Chapter Twelve

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Julian
02.03.2021, Dortmund

Das Autoradio spielte leise Musik ab, während ich der vorbeiziehenden Landschaft gedankenverloren hinterher blickte. Ich hatte bis vor kurzem geschlafen, so wie auf jeder etwas längeren Autofahrt eigentlich. Kai saß neben mir auf dem Fahrersitz und fuhr uns die mehr als 300 Kilometer nach Gladbach, wo ich mich heute mit meinen eigentlichen Mitspielern treffen wollte.

Sie spielten heute im DFB-Pokal gegen Gladbach und eigentlich hätten Kai und ich auch den Klassiker gegen Bayern in ein paar Tagen gerne gesehen, allerdings würden wir zu dieser Zeit schon wieder in England sein und keine Zeit haben, um uns das Spiel im Stadion anzusehen. Und wenn wir schonmal in Deutschland waren, da wollten wir natürlich auch mal meine ehemaligen Mitspieler sehen.

„Jule?", fragte Kai leise und sofort richtete ich meinen Blick auf meinen Freund. Seine braunen Locken hingen wild in seine Stirn und seine Lippen bildeten ein kleines Lächeln. Ich griff nach seiner Hand und verband unsere Finger miteinander, was Kai liebevoll Schmunzeln ließ und ich spürte wie er kurz meine Hand drückte. „Wir sind in ungefähr zehn Minuten da, laut Navi.", informierte mich Kai und strich über meinen Handrücken.

Ich nickte leicht und das Lächeln auf meinen Lippen wollte auch einfach nicht verschwinden. Mein Herz galoppierte freudig auf und ab und ich spürte in meinem ganzen Körper ganz klar und deutlich die Liebe die ich für meinen Freund empfand.

Die nächsten zehn Minuten verflogen tatsächlich wie im Flug und es war schön auch jetzt in den Straßen von Gladbach so viele Menschen mit Dortmund Trikots zu sehen. Das Spiel würde in zwei Stunden beginnen und Kai und ich durften noch einen kleinen Abstecher in die Kabine machen, bevor wir uns auf die VIP-Tribüne gesellen konnten und von dort aus das Spiel sehen durften.

Es war nun um einiges Riskanter mit Kai herumzulaufen. Wir waren für die Öffentlichkeit beste Freunde und ich war verletzt. Viele fanden es schon komisch, dass ich häufig in England bei Kai gesichtet wurde und das er mich jetzt, in seiner laufenden Saison, nach Gladbach begleitete, war wahrscheinlich noch ein Stück offensichtlicher. Aber, anders als in England, mussten wir uns hier deutlicher verstecken und konnten hier in der Öffentlichkeit nicht so sein, wie in England. Wenn wir einkaufen gingen, dann hielten wir manchmal Händchen und waren einfach wir selber.

Kai parkte das Auto, welches wir uns für die Tage hier in Deutschland gemietet hatten, in der Tiefgarage und klopfte kurz mit den Händen auf seine Oberschenkel. „So, da wären wir.", grinste er und lächelte mich breit an. Ich lächelte zurück und lehnte mich ihm ein letztes Mal entgegen um ihn einen Kuss auf die Lippen zu hauchen, was er natürlich sofort erwiderte und seine Finger in meine Haare fahren ließ. „Ich liebe dich, Harvey.", nuschelte ich in den Kuss hinein und spürte das Grinsen von ihn an meinen Lippen. „Ich liebe dich auch, Juli.", nuschelte er leise und ich genoss ein letztes Mal dieses Moment zwischen uns, bevor wir aus dem Auto steigen mussten.

Es war relativ frisch, aber durch den schönen, weichen Pullover von Kai, welchen ich unter meiner dicken Jacke trug, war mir nicht so kalt. Es war das erste Mal seit wirklich langer Zeit, dass unsere Hände einfach nur nebeneinander baumelten und sich nicht berührten.

Im Stadion war es schon sehr laut. Ich hörte die Fans klar und deutlich, hörte die Gesänge und fühlte mich wieder wie zu Hause. Ich hatte Deutschland und die Bundesliga vermisst, in England war alles anders – nicht schlecht anders, aber ich hatte schon Heimweh gehabt.

„Es ist schön wieder hier zu sein.", murmelte Kai plötzlich, als hätte er meine Gedanken gelesen. Ein Lächeln breitete sich auf meinen Lippen auf und ich musste automatisch einmal lachen. Ein heller Ton kam über meine Lippen und ich sah breit Lächelnd zu Kai. „Genau das habe ich gerade gedacht.", erklärte ich meinem Freund, welcher nun auch kurz Lachte und mich liebevoll anlächelte.

„Willst du klopfen?", fragte Kai mich, wahrscheinlich weil es für mich wichtiger war und ich eine größere Bedeutung zu dem Treffen hatte als Kai selber. Immerhin waren es meine Freunde und ich kannte sie definitiv besser als Kai sie kannte. „Jap, vielen Dank Harvey.", grinste ich und schob mich an ihm vorbei, bevor ich drei Mal an der Tür klopfte und dadurch ein dumpfes Geräusch ertönte.

Es dauerte nicht lange, bis Marco vor mir die Tür öffnete und er kurz wie erstarrt wirkte. Sein Gesichtsausdruck hellte sich jedoch keine Sekunde später auf und er zog mich stürmisch in eine Umarmung. „Hey Leute, guckt mal wen ich hier habe.", rief er währenddessen in die Kabine und zog mich mit ihm hinein. Auch Kai trat hinter mir in die Kabine und schloss die Tür leise.

„Jule, was machst du denn hier?" „Julian, es ist schön dich zu sehen." „Hättest dich ruhig mal früher Melden können."

Überall hörte ich meine Freunde, wie sie mich begrüßten und schließlich auch zu uns kamen um mich und Kai zu begrüßen. „Was macht ihr denn hier, Leute.", fragte Mats, nachdem er mich und Kai umarmt hatte.

„Na Ja, Kai hat momentan kein Spiel und wir sind zu meinen Eltern gefahren. Und dann hab ich mit Favre telefoniert und er hat uns beiden Karten für Spiel besorgt.", erklärte ich meinen Freunden und ließ mich zusammen mit Kai zwischen Marco und Roman hinsetzten.

„Erzähl mal, wie verläuft die Schwangerschaft so?", fragte Marco an mich gewandt und so begannen Kai und ich zu erzählen.

Die kühle Nachtluft stieß Kai und mir in die Gesichter und ich zog meine Jacke etwas enger um meinen Körper. In der Kabine war es noch kuschelig warm gewesen und wir hatten schön miteinander geredet, doch dann mussten die Jungs raus auf den Platz und Kai und ich hatten uns auf unsere Plätze begeben.

Wir setzten uns auf unsere Plätze und ich rieb meine Hände aneinander, sodass sie nicht mehr ganz so kalt waren. Ich spürte, wie Kai mich aus dem Augenwinkel beobachtete und dann unauffällig nach meiner Hand griff. Unsere beiden Hände führte er in seine warme Jackentasche und strich über meinen Handrücken. Sofort breitete sich ein riesiges Lächeln auf meinen Lippen aus und ich lächelte verliebt zu ihm hoch.

„Ich liebe dich, Kai.", hauchte ich leise in sein Ohr und versuchte ihm zu zeigen, wie sehr ich ihn liebte. „Ich liebe dich auch.", murmelte er mit entgegen und strahlte mich an.

——

Applaudierend standen Kai und ich auf, jubelten meinen Freunden zu, nachdem sie in diesem Spiel mit einem Tor zwar nur knapp gewonnen hatten, jedoch auch ein starkes Spiel gespielt hatten. Jadon hatte sie in de zweiten Hälfte dann endlich erlöst und glücklicherweise konnten sie das Ergebnis dann auch so beibehalten.

„Es war ein schönes Spiel.", sagte Kai und mir und lächelte mich so breit an, dass seine leichten Grübchen schon hervortraten. Mein Herz klopfte schneller und ich spürte wie sich mein Körper mit Liebe füllte.

Manchmal fragte ich mich tatsächlich, wie ich Kai verdient hatte. Er war so zuvorkommend, so liebevoll und verlangte nie auch nur einen Dank. Wie vorhin, als er gesehen hatte, dass mir kalt war und er meine Hand genommen hatte und sie gewärmt hatte.

„Das war es wirklich.", stimmte ich ihm zu, bevor wir beide uns auf den Weg zurück zum Auto machten. Es waren viele Menschen unterwegs und auch sehr oft hielten Kai und ich an und machten Bilder mit unseren Fans oder unterschrieben hier und da etwas. Man fühlte sich wieder wie zu Hause und sehr willkommen in Deutschland, in der Bundesliga.

Kaum das wir im Auto waren, zog Kai mein Gesicht zu seinem und verband endlich nach endlos langen Stunden unsere Lippen wieder miteinander. Sofort schoss ein Kribbeln durch meinen Körper und meine Wangen erhitzten sich. „Gott, endlich.", hauchte Kai leise, als er sich kurz von mir löste und mich danach wieder liebevoll küsste.

Ich seufzte genießerisch und drehte meinen Kopf etwas weiter zu Seite, sodass ich den Kuss noch etwas intensivieren konnte. Ich genoss das ganze, wollte mich am liebsten nie mehr lösen, aber leider mussten wir irgendwann losfahren.

Vorsichtig begann Kai loszufahren, immer auf die vollen Straßen achtend. Leise gähnte ich und kuschelte mich weiter in die Jacke von Kai, die ich als Decke nutzte. „Geht's dir und dem Baby gut? War es heute zu anstrengend", fragte Kai vorsichtshalber und strich über meinen flachen Bauch. Leicht schüttelte ich meinen Kopf. „Nein, es ist alles bestens.", nickte ich liebevoll.

„Du kannst ruhig etwas schlafen, Jule. Ich bring dich nachher ins Bett.", erklärte Kai mir und sofort kuschelte ich mich weiter in den warmen Beifahrersitz. Ich schloss friedlich meine Augen und wusste genau, dass ich bei Kai sicher war und er mich beschützen würde.

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𝖸𝗈𝗎 𝖺𝗋𝖾 𝗆𝗒 𝖿𝖺𝗆𝗂𝗅𝗒 | 𝖡𝗋𝖺𝗏𝖾𝗋𝗍𝗓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt