Elizabeth und ich befanden uns in der Kajüte des Captains.
Zwei Zofen brachten uns neue Kleidung. Feinste Chinesische Seide, meinte eine zu uns. Sie halfen uns die Klamotten anzuziehen und ignorierten unsere Proteste, dass wir dies auch alleine hinbekommen würden. Sie bestanden darauf uns einzukleiden. Ich wusste nicht wieso. Unsere Waffen nahmen sie uns auch ab und legten sie in eine Truhe.
Im Hintergrund hörten wir Sao Feng, wie er in seiner Muttersprache mit seinen Männern sprach.Wir bedankten uns bei den beiden, als Sao Feng den Raum betrat. Er sagte etwas, zu den Zofen, aber leider verstand ich ihn nicht, da ich seine Sprache nicht sprechen konnte.
Er klatschte kurz in die Hände, worauf sich die zwei Zofen verbeugten und den Raum verließen."Morgen um diese Zeit, werden wir die Schiffbruch-Bay erreicht haben." fing er an. "Und dann werdet Ihr frei sein, Calypso." Er sah zwischen uns hin und her.
"Wie bitte?", wunderte sich Elizabeth. Echt jetzt? Meine Mundwinkel zuckten zu einem breiten Lächeln kurz nach oben, bevor ich es unterdrückte."Kein Name, der Euch gefällt, wie ich mir denke, von den vielen den Ihr tragt. Aber so haben wir Euch von je her genannt." Scheinbar dachte er einer von uns war die Meeresgöttin Calypso. Deshalb wollte er uns auch so unbedingt auf seinem Schiff haben.
Er war schon nah dran, aber auch dennoch komplett daneben.
"Das ist ein Missverständnis. Ich bin nicht... Sie--" fing Elizabeth an zu erklären, aber stoppte mitten drin. Mit einen kurzen Blick zu ihr, wusste ich direkt, was sie vorhatte. Sie wollte ihm nicht verraten, wer ich in Wirklichkeit war. Wenn er davon überzeugt ist, dass ich meine Mutter (also die Göttin Calypso) bin, dann könnte uns das einen wichtigen Vorteil verschaffen.
Er drehte sich zu mir und kam langsam näher. Dabei grinste er dreckig.
"Sie sprachen von einem 'wir'. Wen meinen Sie? Den Hohen Rat der Bruderschaft?", hakte ich nach."Also gebt Ihr mir Recht?"
"Worin geb ich Euch Recht? Ihr habt meine Frage noch nicht beantwortet? Wisst Ihr nicht, dass es unhöflich ist, eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten?"
Er kam noch näher. Elizabeth wich etwas zurück. Ich blieb wo ich bin und hielt seinem Blick stand.
"Der Hohe Rat der Bruderschaft, nicht ich. Die Bruderschaft hat eine Entscheidung getroffen, die ich--" Er schlug gegen einen Holzpfahl hinter mir. "--abgelehnt hätte." Er lief um den Pfahl und mich drum herum. "Sie haben Euch an einen Körper gebunden, damit die Herrschaft über die Meere der Menschen gebührt und nicht--"
"Mir." beendete ich den Satz. Ich muss sagen, dass ich anfing dieses kleine Spiel zu genießen. Elizabeth lächelte mir leicht amüsiert zu. Ich meine, so weit entfernt von der Wahrheit war's nicht, aber trotzdem auch nicht richtig.
"Aber jemand wie Ihr, sollte nie etwas geringeres sein, als ihm zusteht." Er stand nun wieder vor mir."Beeindruckende Ansprache für ein Entführer, aber Worte, die man in einen Käfig wirft, sind nicht sehr anmutig." sprach Elizabeth und stellte sich wieder neben mich.
"Sie hat nicht Unrecht. Sie halten hier eine große Rede und doch haben sie uns entführt." Wir hatten ihn in der Hand. Er würde es ja niemals wagen uns anzugreifen, nicht bei seiner Überzeugung, dass ich eine mächtige Göttin bin."Wollt Ihr mir meine Bemühungen etwa übel nehmen? Jeder Mann liebt die See, was für Gefahren das auch mit sich bringt."
"Und manch einer versucht dadurch seine Verbrechen, die er begangen hat, zu rechtfertigen." erwiderte Elizabeth ernst.
"Ich biete euch meine Liebe und Sehnsucht." verkündete Sao Feng.
"Und was erwartet Ihr?", wollte ich wissen.
"Wenn Ihr bereit wärt sie mir zu übertragen, würde ich Eure Gabe besitzen."
Ich musste mir inständig dass Lachen verkneifen. Diese Situation konnte nicht noch absurder werden.
"Und wenn Ihr meine Gabe nicht erhaltet?"
Auf einmal fing er an komisch zu zittern.
"Dann nehme ich..Eure Wut auf mich." Aus dem Nichts fiel er über mich her. Elizabeth schrie erschrocken auf. Ich konnte ihn dennoch abwehren und schubste ihn zurück. Von Elizabeth bekam er ebenfalls eine übergezogen.
Als Sao Feng wieder auf uns zu kam, wurde das Schiff von einer Kanonenkugel getroffen und riss ihn mit.Von draußen hörten wir Schreie und das Klirren der Säbel und Entermesser.
