16. Kapitel

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„Hier bist Du also groß geworden?"

Erstaunt sah Karen sich in dem riesigen Wohnzimmer um. Amy war durch die Terrassentür verschwunden. Karen konnte sie in dem dunklen Garten nicht ausmachen. Oh wie sie den Winter hasste! Es war gerade vier Uhr am Nachmittag und schon versank alles in Dunkelheit. Die Poolbeleuchtung ging an, Karen sah wie das Wasser dampfte und herrlich einladend blau erstrahlte. Amy kam zurück in ihr Blickfeld, lächelte sie wissend an und begann, sich auszuziehen. Karen trat hinaus, einerseits fasziniert, andererseits besorgt wegen der bitterlichen Kälte hier draußen.

„Amy! Bist Du verrückt? Du holst Dir noch den Tod!"

Verführerisch blickte Amy zu ihr, sprang nackt kopfüber in den Pool. Als sie wieder auftauchte sah sie Karen fragend an.

„Was ist? Kommst Du endlich?!"

Lachend streifte Karen ihre Sachen ab und betrat zitternd den Poolrand.

„Er ist beheizt Karen!"

Erleichtert sprang Karen ins angenehm warme Nass und genoss die Schwimmzüge durch das große Becken, das spüren ihres lebendigen Körpers, das klopfen ihres Herzens. Sie tauchte auf und suchte mal wieder nach Amy. Sie war nirgends zu entdecken, die Wasseroberfläche lag still in der Kälte. Bis hinter ihr Amy aus der Tiefe hochgeschossen kam und sie aus ihren gierigen Augen anblickte.

„Du darfst mich nicht immer so erschrecken."

Amy kam näher, Karen konnte es kaum erwarten und wurde schnell erlöst als Amys Lippen sich auf ihre legten. Wie sehr Amy sie aus der Fassung bringen konnte, wie viel sie spüren konnte, wenn Amys Hände sie berührten. In diesen Augenblicken schien es, als würde Karen außerhalb ihrer trauernden Seele schweben, als hätten die letzten Jahre nie existiert. Sie liebten sich im Pool und später in Amys Zimmer.

„Wann wirst Du aufs Internat zurückkehren?" Fragte Karen, als sie erschöpft auf Amys Bett lagen.

„Ich komm mit Dir zurück. Vielleicht kann ich noch ein paar freie Tage rausschlagen und bei Dir bleiben?"

„Du kannst bleiben, so lange Du willst" sagte Karen glücklich.

Amy fuhr mit Karen zurück. Sie hatte vor der Haustür gewartet als Amys Eltern zurückkamen und Amy sie bereits mit gepackten Koffern begrüßte.

„Du willst schon zurück?" Fragte ihre Mutter erstaunt.

„Ich habe Frau Ecker gesagt, Du wirst erst nächste Woche wieder am Unterricht teilnehmen" sagte ihr Vater und blickte sie fragend an.

Sie hielt seinem Blick stand und versuchte ihm zu signalisieren, nicht weiter nachzufragen. Er lächelte und verstand. Bei aller Traurigkeit, so schien Amy doch auch glücklich. Irgendjemand machte sie glücklich und sie wollte Zeit mit ihm verbringen. Er verstand nur zu gut und würde sich dem nicht in den Weg stellen.

„Nun, " schloss Elisabeth" dann werde ich Frau Ecker mal anrufen und ihr Bescheid geben."

„Mach Dir keine Umstände Schatz, ich werde das erledigen."

Michael zwinkerte seiner Tochter zu und wandte sich bereits mit dem Handy am Ohr seinem Arbeitszimmer zu. Dort angekommen legte er es beiseite, ohne eine Nummer gewählt zu haben. Er beobachte, wie Amy lächelnd das Haus verließ. Es war das erste Mal, dass kein betrübter Blick sie begleitete. Sollte sie sich die Tage gönnen und glücklich sein, das Leben bietet noch so viele Wendungen und damit verbundene Traurigkeit, dachte er.

Die Tage bei Karen vergingen wie im Flug. Sie verließen das Haus nicht, kochten sich aus den vorhandenen Lebensmitteln merkwürdige Menüs, die sie meist eh nicht aßen, weil der Hunger nacheinander zu groß war. Manchmal, da saßen sie jedoch einfach nur da, redeten über ihr Leben, bevor sie einander kannten. Nur über die Zukunft sprachen sie nie. Amy wollte sie nicht verlassen, nicht, wo sie so glücklich war, endlich sein durfte und geliebt wurde. Und dann gab es Augenblicke, in denen sie schwiegen, einander einfach nur ansahen und jeder für sich träumte. Karen hielt aber meistens nie lange durch Amy einfach nur anzuschauen und fing an, sie langsam zu verführen, was Amy nur zu gern geschehen ließ.

All die Jahre habe ich gewartet,

ließ mich verzehren von der Sehnsucht.

Die Zeit,

sie wollte nicht vergehen.

Nichts änderte sich

während ich da saß in meiner Einsamkeit,

wartete,

die Wände immer näher rückten,

mich einschlossen.

Endlich habe ich Dich gefunden,

zu schnell ticken die Zeiger der Zeit,

während ich versuche

meiner Liebe Ausdruck zu verleihen.

Niemals enden sollen die Stunden in Deinen Armen-

werden immer ein Teil von mir sein,

mich begleiten.

Immer zurückkehren werde ich in meinen Träumen,

zu den Tagen des zufriedenen Glücks!

An dem Abend, bevor Amy wieder aufs Internat musste lagen sie nackt zwischen vielen Kissen vor dem Kamin und genossen die Wärme des Feuers. Mit einem Waschlappen wischte Karen Amy die letzten Farbreste vom Körper. Eine Gänsehaut überzog Amy, ließ ihre Brustwarzen verführerisch steif werden. Karen liebkoste sie, wollte diesen Moment in die Länge ziehen. Am Nachmittag hatten sie sich mit Farbe bemalt. Der Pinsel kitzelte über ihre Körper, ließ sie beide glücklich lachen. Wie leicht das Leben in den letzten Tagen gewesen war. Nichts und niemand hatte sie gestört, keine Dämonen ließen sich blicken. Die letzten Tage waren geprägt vom Glück und der Lust aufeinander. Amy genoss Karens Berührungen. Ihr graute es vor dem Morgen, doch sie musste zurück. Ohne Schulabschluss wollte sie ihr Leben nicht beginnen, das war ihr klar geworden. Karen legte sich neben sie, streichelte ihre Brust, ihren Bauch.

„Wie geht es jetzt weiter?" Fragte sie Amy.

Sie blickte Karen an. Sie wollte sie nicht verlassen. Immer schöner ist Karen geworden in den letzten Tagen. Hatte Amy es geschafft, die Dämonen zu vertreiben? Neben ihr lag nicht dieselbe Frau, die sie damals an ihrem ersten Tag beobachtet hatte. Karen sprühte jetzt vor Energie und Lebenslust, Selbstbewusst lenkte sie Amy im Bett in die richtige Richtung, wusste was sie wollte und wusste genau, wo sie Amy berühren musste, damit diese in Leidenschaft versank. Amy zuckte die Schultern.

„Keine Ahnung. Ich schätze ich werde wohl öfters Ärger wegen unerlaubten Fernbleibens bekommen."

Karen lächelte.

„Na, da werden wir uns eine andere Lösung einfallen lassen."

Amy grinste, machte sich über Karens Worte keine weiteren Gedanken. Sie beschäftigte die bevorstehende Trennung, die Rückkehr in ihr altes Leben. Sie wollte ihre Maske nicht aufsetzen, zu schwer erschien sie ihr jetzt.

Nicht mehr verstecken will ich mich,

benötige keine Maske,

um mich zu schützen.

Gestärkt kehre ich zurück,

keine Angst durchdringt mein Herz.

Meine Liebe

wird mich durch den Tag führen,

ich werde es ertragen.

Nur wenige Monate

lasse ich mich noch festhalten,

bevor ich befreit in Deinen Armen erwachen werde!

Der Weg ins LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt