Kapitel 38

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Flammen spiegelten sich in dem ebenen Eisen der Ketten wieder.
Unwissend, ob es meine eigenen waren, oder die der Fackeln an den Kerkerwänden, riss ich weiter daran - wehrte mich bis zur Erschöpfung.

Das wilde Gemurmel der Wächter schallte durch die zahlreichen Gänge, dessen gähnende Dunkelheit von hoffnungslosem Schwarz bis hin zu tiefem Grau reichte. Überall wimmelte es von den eigenartigen Gestalten, die mich gefangen genommen hatten.

Segel mit der Farbe eines trüben Ozeans, ein Schiff, auf dem zwei von mir Platz gehabt hätten, und dessen kräftige Flanken den stürmischen Wellen standhalten konnten. Seile, Netze und der unverwechselbare Geruch von blutigen Schwertern schossen durch meine Erinnerung.
Noch immer versuchten sie zu mir zu sprechen und mich mit meiner wilden Rebellion zur Ruhe zu bringen.

Schwarzer Rauch qualmte aus meinen Nüstern, als sie mir zu nah kamen.
Es gab kein Entkommen. Ich war hier versteckt vor dem weiten, blauen Himmel, dem Licht und der Wärme der Sonne - und von ihr.

Donnender Zorn brachte meinen Körper zum erzittern und ich blähte meinen Brustkorb auf. Die Gestalten spürten die Gefahr, die von mir ausging und flüchteten zu allen Seiten.

Meine Augen aber erfassten jeden Einzelnen von ihnen und ich brüllte aus tiefster Brust, gefolgt von einem Schwall Drachenfeuer, dessen Licht meine grünen Schuppen zum erleuchten brachte. Meine Krallen bohrten sich in die Körper von denjenigen, die zu langsam vorangekommen waren, und besudelten mein Haupt mit dunklem Blut.

Drâkonis, sie war alles was ich wollte. Denn sie war meine Bestimmung und die einzig wahre Freiheit, die ich je erlangen sollte.

~ Kaya ~

Ich erwachte schlagartig mit schwitzigen Händen, die danach forderten, sofort einzugreifen.
Mein Herz hämmerte wie wild gegen meine Brust und es schmerzte von dem, was ich gesehen hatte. Kein Traum, keine Vorahnung, sondern das Hier und Jetzt, das mein Drache gerade durchlebte.

"Sekhandir ... ", flüsterte ich in die Stille und fühlte einen weichen Untergrund anstelle der starken Arme, die mich aufgefangen hatten.

Anstatt der Kerkerwände, der Ketten und der stechenden Hitze von Flammen fiel mein Blick nun auf die hölzerne Decke über mir. An der Wand hing Eislöwenfell, welches zweifellos Teil der Inneneinrichtung in der Taverne war.

Behutsam setzte ich mich auf und traf die besorgten Blicke meiner sechs Gefährten. Sie saßen an einem kleinen Tisch, auf dessen Sitzbank ich die Zeit über gelegen hatte. Die Bank unter mir knarrte leise als ich mich bewegte, und da wurde mir bewusst, dass wir mittlerweile nur noch die einzigen Gäste in der Taverne waren.

"Drâkonis. Kâhra sies anhârė ?", fragte Cêor mit rauer Stimme. Sie alle machten einen sehr mitgenommenen Eindruck. Ihnen fehlten die Ruhe, der Schlaf und die nötige Erholung von unserer langen Seereise, doch war ich mir nicht sicher, ob ich ihnen diese noch geben konnte.

Ich öffnete den Mund, um in Erfahrung zu bringen, wie lange ich geschlafen hatte, als Yami mir mitteilte: " Du hast nur wenige Stunden geruht."

Stunden. Mein Drache, er quälte sich jede weitere Sekunde die verstrich. Ich warf umgehend einen Blick aus dem Fenster.
Nach wie vor lagen die Eisinseln in der tiefen Finsternis der Nacht, und in der lichtarmen Taverne brannten einzig ein paar Kerzen.

Mein Gefühl verriet mir, dass es in der nächsten Zeit hell werden würde und uns folglich einen baldigen Aufbruch ermöglichte.

"Bereitet euch auf einen unmittelbaren Aufbruch vor.", informierte ich sie alle und vernahm Yamis unerwartetes aufstöhnen. "Kaya ... !"

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