Langsam gingen wir auf Sao Feng zu. Er saß auf dem Boden, und ein großes Holzstück ragte durch seinen Bauch.
"Sao Feng?", fragte Elizabeth vorsichtig.
"Hier, bitte..." antwortete er schwach, und signalisierte uns, dass wir näher kommen sollten.Ich hockte mich zu ihm runter. Er riss sich eine Kette vom Hals und hielt sie mir hin. Es war ein Kapitänsknoten, eine kunstvoll geflochtene Affenfaust, in den ein Stück Jade eingeknotet war. "Besitzt Ihr.. alle Neun-Acht-Reales-Münzen werdet Ihr frei sein... Greift zu!" Ich nahm sie ihm ab. "Ihr seid jetzt Captain." Danach griff er mich plötzlich und zog mich zu sich. "Fahrt an meiner Stelle..zur Schiffbruch-Bay.." Hinter uns kam ein Crew Mitglied stürmisch reingerannt. Als ich mich zu ihm drehen wollte, wurde ich noch näher an Feng herangezogen. ".. Vergib mir.. Calypso."
Nachdem er mir das ins Ohr flüsterte, wurde sein Griff schwächer und als ich ihn wieder in die Augen sah, starrten sie nur noch leblos ins Nichts. Er war tot. Ich stand wieder auf. Elizabeth war genauso geschockt wie ich.
"Was hat er Euch gesagt?" Ich sah zu Tai Huang, welcher uns beide nur bestürzt anschaute.
"Er hat mich zum Captain ernannt." sagte ich erschüttert zu ihm. Ich konnte es auch nicht wirklich glauben.
Daraufhin wurde er wütend und lief hinaus.
Elizabeth folgte ihm. Ich war gerade dabei, also ich meinen Hut auf den Boden liegen sah. Wie nett das Sao Feng unsere alten Klamotten, dort liegen gelassen hat. Schnell griff ich ihn und setzt ihn wieder auf.Dann folgte ich den anderen beiden. An Deck herrschte Chaos. Vor mir konnte ich Tai Huang und Elizabeth sehen, wie sie jeweils von Männern der East India Trading Company gepackt und bedroht wurden.
Da ich gerade keine Waffe hatte, musste ich anders vorgehen. Ich schlug einem mit aller Kraft in den Rücken. Er ließ Elizabeth los und fiel, nach Luft röchelnd, auf den Boden, wo er anschließend auch liegen blieb.
"Ihr seid nicht mein Captain!", deklarierte Tai Huang wütend zu mir. Ein Soldat hatte einen Arm um Huangs Hals und hielt ihn weiterhin fest. Bevor ich irgendwas erwidern konnte, tauchte ein alter Bekannter auf.
"Elizabeth?", ertönte Norrington's Stimme.
"James!" Elizabeth ging direkt auf ihn zu.
"Manche Nervensägen wird man nicht los." murmelte ich und folgte ihr, konnte mir jedoch nicht verkneifen, genervt mit meinen Augen zu rollen.Norrington umarmte sie.
"Gott sei Dank, du lebst. Dein Vater wird überglücklich sein, dich in Sicherheit zu wissen."
"Der Gouverneur ist tot, Norrington." erklärte ich, als ich bei ihnen ankam.
"Das ist unmöglich. Er ist nach England zurückgekehrt." Seiner Reaktion nach, schien er wirklich nicht zu wissen, dass Elizabeth's Vater tot war. Ich war ein wenig verwundert, dass er davon nichts wusste, aber dachte nicht weiter darüber nach. Beckett war nun mal ein übler Mann und wir hatten momentan wichtigere Dinge zu klären."Hat Cutler Beckett Euch das erzählt?", fragte Elizabeth. Er war verwirrt.
"Wundert mich nicht." murmelte ich.
"Wer von euch ist der Captain dieses Schiffs." Diese Stimme würde ich überall wieder erkennen. Mein Vater stand nur wenige Meter entfernt.
"Sie...sie..." erwiderte Tai Huang ängstlich. Er und der Rest der Crew zeigten auf mich. Na klar, auf einmal war ich doch der Captain. Wie schnell manche ihre Meinung doch ändern konnten."Du?" Mein Vater ging auf mich zu und lachte anschließend. "Also dann, Captain--"
"Schleppt das Schiff. Bringt die Gefangenen unter Deck." befahl Norrington. "Der Captain und --"
"Erster Maat." warf ich grinsend ein. Elizabeth lächelte auch.
"Der Captain und der Erste Maat beziehen mein Quartier." beendete er seinen Befehl. Was?
"Danke sehr, Sir, aber der Captain und ich bleiben lieber bei unserer Crew."
"Absolut." stimmte ich zu. Wir waren dabei zu gehen, als Norrington Elizabeth am Arm festhielt.
"Elizabeth, ich schwöre.. ich hatte keine Ahnung."
"Keine Ahnung, welche Seite ihr gewählt habt?"
Elizabeth ging ein paar Schritte zu der Crew der Empress. "Nun, dann wisst Ihr es jetzt."