9

219 12 12
                                    

"Du hast mich schon wieder geschlagen!", stöhnte Till entsetzt, als er beobachtete wie ich die schwarze Acht einlochte. Grinsend wandte ich mich dem großen zu und sah ihn triumphierend an. Keine Ahnung das wievielte Spiel das schon gewesen war.

Lange Rede kurzer Sinn, ich hatte jedes einzelne Match gewonnen. Anfangs meinte Till, das er mich gewinnen lassen hat oder es Glück gewesen wäre. Nach dem sechsten Spiel hatte er schließlich aufgehört das zu sagen. "Gebe es endlich zu; ich bin besser als du, Tilly."

Eigentlich sollte das nur ein Witz gewesen sein, was Till wohl nicht so sah. Mit geweiteten Augen beobachtete ich ihn dabei wie er vor mir auf die Knie sank und sich verbeugte. "Meine Billard-Königin." Lauthals fing ich an zu Lachen.

"Hast du mich gerade Tilly genannt?", fragte der schwarzhaarige, sobald er wieder auf den Beinen war. Schultern zuckend sah ich ihn an. "Ja, gefällt der Spitzname dir nicht? Ich kann dir einen anderen geben, wenn du möchtest."

"Ne passt so. Ich mag den Namen, klein Milla. Willst du noch ein Spiel spielen?"

Ich wollte gerade zur Antwort ansetzen, als ein lautes Grummeln ertönte. Verstohlen biss ich mir auf die Lippe und platzierte eine Hand auf meinem Bauch. "Oder wir gehen hinauf und machen uns was zu essen.", meinte Till grinsend. "Ich bereite meiner Billard-Königin gerne was zu essen zu."

Wenig später befanden wir uns oben in der riesigen Küche. Till stand am Herd und kochte irgendwas während ich auf der Kücheninsel saß. Ein Glas Wein in der einen und mein Handy in der anderen Hand, beobachtete ich Till beim Kochen. Ein Geschirrhandtuch lag über seiner linken Schulter.

Sein schwarzes Shirt, welches er trug, war etwas eng anliegend, sodass ich seine Rückenmuskeln sehen konnte. Von seinen Armen ganz zu schweigen. Er war an sich schon der Snack. Wenn man ihn hatte, war was zu essen nicht mehr nötig.

Till zu vernaschen reichte voll aus. Was dachte ich hier eigentlich? Innerlich ohrfeigte ich mich selber. Immerhin war ich immer noch mit Richard zusammen. Wo war der eigentlich? Erst jetzt fiel mir auf das der Rest auch fehlte.

"Tilly?"

"Ja?"

"Wo sind die anderen eigentlich?"

"Die sind zur einer Bar gefahren. Richard meinte sie sollen dich nicht fragen, weil du eh nein sagst. Ich wollte nicht mit, weshalb ich noch hier bin.", erklärte er kurzerhand und griff nach dem Salz. Nach und nach begann der Raum sich mit einem köstlichen Duft zu füllen.

Bisschen pissig war ich trotzdem. Richard zeigte mir immer mehr das er mich nicht hier haben wollte. In meiner Brust konnte ich ein leichtes Stechen vernehmen. Er hat sich in all den Jahren nicht so verhalten. Was war nur passiert das er nicht mit mir darüber reden konnte?

Ich konnte nicht verhindern das meine Augen sich mit Tränen füllten. Stumm kullerten sie meine Wange hinab und landeten auf meiner Hose. Gekränkt schloss ich meine Augen. Wenig später konnte ich fühlen wie zwei starke Arme sich um mich schlossen.

Vorsichtig schob Till sich zwischen meine Beine um mich besser in den Arm ziehen zu können. "Wein doch nicht.", flüsterte er leise und strich mit seiner Hand meinen Rücken auf und ab. Meine Tränen konnte ich aber nicht stoppen. Immer mehr flossen meine Wangen hinunter.

Till bemerkte schnell das er meine Emotionen nicht stoppen konnte. Stumm drückte er mich fester an seine Brust. "Ich würde dich niemals so behandeln, klein Milla." Mein Griff um ihn wurde fester. Ein einziger Gedanke schwirrte in meinem Kopf umher. "Bin ich komisch?", schluchzte ich leise hervor.

Augenblicklich löste Till sich von mir und nahm mein Gesicht in seine Hände. Sanft strich er mit seinem Daumen meine Tränen weg. "Du bist zwar vieles, aber komisch auf keinen Fall. Denk nicht so schlecht von dir. Du bist ein wundervoller Mensch, Ludmilla."

Behutsam zog Till mich erneut in eine Umarmung. Ich füllte mich so wohl wie lange nicht mehr. Tief atmete ich seinen Duft ein und ließ mich mehr in seine Arme ziehen. So schön der Moment auch war, störte der Geruch vom verbrannten Essen die Atmosphäre.

Augenblicklich ließ Till von mir ab und wandte sich dem Herd zu. "Verdammt.", fluchte er sauer. "Das Essen ist im Arsch. Wir müssen wohl was bestellen."

"Ich hab damit kein Problem.", schniefte ich leise und wischte die letzten paar Tränen davon. Auch wenn es nicht lustig war, brachte die Szene, vor mir, mich zum Schmunzeln. Till bemerkte meine erhellte Stimmung und musste ebenfalls lachen.

"Normalerweise bin ich ein guter Koch."

"Mhm das seh ich." Meine Emotionen nun nicht mehr zurückhalten können, warf ich meinen Kopf in den Nacken und fing lauthals an zu lachen. Till stimmte mit ein. Nachdem wir uns einiger Maßen wieder beruhigt hatten, bestellten wir etwas beim Chinesen und begaben uns nach draußen. Frische Luft würde mir guttun.

Ich konnte aber leider nicht verhindern meine Gedanken wieder zur Richard schweifen zu lassen. Recht schnell bemerkte Till meine geknickte Stimmung und zog mich erneut in seine Arme. Die Sonne begann am Horizont langsam unterzugehen.

Eine Zigarette baumelte zwischen meinen Fingern, welche ich mit zittriger Hand an meine Lippen führte. Besorgt musterte der schwarzhaarige mich. "Ich versteh nicht wie man dich so schlecht behandeln kann.", murmelte er abwesend. Vermutlich eher zur sich selber als zur mir, da seine Augen sich weiteten als Till bemerkte das er dies laut ausgesprochen hatte.

"Er war früher nicht so.", verteidigte ich ihn leise. Meine Stimme aber klang unsicher. Vorsichtig ergriff Till mein Gesicht und hob dieses leicht an. Seine eisigen Augen blickten voller Sorge auf mich hinab. Der Geruch von Rauch wehte mir um die Nase.

Tills Blick glitt für eine Millisekunde hinunter zur meinen Lippen ehe er sich langsam zur mir hinunter beugte. Eine vereinzelnde Haarsträhne hatte sich gelöst und war mir ins Gesicht gefallen. Sanft strich Till diese zurück hinter mein Ohr.

Mein Blick hing gespannt an seinen vollen Lippen. Noch wenige Zentimeter und ich würde sie spüren können. "Wärst du meine Freundin, würdest du nie eine einzelne Träne vergießen müssen. Ich würde nicht zulassen das etwas oder jemand dich verletzt. Glaub mir das, Milla."

Bei seinen Worten stockte mir der Atem. Tills Gesicht war nun meinem so nah das seine Lippen kurzweilig meine berührten. Wie von selbst legten seine großen Hände sich an meine Taille. "Das hier ist nicht richtig.", hauchte ich atemlos.

"Warum fühlt es sich dann so richtig an?", flüsterte er leise. Auch wenn Till meinem Gesicht sehr nah war, überbrückte er die letzten Zentimeter, die uns voneinander trennten, nicht. Irgendetwas hielt ihn von seinem tun ab.

"Wenn es so richtig ist, warum küsst du mich dann nicht?"

"Weil du nicht mir gehörst." Sein Griff um meine Taille verstärkte sich. "Aber ich werde alles dafür geben das du mein bist." Augenblicklich erstarrte ich. Ein letztes mal blickte Till hinunter auf meine Lippen ehe er sich von meinem Gesicht entfernte.

Langsam trat er ein paar Schritte rückwärts. "Er hat dich nicht verdient." Das waren seine letzten Worte ehe Till im Haus verschwand.

Liebe ist für alle da Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt