Amelia war immer noch ganz schlecht von ihrer Begegnung mit Karen. Was sollte sie von ihr halten? Karen schien nicht mehr abweisend ihr gegenüber, als würde auch sie sich in Amy wiedererkennen. Bildete sie sich das Alles nur ein? Anstatt zur Ruhe zu kommen verwirrte sie ihr Internatsaufenthalt mehr als wenn sie zu Hause in ihrer bekannten Einsamkeit geblieben wäre und davon träumen würde, die Erde zu bereisen und die Menschen mit beeindruckenden Fotografien der Natur zu verzaubern. Und nun gab es bereits 3 Menschen die sich für sie interessierten. Naja, zwei bei denen sie es mit Sicherheit wusste und bei Karen würde sie es auch noch herausfinden. Sie musste ihr einfach näher kommen, egal wie unrealistisch es war. Egal wie viele Gründe dagegen sprachen. Sie fühlte einfach, dass es richtig war, dass sie Karen brauchte, um weitergehen zu können. Wenn sie schnell genug fuhr, konnte sie es noch in den Supermarkt schaffen um den Film abzugeben. Sie hatte dort bei ihrem letzten Ausflug eine kleine Fotoecke gesehen in der man Filme entwickeln lassen konnte. Sie hatte immer lernen wollen, wie man Fotos allein entwickelt, wollte sich eine Dunkelkammer einrichten, um ganz ungestört sein zu können mit ihren Bildern, sie mit niemandem teilen zu müssen. Sie nahm sich vor nicht mehr zu lange mit dem lernen zu warten. Als sie den Supermarkt erreichte war dieser zum Glück noch für ein paar Minuten geöffnet. Den Blick nicht für ihre Umgebung bestimmt, steuerte sie auf die Fotoecke zu und füllte schnell das Adressfeld auf der Tasche aus in die man die Filme legte. Ihre Hand zitterte, vor Freude oder wegen dem Adrenalin das immer noch fröhlich durch ihren Körper tobte. „Sehr geehrte Kunden, wir schließen in wenigen Minuten" ertönte die Durchsage über Amelias Kopf. Schnell warf sie den Film in den dafür vorgesehenen Schlitz und verstaute den Abriss in ihrer Jacke.
„Hallo Amelia, schön Dich zu sehen."
Tara kam mit einem vollgepackten Einkaufswagen lächelnd auf sie zu.
„Hi", antwortete Amy, freute sich, sie hier zu treffen, „ich wusste gar nicht, dass Du hier wohnst."
„Ja, ich habe ein kleines Haus gemietet, etwas abseits vom Ort um näher an der Schule zu sein." Amy lächelte und bewunderte die Schönheit ihrer Lehrerin, die völlig entspannt schien. Es verwunderte sie immer wieder, wie anders Tara war wenn sie allein waren. Im Unterricht war sie unnahbar und gab nichts von ihrer liebenswerten Persönlichkeit preis. Sie stellte hohe Anforderungen an ihre Schülerinnen und hielt sich nicht mit Kritik zurück, die Amy zum Glück noch nicht ertragen musste. Doch waren sie allein, strahlte sie eine Wärme aus, so dass Amelia sich in ihrer Nähe wohl fühlte, sich fallen lassen konnte und die sie dazu veranlasste ihr zu vertrauen. Seit sie das Gedicht im Unterricht geschrieben hatte griff sie oft zu einem Blatt Papier und Stift um ihre Gedanken und Gefühle in ein paar Zeilen zu packen und einige gute Sachen waren dabei die sie Tara zeigte und sich an ihrem Lob erfreute sowie an den Gesprächen die daraus entstanden.
„Hast Du vielleicht Lust mir heute Abend Gesellschaft zu leisten? Wir könnten kochen?!" Fragend schaute sie Amelia an.
„Gerne. Ich kann zwar nicht kochen, aber Salat schnippeln sollte ich hinbekommen." Sie wollte sich keine Gedanken um Grenzen machen oder darum, ob sie sie gerade überschritt in dem sie das Angebot eines gemeinsamen Abendessens mit ihrer Lehrerin annahm. Sie wollte einen entspannten Abend verbringen und all ihre Gedanken zurücklassen, vielleicht für einen Moment Karen vergessen.
Nachdem Tara bezahlt hatte, Amys Fahrrad mal wieder in den Kofferraum verfrachtete, machten sie sich auf in einen gemütlichen Abend. Sie mussten sich beeilen, denn dunkle Wolken erschienen am Horizont um das bereits in den Nachrichten erwähnte schwere Gewitter anzukündigen.
Tara freute sich darauf, endlich mal etwas mehr Zeit mit Amy verbringen zu können. Oft hatten sie nur die Pausen für sich allein oder Amelia blieb nach dem Unterricht etwas länger und sie tauschten sich aus. In den letzten Tagen hatte sie sich etwas Sorgen um sie gemacht. Sie wirkte abwesend, nicht konzentriert, bis Amy ihr mitteilte, dass sie im Moment einfach keine Inspiration besaß um zu malen oder sich aufraffen könne Bilder zu schießen und dass es ihr fehle. Ihre Gedichte spiegelten die dunkle Stimmung wieder, doch im letzten Satz wurde immer die Hoffnung sichtbar, der Abschluss eines Gedichtes von Amy war immer etwas Positives, egal, wie düster die Zeilen zuvor gewesen waren.
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Der Weg ins Leben
Teen FictionAls junges Mädchen seinen Weg im Leben zu finden ist nicht einfach, es braucht Menschen, die einem zur Seite stehen und begleiten. Am meisten jedoch hat oft die erste Liebe den größten Einfluss...