10. Kapitel: Wiedergutmachung

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Was ein Chaos...

Mein Blick richtet sich zu der Unordnung in meinem Spint. So unordentlich wie jetzt war es darin noch nie. Die Bücher liegen kreuz und quer, als hätte man sie einfach so in den Spint rein geschmissen, was wahrscheinlich daran liegt, dass mein Kopf in den letzten Tagen alles andere als in der Schule war.

Ich schlage den Spint wuchtartig zu und blicke in ein grinsendes Gesicht, das nur Mason gehören kann.

"Na...alles gut bei dir? Wegen der Party wollte ich mich auch nochmal bei dir entschuldigen. Mia, ich verspreche es dir, dass ich von der Nummer, die Chris da abgezogen hat, nichts gewusst habe. Ich bin selbst geschockt, warum man sowas einem Mädchen wie dir antut. Bevor du etwas dazu sagst...ich weiß selbst, dass ich auch mit Mädchen was anfange, aber nicht so. Ich mach es wenn dann richtig und brauche dafür keine komischen Substanzen. Tut mir leid", entschuldigt sich Mason und betrachtet mich mitleidig.

"Also hat er mir wirklich etwas ins Getränk gemischt? Woher weißt du das?", hake ich nach.

"Er hat es mir danach erzählt. Ich habe erst richtig realisiert, was da vor sich ging, als Tyler kam und einen Aufstand gemacht hat. Zu Recht. Ich hätte es genauso gemacht. Freund hin oder her. Ich hab Chris selbst auch schon eine Ansage gemacht. Mia,...ich will es dennoch wieder gut machen. Treffen wir uns nachher in Saliras Buchhandlung zur Nachhilfe? Wenn du willst, kann ich Kaffee für uns besorgen und wir können danach noch am Strand spazieren gehen, oder auch gerne was anderes machen. Wie du willst."

"Danke Mason. Das ist echt lieb gemeint, aber wenn es so war, wie du es gerade erzählt hast, dann musst du nichts wieder gut machen. Ist schon okay. Du kannst ja nichts für Chris..."

"Sehen wir uns trotzdem nachher bei Salira?"

"Ja", antworte ich ihm und schließe den Spint ab. Zusammen laufen wir noch zur Mensa. Auf dem Weg dorthin kommt uns Luke entgegen, der uns verwundert anblickt. Beim Vorbeigehen, greift er nach meinem Handgelenk. "Ist das dein scheiß ernst? Tyler macht sich voll Sorgen um dich und du hängst mit dem hier rum?", flüstert er mir ins Ohr und zeigt dabei auf Mason.

Macht sich Tyler wirklich Sorgen um mich? Ist jetzt eh egal...Kyle hat gemeint, dass es nur eine Masche sei, um sich an mich ranzumachen und ich mich von ihm fernhalten soll. Aber will ich das überhaupt? Immerhin hab ich mit Tyler noch nie schlechte Erfahrungen gemacht.

"Hast du ein Problem damit?", gebe ich pampig zurück, laufe weiter und ziehe Mason an seinem Ärmel mit mir den Gang entlang. Gemeinsam stellen wir uns hinter ein paar anderen Schülern in der Schlange an, um zu warten, bis wir dran sind mit der Bestellung unseres Essens.

"Willst du woanders essen? Immerhin müssen wir damit rechnen, dass die anderen uns nur dumm anschauen und Kommentare ablassen. Hab da nicht wirklich Lust drauf. Wir sind rechtzeitig wieder zurück und ich zahle auch", bietet Mason mir an. Ich nicke ihm zu und wir verlassen das Schulgelände, um woanders zu essen.

Während dem Essen unterhalten wir uns über Chris. Er ist Masons bester Freund oder war es zumindest. Es ist seltsam, dass er von jetzt auf gleich so schlecht über ihn redet. Jeder weiß, dass die zwei nicht auseinanderzubringen sind. Vielleicht sind sie ja doch nicht so eng, wie jeder glaubt. Zwar bin ich noch etwas verunsichert, was Mason angeht, aber er kann wirklich sehr freundlich und anständig sein, wenn man nicht das Thema "Tyler" oder generell das Anmachen von Mädchen anspricht.

Warum muss ich schon wieder an Tyler denken? Erstrecht der Kuss, der nahezu perfekt war, bis Kyle reingegrätscht ist, geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Es war alles so einfach und perfekt und jetzt ist alles so verwirrend. Ich weiß gar nicht, wem ich noch vertrauen kann. Hat Kyle denn überhaupt recht mit dem was er über Tyler erzählt?

Wir reden noch eine ganze Weile und bemerken, dass die Mittagspause fast vorbei ist. Also steigen wir wieder in sein Auto ein und fahren zurück auf den großen Parkplatz der Schule. Ich steige gerade aus, als ein schwarzes Auto ebenfalls einen Parkplatz sucht.

Es ist Tyler. Er isst nur sehr selten in der Mensa unserer Schule, da diese nicht den besten Ruf hat. Mason und ich laufen gemeinsam in Richtung des Schulgebäudes. Obwohl mich Tyler grüßt, drehe ich mich weg von ihm und meide seinen Blick. Es tut weh, ihn so ignorieren zu müssen. Bevor ich das Schulgebäude betrete, drehe ich mich kurz um, aber anstatt Tyler zu sehen, sehe ich gar nichts.

Er ist nicht mehr da. Nicht hinter uns und auch nicht an seinem Auto. Apropos Auto. Es steht ebenfalls nicht mehr dort hinten, wo es vor wenigen Minuten noch stand. Bevor ich überhaupt etwas denken oder fühlen konnte, fuchtelt eine Hand schnipsend vor meinem Gesicht herum.

"Mia? Noch da?", fragt Mason lachend. "Ja, entschuldige", antworte ich.

Mason begleitet mich noch zum Klassenraum und geht dann selbst zu seinem Unterrichtsraum, der sich ein paar Gänge weiter weg befindet.

Im Klassenraum angekommen setze ich mich neben Grace. Sie lächelt mir freundlich zu und fragt mich, wo ich denn war, da ich nicht in die Mensa gekommen bin. Ich erzähle ihr, dass ich mit Mason woanders etwas essen war, woraufhin sie fragend eine Augenbraue nach oben zieht.

"Mit DEM Mason? Hast du einen an der Klatsche? Dass du nach dem letzten Wochenende überhaupt noch mit ihm redest, ist ein Wunder. Mia...ich hoffe echt, dass du weißt, was du da tust."

"Ich weiß, dass es komisch ist, aber er hat sich entschuldigt und will es wieder gutmachen. Außerdem kann er nichts für das, was Chris gemacht hat und wollte auch helfen, jedoch war es da dann schon zu spät. Noch dazu muss ich sowieso mit ihm gut klarkommen, denn falls du es vergessen hast, ist er immer noch mein Nachhilfelehrer. Das bleibt auch so, bis sich meine Noten stark verbessern. Also bleibt mir eh nichts anderes übrig. Oder willst du mir Nachhilfe in Physik geben?", sage ich und muss dabei kurz auflachen.

"Okay, ist ja schon gut. Auf gar keinen Fall. Es sei denn du willst noch schlechter in dem Fach werden. Aber was ist mit Tyler? Ich sehe ihn zurzeit nur noch selten. Ist was passiert? Ich hab gehört, dass er dich da raus geholt hat und nach Hause fahren wollte."

"Ja. Ich weiß auch nicht mehr viel, nur dass ich bei ihm aufgewacht bin und er mich also zu sich nach Hause gefahren hat. Kyle hätte mich in dem Zustand wahrscheinlich zuerst mal mega zur Sau gemacht und dann für die nächsten paar Monate nicht mehr aus dem Haus gelassen, außer zur Schule natürlich. Sonst wäre ich niemals mit zu Tyler nach Hause gegangen."

"Du hast bei Tyler geschlafen? Krass, was ist denn bei dir los? Also dass du ihn magst, dass merkt man zwar, aber direkt bei ihm zu schlafen... Oder lief da noch mehr?", hakt sie nach und ihre Augen werden dabei vor Aufregung immer größer.

"Grace. Entspann dich mal. Ich habe nur BEI ihm geschlafen. Es ging ja wohl nicht anders. Und dann hat er mich nach Hause gefahren und wir haben uns geküsst...", sage ich kleinlaut.

Ihre Augen strahlen mich an. "What? Wusste ich es doch, dass da was war", rief sie etwas lauter und klatscht dabei begeistert in die Hände, sodass sich die Reihe vor uns zu uns umdreht und wir eine Ermahnung von unserem Lehrer bekommen.

"Wir reden nachher.", flüstert sie mir zu. Bei einem Gespräch mit Grace bleibt man nie unentdeckt. Ihr ist es eigentlich so gut wie immer egal, wie viel die Klasse mitbekommt. Aber ich brauche es wirklich nicht, dass die Klasse sich auch noch in mein Privatleben einmischt.

Nach dieser langweiligen Stunde, die sich wie eine Ewigkeit anfühlte, unterhalten Grace und ich uns noch etwas über das Wochenende und wie es jetzt weitergehen soll. Ich erzähle ihr, dass ich mich von Tyler fernhalten möchte, was sie zwar nicht wirklich nachvollziehen kann, es dennoch akzeptiert. Dass ich jedoch vorhabe mich weiterhin mit Mason zu treffen, auch wenn es sich dabei hauptsächlich um Nachhilfestunden handelt, gefällt ihr ganz und gar nicht. Ich kann ihre Zweifel zwar verstehen, aber um die Nachhilfe komme ich sowieso nicht rum. Egal wie sehr ich es wollen würde.

Touching HandsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt