt auf seine Armbanduhr. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, wodurch seine Muskeln deutlich sichtbar wurden. Es war sehr nervig, dass Johnny mit seinen blonden Haaren und braunen Augen so gut aussah, aber daran ließ sich nun einmal nichts ändern.

„Äh, Nein. Aber ich habe ein Mobiltelefon?" Ich wackelte mit meinem Handy in der Luft. „Aber ich kann meine Grandma-..."

„Du bist fünfzehn Minuten zu spät."

Ich rollte mit den Augen, während die anderen vier Anwesenden aus unserer Stufe – vermutlich ebenfalls Mitglieder von Johnnys Klub – mir neugierige Blicke zuwarfen. Johnathan Townsend war bekannt dafür, der netteste Kerl auf dem Planeten zu sein und alle aus prekären Lagen zu retten. Er arbeitete seit mehreren Jahren inoffiziell bei der Feuerwehr, obwohl er nur einen Monat älter war als ich und im Literaturkurs zwei Reihen vor mir saß, und hatte bei kleineren Bränden schon unzählige Haustiere gerettet.

Das war ungefähr dasselbe wie das, was ich mit meinen Modemagazinen getan hatte. Nur hatten diese Hefte für mich tatsächlich einen emotionalen Wert. Naja, und es war ein größerer Brand gewesen. Bei dem Johnny mich möglicherweise am Ärmel gepackt hatte, um mich davon abzuhalten, einen weiteren Trip ins Innere zu machen, um meine Wertgegenstände zu retten. Eventuell hatte er mich davor ebenfalls schon aus dem Haus geholt, aber mir war nur dezent schwindlig gewesen und das hing bestimmt nicht mit dem Rauch zusammen, sondern mit der Angst, meine Babys zu verlieren. Damit waren die Handtaschen gemeint, die ich als nächstes gerettet hätte. Und die anderen Modemagazine, die ich ebenfalls sammelte.

Heart on Fire [LAUFEND]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt