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Sobald wir wieder in Deutschland waren, hatte Till darauf bestanden, dass ich einen Arzt aufsuchte. Er meinte, ich sollte mich lieber mal durchchecken lassen. Da er aber viele Termine heute hatte, fuhr ich alleine zum Arzt. Und nun saß ich hier, im Wartezimmer einer Arztpraxis.

Auch wenn die nur für Erwachsene war, liefen hier viele kleine Kinder durch die Gegend. Vermutlich hatten die Eltern auf der schnelle keinen Babysitter beschaffen können. Ich war noch nie wirklich ein Fan von Kindern gewesen. Selber wollte ich auch keine haben.

Ich meine, sie können ja ganz süß sein, aber nur wenn sie gut erzogen sind. Die Biester die hier umher rannten hatten das Wort Erziehung nicht in ihrem Wortschatz. Auch ihren Eltern ging ihr lautes Gezeter am Arsch vorbei. Träge saßen sie in ihren Stühlen und schauten ihren Kindern beim rumblödeln zu.

Gerade war ich auf ein Zwillingspaar fokussiert, das laut schreiend an einem Teddybär Tauziehen spielte, als etwas mein Bein packte. Verwundert sah ich nach unten und erblickte ein Kleinkind. Ohne jegliche Bedenken krallte es sich an meinem Bein fest.

Wo waren nur die Eltern? Mit sanfter Gewalt versuchte ich es von meinem Bein zu lösen. Das kleine Ding wollte aber nicht loslassen. Frustriert blickte ich auf die kleine Gestalt hinab. Ein kleines niedliches Lächeln schlich sich auf die Lippen des kleinen Mädchens.

Irgendwie war sie schon süß. Ihre blonden Haare waren in zwei kleine Zöpfchen aufgeteilt worden und eine kleine rosa Blume steckte in ihrem Haar. Zwei große blaue Augen sahen mich neugierig an. Ich konnte den Endeckerdrang in ihnen sehen. Zwischen ihren roten Lippen steckte ein blauer Schnuller der mit einer kleinen Kette an ihrem weißen Strampler befestigt war.

Beim genaueren betrachten konnte ich einen kleinen bunten Hasen mit Knopfaugen in ihrer linken Hand erkennen. In blauen Buchstaben war ein Name auf ihren Strampler gestickt worden. Ich las den Namen Marleen. Marleen also.

"Wo sind denn deine Eltern?", fragte ich die Kleine, wohlwissend das sie mir nicht antworten würde. Marleen sah mich nur mit ihren großen blauen Augen an. Grade wollte ich noch was sagen, als eine Frau um die Ecke gerannt kam. Atemlos suchte sie den Raum mit ihren Augen ab, bis sie schließlich mit ihrem Blick an Marleen hängen blieb.

Mit ausgestreckten Armen kam sie auf die Kleine zu. "Da bist du ja! Es tut mir so leid.", entschuldigte sie sich nun bei mir. Beschwichtigend hob ich meine Hände. "Alles gut. Sie war ganz lieb."

"Dann ist ja gut. Sag tschüss Marleen."

Schüchtern winkte die kleine mit ihrer Hand bevor sie sich an die Brust ihrer Mutter lehnte. Winken kann man das zwar nicht ganz nennen, aber es war dennoch süß. Einen Moment lang sah ich den beiden noch hinterher, bevor ich mich wieder meinem Magazin widmete.

Wie man seine einjährige Tochter verlieren konnte, war mir immer noch ein Rätsel. Lange hatte ich aber keine Ruhe, da eine Krankenschwester im Wartezimmer erschien.

"Frau Ramin?"

Das bin ich.

"Ja?"

"Folgen sie mir bitte."

Schnell schnappte ich mir meine Tasche und ging der rothaarigen hinterher. Sie führte mich einen langen Gang entlang. Bei der letzten Tür, am ende des Flures, blieb sie schließlich stehen. "Ihr Doktor kommt gleich."

Mit den Worten drehte sie sich wieder um und dackelte davon. Schultern zuckend betrat ich den, nach Desinfektionsmittel riechenden, kleinen Raum. Rechts von mir befand sich ein Schreibtisch mit drei Stühlen, einen Computer und diversen Unterlagen.

Auf der linken Seite waren mehrere Schränke, sowie eine Liege, eine Waage und dergleichen. Eigentlich war ich nicht freiwillig hier. Ich hasste Arztpraxen. Doch bevor ich noch hätte abhauen können, betrat hinter mir ein Mann, im weißen Kittel, den Raum. Er schien seine Hände gerade desinfiziert zu haben, da er diese aneinander rieb.

Liebe ist für alle da Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt