Circle of Elements

Kapitel 40

~ Kaya ~

In Gedanken verloren fuhr ich mit meinen Fingerspitzen über die eingefrorene Reling des Schiffes. Derweilen, so fiel mir auf, war ich an all das gewohnt: das sanfte Wiegen des Schiffes in einem ruhigen Wellengang, die kühle Luft, den Bewölkten Himmel. Und natürlich die glänzende Frostschicht, die sich um das dunkle Holz und an die Segel aus Flachs gelegt hatte, als wollte sie uns unbedingt auf unserer Reise begleiten. Vor allem die Spitze des Bugspriet (die Stange, welche über den Bug herausragte, an welcher die Segel befestigt waren) bestand nur noch aus einem einzigen Eisklotz.

Ich stand ganz vorn auf dem Bug des Schiffes, den Kopf vorausschauend dem weiten Ozean zugewandt. Noch entdeckte ich keine Spur von Eiswind, einer - so stellte ich es mir zumindest vor- kleinen Insel mitten in den Gewässern des weißen Nordens.

"Ich kann ihn fühlen ... den Sturm.", erklang die weiche Stimme von Ancara, dem blinden Wolfsmädchen. Wie immer streckte die ihre Hände aus, auf der Suche nach Halt, bis sie die Reling fand und das Holz des Außengeländers fest umklammerte.

Ich nickte nur und vergaß völlig, dass sie das nicht sehen konnte. Die schwarzen Wolken zogen sich schon seit unserem Aufbruch verräterisch über dem Schiff zusammen, doch bis jetzt waren wir von allem Unwetter verschont geblieben.

"Vermutlich ein tobender Sturm aus Gefühlen und Ereignissen ... ", fuhr sie fort und ihre Augen nahmen das Grau der See an. Sie wandte sich den dunklen Wolken im Himmel zu, als wartete sie bereits darauf.

Ich konnte nicht nachvollziehen, was gerade in ihr Vorging. In ihren Augen war keine Regung zu erkennen, die mir auch nur das Leiseste von ihrem emotionalen Befinden verriet. So konzentrierte ich mich auf den Klang ihrer Stimme, und erhoffte daraus etwas mehr über sie zu erfahren.

"Fürchtet du dich vor dem Sturm?", wollte ich wissen und beobachtete die Wendung ihrer Gesichtszüge. Doch anstelle einer Antwort erhielt ich von ihr eine Gegenfrage: "Was wirst du tun, wenn du deinen Drachen gefunden hast?"

Für wenige Sekunden blickte ich ihr fragend in die Augen. Da sie nur mein Schweigen vernehmen konnte antwortete ich ihr bald, um keinen falschen Eindruck zu erwecken. "Ich habe mich lange Zeit darauf vorbereitet, die Erdsee von der Herrschaft des Feuers zu befreien.", ich hob meinen Kopf den aufkommenden Sturmwolken entgegen und atmete tief ein. Erinnerungen überwältigten mich, in denen ich die letzten Jahre lesend in den alten Büchereien saß, kämpfend mit meinen Druiden, regierend auf dem Thron und einem vertrauten Moment mit Sekhandir verbrachte. "Jede einzelne meiner folgenden Taten wird auch dazu beitragen." , beendete ich meine Antwort.

Ancara erwiderte nichts, doch strahlte sie eine seltsame Unzufriedenheit aus. Ich fuhr herum und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Reling. Mein Blick war nun auf meine Mannschaft gerichtet, die sich Größtenteils an Deck befand. Nur Akyo vertrieb sich seine Zeit in der Bilge, dem untersten Raum im Rumpf des Schiffes.
Yami erklärte Nia gerade etwas über die Führung eines Schwertes, wobei Kygo sie ab und zu korrigierte. Kota sprach ein paar schwierige khaljisische Worte von Cêor nach und Ancaras Wolf, Eon, hatte sich ein paar Meter von den anderen entfernt zusammengerollt.
Obwohl seine Augen geschlossen waren zuckten seine Ohren wachsam hin und her.

Von der einen Sekunde zur Anderen schwebten ein paar Schneeflocken vor meinen Augen vorbei. Ich legte den Kopf in den Nacken und bemerkte nun, wie sie zu tausenden durch die Lüfte tanzten.

"Wunderschön ... ", kommentierte ich das Geschehen und drehte mich um mich selbst. Es schien so, als würden sie zu jeder Sekunde zahlreicher werden.

Langsam schloss ich die Augen und fühlte vorerst nur die Schneeflocken auf meiner Haut zerfließen. Doch es folgte ein heftiger Windstoß, der meine Füße beinahe von Deck riss.
Ich schlug alarmiert die Augen wieder auf, und beim Anblick des Schiffes drehte sich mir der Magen um.