Kapitel 10

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Ein paar Tage später

Seit Jungkooks letzter Mahlzeit sind 14 Tage vergangen. Die Nächte im Tattoo Studio waren stressig, so dass der Vampir in den dunklen Stunden der Nacht keine Zeit hatte, auf die Jagd zu gehen. Ganz zu schweigen von der Zunahme an Polizisten auf der Straße, die ihn gezwungenermaßen an die Wohnung fesseln.

Jungkook stößt an eine gefährliche Grenze. Letzte Nacht hatte er am Arm eines Kunden gearbeitet und die rote Farbe unter seine Haut gestochen, als er auf einmal merkte, wie seine Sicht verschwimmt und seine Ohren mit dem Klang des gleichmäßigen und unaufhörlichen Herzschlags seines Kunden bombardiert wurden.

Zu seiner Sicherheit und der Sicherheit aller anderen musste er mindestens schon acht Termine verschieben, ansonst riskiert Jungkook, seinen einzigen Job zu verlieren und seine Tarnung aufzufliegen.

Wenn mein Mitbewohner nur nicht so stur wäre!, denkt sich Jungkook. Er muss langsam Taehyung davon überzeugen, dass das Blut trinken nicht immer ein schmerzhafter Prozess sein muss, der das Ende eines Lebens bedeutet. Er müsste doch einsehen, dass Menschen in 20km Radius sicher vor dem Vampir wären, wenn der Mensch zu seinem persönlichen Blutbeutel werden würde. Gott was würde Jungkook dafür geben, seine Zähne durch Taehyungs makellose weiche Haut zu bohren...

Und wenn sein verdammter Mitbewohner auch mal ab und zu nach Hause kommen würde, würde er die Anzeichen sehen, dass der Vampir, der in seiner Wohnung lebt, immer animalischer wird und verzweifelt versucht, seinen Durst nach Blut irgendwie zu stillen, die kein Blutbeutel mehr stillen kann. Aber er ist immer noch NIE zu Hause!

Jungkook kann nur hoffen, dass er nach einem letzten, höllisch unblutigen Tag einen wehrlosen Menschen in irgendeiner dunklen Gasse findet und endlich die Erleichterung bekommt, nach der er sich sehnt. Der befriedigende Fleischriss an seinen Fangzähnen und das warme Blut, das seinen kalten Körper füllt, als würde es ihn wieder zum Leben erwecken.

Wenn Taehyung der Wohnung so fernbleibt, wie er es im letzten Monat getan hat, wird er zumindest dem Vampir nicht zum Opfer fallen. Jungkook weiß nicht was er tun wird, wenn er außer Kontrolle gerät und vor Hunger blind ist.

Doch von all den Tagen, an denen man weg sein sollte, ist Taehyung heute zuhause.

Als Jungkook den Gemeinschaftsbereich betritt, werden seine Sinne von Taehyungs Angst überwältigt. Das Pochen seines klopfenden Herzens klingt in seinen Ohren, der Geruch seines Schweißes dringt in seine Nase, die Röte seiner Wangen, die bis in seine Hornhaut brennt. Alles, was er sieht, ist rot.

Und wenn der Mensch weiter hektisch durch den Raum gelaufen wäre, würde Jungkook es vielleicht, nur vielleicht, ertragen, eine Nacht lang in seiner Nähe zu sein. Doch als Taehyung ihn entdeckt, geht er sofort auf ihn zu und es kostet Jungkook jeden Knochen seines Körpers, ihn nicht auf der Stelle anzugreifen.

"Warum hast du in den letzten Tagen nicht die Post gecheckt???", fragt Taehyung, panisch. Jungkook kann nur direkt an dem Menschen vorbei in die Küche laufen, wo er nach etwas sucht, um ihn willkürlich von dem Blutbeutel abzulenken, der sich ihm direkt ins Gesicht schiebt.
"Können wir nicht, nicht jetzt..."

Taehyung folgt ihm unerbittlich mit einem offenen Brief in der Hand. "Jungkook, das ist ein Brief von der Stadt! Er wurde vor 3 Wochen verschickt! MORGEN kommt jemand hierher, um nach dem Mitbewohner zu sehen, den ich ausgewählt habe!!" Er schwenkt den Brief in der Luft und um Jungkooks Gesicht herum.

Jungkook lässt seinen Körper schlaff werden, beugt sich über die Theke und drückt seine Stirn gegen die Arbeitsplatte, während er alle Kräfte sammelt, die ihm noch übrig sind, um dieses Gespräch zu führen. "Was meinst du mit morgen?", murmelt er leise.
"Ich meine genau MORGEN um 11 Uhr!", schreit Taehyung.

Er fängt wieder an, in der Küche auf und abzugehen und kaut ängstlich an seinen Nägeln. "Gott, ich checke immer dem Briefkasten, wie konnte ich das nur vergessen?!", schimpft er mit sich selbst.
"Kannst du dich beruhigen?", bittet Jungkook.
"Richtig, klar. Es sollte nicht so schlimm sein. Wenn du nur dein Zimmer aussehen lassen könntest, als würde da auch wirklich jemand wohnen, sollten sie nichts ahnen! Wir sollten auch unsere Geschichten angleichen. Scheiße, wie war noch mal dein falscher Name–?"

"Ich habe seit 14 Tagen kein Blut mehr getrunken, Taehyung!", platzt es aus Jungkook heraus, der jetzt zu seiner vollen Größe steht und den Menschen mit roten, wütenden Augen ansieht.

Taehyung verspannt sich und blinzelt die Angst in seinen Augen zurück, die nicht verschwindet. "V-Vierzehn? Ich dachte, drei Tage wären dein Limit... warum solltest du zulassen, dass es so schlimm wird?"
"Warum lässt du mich nicht von dir trinken?", fragt Jungkook finsterer, als er erwartet hätte, und ignoriert die Frage des Menschen.

Taehyung schüttelt mit zitternden Beinen den Kopf, als er sich langsam von dem Vampir in Richtung seines Schlafzimmers zurückzieht. "Der Beamte kann dich so nicht sehen. Kannst du nicht einfach noch einen Tag warten?", fleht Taehyung mit hoher und leiser Stimme. Jungkook stampft im gleichen gleichmäßigen Tempo auf ihn zu.
"Wie kann ich noch länger warten, wenn du so aussiehst, Red? So verdammt lecker", zischt Jungkook. "Warum bist du nie hier? Ist es das hier, wovor du Angst hast?"

Taehyung ist nur wenige Meter von seinem Zimmer entfernt. "Warum gehst du nicht etwas Luft schnappen? Du kannst jemanden finden, von dem du dich ernähren kannst, es muss nicht weit sein-"
"Geh in dein Zimmer und schließ die Tür ab", befiehlt Jungkook.

Taehyung zögert nicht, stürmt durch seine Schlafzimmertür und schließt sie augenblicklich. Er dreht das den Schlüssel im Schloss um und drückt atemlos seinen Rücken an die Tür. Er wartet auf einen Faustschlag auf der anderen Seite. Lautes Geschrei.

Aber auf der anderen Seite ist es still, abgesehen von ein paar heftigen Atemzügen und schweren Schritten, die im Wohnzimmer auf und ab gehen. "Es würde sowieso nicht gut aussehen, wenn ich eine Bisswunde an meinem Hals hätte...", sagt Taehyung.
"Sei ruhig!", knurrt Jungkook von der anderen Seite.

Taehyung kann bereits die leuchtend blutroten Augen sehen, die ihn durch seine Tür anstarren. "Gott, warum ist dein Herz so verdammt laut?!", beschwert sich Jungkook und Taehyungs Gesicht erhitzt sich vor Verlegenheit.
"Hör auf so gruselig zu sein, dann würde es sich beruhigen!" Er spürt einen leisen Schlag gegen das Holz hinter seiner Tür und vermutet, dass der Vampir seinen Rücken dagegen gelehnt hat.

"Stündlich macht die Polizei ihre Runde. Ich ersticke hier, Red. Ich brauche Blut", erklärt Jungkook es so ruhig wie möglich und keucht mit zusammengebissenen Zähnen. Taehyung beißt die Zähne zusammen und nimmt sich einen Moment Zeit, um über die Möglichkeiten nachzudenken.
"Wie viel brauchst du, um noch einen Tag durchzukommen?"
"Ich weiß es nicht, Red", gibt er irritiert zu, "das ist nicht gerade etwas, das ich messen kann."

Taehyung atmet kurz durch und bereitet sich auf das vor, was er gleich vorschlagen wird. "Was wäre, wenn du nur ein bisschen von meinem Blut trinken würdest?" Die Worte sprudeln ihm unbeholfen über die Zunge, klingen nicht einmal wie seine eigene Stimme, der Vorschlag ist ihm so unähnlich.

Jungkooks Körper spannt sich beim bloßen Gedanken an einen einzigen Tropfen Taehyungs Blut an. Dann läuft ihm ein Schauer über den Rücken. Er stöhnt, lässt seinen Kopf zurückfallen und gegen die Tür schlagen. "Ärger mich verdammt noch mal nicht mit dieser Scheiße, Red."
"Ich... ich meine es ernst", sagt Taehyung, bevor er es merkt. "Ich weiß es nicht, nur ein bisschen. Du kannst aus meinem Handgelenk trinken oder so."

Jungkook hört, wie sich das Schloss der Tür öffnet, und er dreht sich um. Als sich diese öffnet, blitzen seine Augen rot auf, als sie auf Taehyungs dunkelbraunen treffen. 

"Ich habe AB+, falls das einen Unterschied macht. Ich weiß, die magst du am liebsten", sagt Taehyung leise und blickt zu dem Vampir hinauf.

Er streckt seinen Arm aus, dreht sein Handgelenk nach oben und legt die dort hervorstehenden, pochenden Adern frei. 

❀•ஓ๑♡๑ஓ•❀

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My Roommate is a Vampire | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt