16. Schokolade

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Als ich am nächsten Morgen in den Spiegel blickte starrte ein ziemlich gerädertes Mädchen zurück. Obwohl ich recht viel schlafen konnte hatte ich ziemlich deutliche Augenringe, etwas rote Augen und war ziemlich blass im Gesicht. Da heute scheinbar mein Glückstag war fand ich auch meine Schminksachen nicht und so musste ich wohl oder übel als eine Panda-Mutation rumlaufen.

"Was hast du denn gemacht?", fragte Mücke, als er sich beim Frühstück zu mir setzte. Er bekam dafür einige schräge Blicke ab, denn sonst saß ich immer allein in der hintersten Ecke. "Ich habe an Nora gedacht", sagte ich recht knapp. "Deine Schwester, oder? Wie geht es ihr?", meinte Mücke zwischen zwei Bissen. Erst in diesem Moment realisierte ich, dass er ja noch gar nichts von ihrem Tod wusste. "Sie hatte vor knapp eineinhalb Jahren einen Autounfall und ist noch am Unfallort gestorben", erklärte ich. "Oh", machte Mücke, "Das wusste ich nicht." Freudlos lachte ich kurz auf: "Wie auch?"
"Dafür siehst du gerade aber dann recht gut aus", meinte Mücke nach einer kurzen Zeit der Stille. "Danke", erwiderte ich. Dann murmelte ich mit leiser Stimme: "Ich mache mir ziemlich Vorwürfe." "Ach was", sagte Mücke, "Du warst ja nicht dabei."
"Das ist das Problem", widersprach ich, "An dem Tag war ich länger bei Alina als ausgemacht. Wir haben über Str- über jemanden geredet und dabei die Zeit vergessen. Du kennst Nora doch noch von früher, sie macht sich schnell Sorgen. Wahrscheinlich ist sie deswegen losgefahren. Ihr wurde die Vorfahrt genommen, wie mir ein Polizist danach mitteilte. Am Anfang konnten Alina und Strehlau mich recht gut ablenken, doch dann wechselten innerhalb von ein paar Wochen beide auf Internate. Danach wurden meine Noten immer schlechter und ich musste die Klasse wiederholen. Als es zum Halbjahr so aussah, als ob ich wieder wiederholen müsste, wechselte ich auf eine Realschule. Meine Pechsträhne hat aber noch nicht aufgehört. Ich habe mich mit den falschen Leuten angefreundet - wenn man das überhaupt Freundschaft nennen kann - und bin nach und nach auf die falsche Bahn gekommen. Zuerst habe ich indirekt dafür gesorgt, dass jemand von der Schule geflogen ist, dann habe ich geklaut, geschwänzt und bin sogar einmal in ein Schwimmbad eingebrochen." Kurz lachte ich nochmal freudlos auf. "Dabei wurde ich vom Bademeister erwischt und ich habe ihm den Mund mit Klebeband zugeklebt. Irgendwann hatte die Freundin von Dad, Katharina, genug. Obwohl ich in der Schule nicht mehr so gut war hat sie sich dafür eingesetzt, dass ich nach Rosenfels kann. Sie hat dort ziemlich viel Einfluss. Spaßeshalber hat Dad 'Schreckenstein' eingetragen, aber wir haben beide vergessen, es wieder zu ändern. Er musste zur Arbeit und ich in die Schule. Tja, und so bin ich dann hier gelandet. Ich habe dich gleich erkannt."
Während meines Monologes hatten wir fertig gegessen und uns auf den Weg zum Unterricht gemacht. "Ist der Strehlau, den du vorhin erwähnt hattest, -", bevor er seinen Satz beendet hatte unterbrach ich ihn: "Ja, er ist hier auf Schreckenstein." "Hat er dich nicht erkannt?", wollte Mücke wissen. "Nein", sagte ich mit bitterem Unterton, während wir das Klassenzimmer betraten, "Weder er, noch mein Cousin oder mein ältester Kindergartenfreund." "Die sind auch alle hier?", sagte er erstaunt. "Du wärst überrascht, wenn du wüsstest, wen ich hier alles kenne!", erwiderte ich.
Nun hatte wir seinen Platz erreicht und er setzte sich, während ich weiter zu meinem Platz ging.

°Erzählersicht°

Als Mücke sich setzte starrten die anderen Jungs in an, als hätten sie das achte Weltwunder gesehen. "Was?", fragte Mücke etwas verwirrt von den Blicken der anderen vier. "Wer bist du und was hast du mit Mücke gemacht?", wollte Ottokar wissen. Weiterhin verwirrt blickte Mücke ihn an. "Du, Mücke-ich-hasse-alle-Mädchen-halt-dich-bloß-fern-von-denen, redest freiwillig mit einem Mädchen!", erklärte Walze. Doch bevor Mücke antworten konnte begann der Unterricht.

-+-Zeitsprung, etwa zwei Wochen später-+-

Obwohl es nun bereits Anfang März war blieben die Temperaturen im unteren einstelligen Bereich. Alle Bewohner Schreckensteins hofften, dass es noch einmal schneien würde, aber so kalt war es dann doch nicht. Alex saß zusammen mit Bea, Alina und Inga in der Eisdiele und trank eine Tasse Kakao.
Sie hatten sich bereits durch die halbe Weltgeschichte gequatscht, als Bea und Inga zurück nach Rosenfels fuhren. Alina wollte noch etwas bleiben, um unter vier Augen mit Alex zu sprechen. Es war eine angenehme Stimmung, bis Alex sich an etwas erinnerte: "Oh, fuck! Ich hab noch ein Geschenk für Mücke!" "Lass uns doch einfach gleich danach schauen gehen", schlug Alina vor und Alex stimmte zu.

"Hast du irgendeine Idee, was du ihm schenken könntest?", wollte Alina wissen, doch Alex seufzte nur: "Nicht den Hauch einer Ahnung." "Hm, was hältst du von Schokolade?", schlug Alina vor. "Au ja, gute Idee! Am besten eine ohne Nüsse", rief Alex begeistert. "Wieso denn das?", fragte Alina erstaunt. "Naja", erklärte Alex, "Ich hab eine Nussallergie. Soll ich daneben sitzen und zuschauen, wie er die ganze Schokolade allein ist?" "Ach Alex, du hast dich kein bisschen verändert!", lachte Alina nun.

Als sie den Laden verließen wurde Alina ernst und fragte: "Sag mal ... Hat Strehlau mich irgendwann einmal erwähnt?" Hoffnungsvoll blickte sie Alex an, doch diese musste abwinken und sagte mit trauriger Stimme: "Wir reden nicht wirklich mit einander. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er mich erkannt hat." "Oh", machte Alina.


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Habt ihr schon eine Idee, wer Katharina sein könnte? Schreibts mal in die Kommentare!
Hab euch lieb und danke für die ganzen Votes!
Marietta <3

Die Einzige auf SchreckensteinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt