18. Adana und Kanada

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Im Laufe des Tages begannen die Jungs zu akzeptieren, dass ich mich ihnen anschloss. Dennoch war Mücke der einzige, der mit mir redete. Doch beim Mittagessen wollte ich dies ändern, weswegen ich fragte: "Wart ihr schon mal in Adana?" Strehlau blickte ruckartig von seinem Teller auf und mich an. Für einen Moment schauten wir uns nur gegenseitig an, dann meinte er: "Nein, hab aber gehört, es soll ein schönes Land sein." Ich musste lächeln, ja jetzt war sicher dass er mich auch erkannt hatte. Dann sagte ich: "Adana ist eine Stadt in der Türkei." "Ich dachte, wir reden über Kanada", erwiderte Strehlau, dann verzog er sein Gesicht: "Der ist so schlecht." "Tut mir leid, ich hab nicht zugehört. Das passiert häufiger", sagte ich lachend, "Aber das ist dir garantiert schon aufgefallen."
Die anderen hatten unsere Unterhaltung stumm beobachtet, dann sprach Stephan aus, was wahrscheinlich alle dachten: "Okay?" "Insider", informierte ich sie.

"Hast du eigentlich schon irgendwas für deinen Geburtstag geplant, Alex?", fragte Mücke am nächsten Morgen. "Hm, noch nicht so wirklich. Ich hab ja erst in knapp drei Wochen", antwortete ich, "Wahrscheinlich einfach nur eine kleine Party mit euch und ein paar Rosenfelserinnen." "Das erlaubt die Horn doch nie im Leben!", widersprach Strehlau. Ich wandte mich ihm zu und lächelte: "Unterschätze mich nicht! Ich hab immer noch eine Art Bonus, weil ich hier gelandet bin!" "Da ist was dran", bemerkte Stephan.

-+- Zeitsprung, nach dem Unterricht -+-

Ich hatte mein Skateboard geschnappt und war sofort nach Rosenfels gefahren. Es waren zwar noch drei Wochen Zeit, dennoch wollte ich schon einmal die Erlaubnis haben. Außerdem wollte ich Enia mal wieder sehen. Als ich vor Rosenfels ankam stoppte ich mein Skateboard und ging zu Fuß weiter. Durch Enia und Katharina war ich schon das eine oder andere Mal hier gewesen.
Nur wenige Gänge von Katharinas Zimmer entfernt wurde ich von einer fünfköpfigen Mädchengruppe aufgehalten. "Hi, ich bin Seraphina", stellte das Mädchen, welches ich als eine Art Anführerin ausmachte, sich vor, "Und wie heißt du?" "Alex", erwiderte ich und wollte weiter gehen.
Doch die Mädchen hinter Seraphina versperrten mir den Weg, weswegen ich mich mit einem Seufzen wieder Seraphina zuwandte. "Diese lächelte mich an, doch es war eher ein überhebliches Lächeln und mit derselben Stimme sprach sie weiter: "Ich nehme an, das kommt von Alexandra?" Obwohl am Ende des Satzes ein Fragezeichen mitschwang war es eine Aussage, eine Feststellung. "Ja", antwortete ich, "Allerdings wäre mir Alex lieber." "Nun, Alexandra, ich habe dich hier noch nie gesehen. Gehst du auf Rosenfels zur Schule?", fragte Seraphina und das Alexandra betonte sie extra. Sofort war sie mir sympathisch - nicht.
"Ich wünschte, es wäre so. Wegen eines Fehlers bin ich auf Schreckenstein gelandet", erzählte ich. "So sieht sie auch aus!", wisperte eines der anderen Mädchen, gerade so laut, dass ich es hörte. Fast sofort kicherten die anderen Mädchen los.
So gut ich konnte ignorierte ich sie und wollte mich an ihnen vorbei drücken, als Seraphina mich am Arm packte. "Wage es ja nicht, mich zu ignorieren oder gar auf mich herabzublicken!", zischte sie, was allerdings etwas ironisch war, denn sie war etwa einen halben Kopf kleiner als ich. Wenn sie mit mir redete musste ich also unweigerlich zu ihr herab blicken.
Bevor ich allerdings etwas erwidern konnte rief jemand hinter mir: "Lasst sie in Ruhe!" Als ich mich umdrehte sah ich Enia und ich musste lächeln. "Ich nehme an, du willst zu meiner Mutter?", fragte sie und zog mich weiter. Ich nickte und erklärte: "Wegen meinem Geburtstag." "Mach dir übrigens wegen Seraphina, Elina, Sia, Gabriela und Sue keine Gedanken. Die haben Probleme mit allen und verhalten sich so, als würde Rosenfels ihnen gehören!", berichtete Enia und verdrehte genervt die Augen. Lachend liefen wir weiter zu Katharinas Zimmer. Davor blieben wir einen Moment stehen und beruhigten uns, dann klopfte ich.

"Herein", keifte Katharina, doch als Enia und ich das Zimmer klang sie sofort viel netter. "Was gibt es denn?" "Ich wollte mich wegen meinem Geburtstag - unseren Geburtstagen mit dir besprechen", erklärte ich. "Natürlich, natürlich. Setz euch doch! Getränke wie immer?", erwiderte Katharina, "Was hast du bisher geplant?"
"Also ich würde gerne eine gemischte Party feiern. Ein paar Schreckensteiner und ein paar Rosenfelserinnen. Deswegen wollte ich auch fragen, ob einige ausgewählte Rosenfelserinnen dafür nach Schreckenstein dürfen und gegebenenfalls bei mir übernachten. Weil kein Einzelzimmer frei war habe ich ein Fünfbettzimmer bekommen, dort könnten sie dann schlafen", erörterte ich meinen Plan. "Hm", machte Katharina, "Ich habe eine bessere Idee: Wie wäre es, wenn du und Enia zusammen feiert? Da du am 21.3 Geburtstag hast und sie am 24.3 hat wäre das weniger Aufwand für alle." Enia und ich blickten uns an und sprachen uns stumm ab, dann sagte ich: "Okay" "Außerdem finde ich es besser, wenn ihr hier in Rosenfels feiert, da ich euch hier auf jeden Fall einen großen Raum garantieren kann. Auf Schreckenstein müsst ihr vermutlich auf den Zimmern feiern - oder gar auf dem Hof." Wieder sprachen wir uns stumm ab und wieder stimmte ich zu. "Gut. Kann ich sonst noch etwas für euch tun?", wollte Katharina noch wissen, doch wir schüttelten beide den Kopf. "Ach, fast hätte ich es vergessen: Mit etwas Glück kannst du am Ende des Jahres nach Rosenfels wechseln. Am besten zeigt Enia dir ihr Zimmer. Wenn der Wechsel wirklich klappt kommst du wahrscheinlich in dieses Zimmer", sagte Katharina bevor wir das Zimmer ganz verlassen hatten.

"Hier ist es", meinte Enia, als wir vor einer Zimmertür hielten. Sie hob sich nicht sonderlich von den anderen ab. Als wir das Zimmer betraten fragte ich: "Darf ich raten, welches deines ist?" Enia nickte, weswegen ich auf ein Bett zeigte und sagte: "Das da." Lachend schüttelte Enia den Kopf: "Knapp daneben, das gehört Maisie. Meins ist das daneben." "Maisie?" "Eigentlich heißt sie Marie-Luise, aber wenn dir dein Leben lieb ist solltest du sie Maisie nennen", erklärte Enia.
Plötzlich sagte jemand hinter uns: "Ich hab meinen Name gehört?" Wir drehten uns um und Enia meinte: "Ja, ich habe Alex gerade erklärt, warum sie dich besser Maisie nennen sollte." Maisie lachte: "Sei gewarnt, in meiner Freizeit schieße ich mit Pfeil und Bogen. Ich habe eine Trefferquote von 93%!"
"Ich habe euch noch nicht miteinander bekannt gemacht", wechselte Enia das Thema, "Mädels, das ist Alex, Alex, das sind Maisie, Chaos und Novalee." "Sehr erfreut", rief eines der Mädchen, Chaos, wie ich nun wusste, und schmiss sich auf ein Bett. Fragend blickte ich zu ihr und sie erklärte: "Eigentlich heiße ich Charlotte, aber weil ich ziemlich chaotisch bin nennen mich alle mich Chaos. Bis auf die Lehrer, meine Eltern und die Ziegen." "Die Ziegen?" Irgendwie brachte jede Antwort nur mehr Fragen mit sich. "Seraphina und ihre Clique. Hat Enia dir das noch nicht erzählt?", erklärte Maisie. "Dazu war bis her noch keine Zeit", entgegnete ich, "Erst hat sie mich vor den Ziegen gerettet, dann waren wir bei K- der Horn und dann sind wir direkt hierher."
"Gehst du jetzt auch hierher?", fragte Novalee, die bisher nur stumm der Unterhaltung gefolgt hatte. "Nein, ich gehe wegen eines Fehlers nach Schreckenstein", seufzte ich und blickte auf die Uhr, "Und da sollte ich so langsam auch mal wieder zurück." Wir tauschten noch unsere Nummern aus, dann fuhr ich wieder zurück.


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